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Männer sich gut verstehen und er sich deswegen jedes Mal freut, wenn sie sich sehen. Alleine deswegen werde ich schon versuchen, mich zusammenzureißen.

       Noch in der gleichen Sekunde dreht Myles sich zu mir um. Er sieht mich abschätzend von oben bis unten an. Genau so, wie er es schon immer getan hat. Deswegen wundert es mich nun auch nicht und zieht mich auch nicht aus meinem inneren Gleichgewicht. Mich hätte es eher gewundert, wenn dem nicht so gewesen wäre.

       „Ich bin aufgehalten worden“, gebe ich zurück und lege meine Tasche auf einen freien Stuhl.

       Auch wenn es irgendwie stimmt, so ist es nur die halbe Wahrheit, da die Unterhaltung mit Jackson, wenn überhaupt, nur zwei Minuten gedauert hat. Die andere Hälfte sieht so aus, dass ich eigentlich auch keine Lust hatte, mich zu beeilen.

       „Jetzt bist du ja da“, stellt er zufrieden fest.

       „Ich dachte schon, dass ich auf meine liebste Gesprächspartnerin verzichten muss“, verkündet Myles, kommt auf mich zu und umarmt mich kurz.

       „Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen.“

       Ich grinse ihn kurz an und schaffe es dabei, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich ihm gegenüber immer vorsichtig bin. Mit großen Schritten gehe ich an ihm vorbei und nehme die Bierflasche entgegen, die mein Vater mir reicht. Dankbar sehe ich ihn an.

       „Harten Tag auf der Arbeit gehabt?“, erkundigt er sich.

       „So kann man es auch ausdrücken.“

       In diesem Moment frage ich mich, ob er nicht doch mehr mitbekommen hat. Wundern würde es mich nicht. Er ist schließlich ein super Polizist. Und die bekommen für gewöhnlich mehr mit, als man denkt. Aber damit kann ich mich später auch noch beschäftigen.

       „Das Essen ist sofort fertig. Harley, du könntest schon die Soße auf den Tisch stellen“, meldet sich Monica zu Wort und lotst mich so zur Arbeitsplatte und von den Männern weg.

       Einige Sekunden später drückt sie mir ein Kännchen in die Hand, in das sie die duftende Soße gefüllt hat. In dem Moment, in dem ich mich umdrehen will, höre ich, dass jemand hinter mich tritt. Allerdings befinde ich mich mitten in der Bewegung und kann sie nicht mehr stoppen. Ich versuche das unausweichliche noch zu verhindern, indem ich mich ein Stück zur Seite bewege. Allerdings ist es dafür bereits zu spät. Im nächsten Augenblick merke ich, wie ich gegen etwas stoße und sehe mit weit aufgerissenen Augen, wie sich die Soße entleert.

       „Verdammt“, flucht Myles und reißt die Arme hoch.

       Erst jetzt wird mir wirklich bewusst, was gerade passiert ist. Ich habe Myles den Inhalt der Schüssel über sein Hemd gekippt, was nebenbei erwähnt bestimmt nicht günstig war.

      Mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen starre ich ihn an und ziehe scharf die Luft ein, während ich nach den passenden Worten suche.

       „Wie ich sehe, trittst du immer noch in jedes Fettnäpfchen, was deine Füße finden können“, stellt er nüchtern fest, bevor ich einen Ton von mir geben kann. In seine Augen kann ich allerdings ein belustigtes Funkeln erkennen und ein kleines Grinsen erscheint auf seinen Lippen.

       „So unschuldig bist du aber auch nicht daran“, gebe ich zurück und kneife meine Augen ein Stück zusammen. Ich nehme automatisch eine Abwehrhaltung ein, da ich nicht weiß, wie ich mich sonst verhalten soll.

       Auf diese Weise will ich ihm klarmachen, dass es mir egal ist, dass mein Dad und Monica nur wenige Meter entfernt stehen. Wenn er es darauf anlegt, sage ich ihm ohne Probleme die Meinung.

       Ich warte darauf, dass er noch etwas zu diesem Thema von sich gibt. Und ich sehe ihm an, dass ihm bereits ein paar Worte auf der Zunge liegen, die er sich nur schwer verkneifen kann. Allerdings behält er diese für sich. Stattdessen lacht er und macht einen Schritt nach hinten.

       „Wir belassen es dabei, dass wir beide unseren Teil dazu beigetragen haben“, stellt er fest und hebt beschwichtigend seine Hände.

       Ich hingegen verziehe nicht das Gesicht und zeige so, dass ich ihm nicht vertraue. Ich habe aber auch keinen Grund, wieso ich das sollte oder könnte.

       „Bin gleich wieder da. Ich werde mir schnell ein sauberes Hemd anziehen“, verkündet er an seine Tante gewandt.

       „Weiche es am besten direkt in warmen Wasser im Badezimmer ein, damit die Flecken nicht eintrocknen. Ich hole es nachher runter und wasche es dann“, weist meine Stiefmutter ihn an.

       „Mache ich.“

       Ein letztes Mal grinst er mich an, bevor er sich umdreht und nach oben verschwindet.

       Es ist so lange ruhig im Raum, bis die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen ist. Erst dann höre ich, wie Monica den Wasserhahn aufdreht.

       „Sorry“, murmle ich an sie gewandt.

       „Mache dir deswegen keine Sorgen. Das kann passieren. Es ist nichts, was man nicht schnell wieder beheben kann“, winkt sie ab und bereitet eine neue Soße zu.

       Kaum hat sie mir den Rücken zugedreht, breitet sich ein zaghaftes Grinsen auf meinen Lippen aus, was ich nicht für mich behalten kann. Auch wenn ich es nicht mit Absicht gemacht habe, bin ich dennoch der Meinung, dass er es verdient hat.

       Als er wieder in die Küche gekommen ist, trägt er ein frisches Hemd und setzt sich erneut neben meinen Vater. Dies kann er aber nicht machen, ohne mir einen blick zuzuwerfen, der dafür sorgt, dass ich genervt die Augen verdrehe. Während des Essens berichtet er von den Geschäften, die er in der letzten Zeit abgeschlossen hat. Ich gebe zu, dass es mich nicht wirklich interessiert. Deswegen höre ich nur mit einem halben Ohr hin.

       „Du bist so still gewesen“, wendet Monica sich an mich, nachdem sie aufgegessen hat. „Was hast du heute noch so geplant?“

       „Ich treffe mich mit ein paar Freundinnen, Mädelsabend“, antworte ich ihr. Das letzte Wort füge ich schnell hinzu, um sicherzugehen, dass sie nicht vorschlägt, Myles könnte mich begleiten.

       „Und ich muss nachher zur Arbeit“, fügt mein Vater noch hinzu. „Aber wir sehen uns ja morgen.“

       „Stimmt es eigentlich, dass nachts mehr passiert als tagsüber?“, fragt Myles.

       „Ich würde nicht sagen, dass nachts mehr passiert, auch nicht unbedingt andere Dinge. Wir sind zwar keine Großstadt, wenn wir uns mit Miami zum Beispiel vergleichen. Aber auch hier passieren Verbrechen, um die wir uns kümmern müssen. Nicht umsonst haben wir hier einige Kopfgeldjäger, die uns unterstützen. Außerdem kommt noch dazu, dass die Flüchtigen sich in den letzten Jahren immer wieder diese Stadt als ihr Ziel ausgesucht haben.“

       Bei seinem letzten Wort zucke ich merklich zusammen. Gleichzeitig muss ich wieder an Zane und unsere erste Begegnung denken. Und natürlich auch an alles, was danach passiert ist. Jetzt ist sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt, um ihm davon zu berichten.

       „Dann drücke ich dir mal die Daumen, dass es heute Nacht auch ruhig werden wird.“

       „Ich bin mir sicher, dass wir keine großen Probleme bekommen werden.“

       Mit diesen Worten steht mein Vater auf und verlässt die Küche, um sich seine Uniform anzuziehen. Auch ich stehe auf und verabschiede mich von Myles.

       „Ich bin mir sicher, dass wir uns in den nächsten Tagen öfter sehen werden. Schließlich werde ich hier wohnen, solange ich in der Stadt bin.“

       Überrascht schaue ich zu meiner Stiefmutter. Als sie mir heute Morgen gesagt hat, dass er kommen wird, hat sie kein Wort darüber verloren, dass er hier übernachten wird. Um fair zu sein, muss ich aber auch gestehen, dass ich mich nicht danach erkundigt habe.

       „Ich muss jetzt auch los, sonst komme ich noch zu spät“, murmle ich und verschwinde, bevor noch jemand etwas sagen kann.

       Draußen bleibe ich erstmal stehen und hole tief Luft. Jedes Mal, wenn mein Cousin sich nicht mehr in meiner Nähe befindet, kommt es mir so vor, als hätte man mir eine riesige Last von den Schultern

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