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       Als sie endlich fertig ist, kann ich nicht für mich behalten, dass ich nervös bin, was sie von dem Ergebnis hält. Meistens ist es nämlich so, dass die Kunden ihre ganz eigene Vorstellung haben, wie es aussieht, sobald es fertig ist. Doch ich brauche nur einen Blick in ihr Gesicht zu werfen um zu wissen, dass ich mir umsonst Sorgen gemacht habe.

       Ein wenig erinnert sie mich an ein kleines Kind an Weihnachten, als sie ihren Kopf von einer Seite zur anderen dreht und sich ausgiebig betrachtet.

       „Das ist fantastisch und endlich mal etwas anderes“, jubelt sie und klatscht begeistert in die Hände. Als nächstes umarmt sie mich fest.

       „Es freut mich, dass es dir gefällt.“

       „Du bist eine wahre Künstlerin. Ich werde dich all meinen Freundinnen empfehlen. Du wirst eine Menge zu tun bekommen.“

       „Meine Oma hat immer gesagt, man ist nur in den Dingen gut, die man gerne macht. Was soll ich sagen? Ich habe meinem Vater schon als kleines Kind gerne die Haare geschnitten.“

       Dass das nicht immer gut war, behalte ich lieber für mich. Er ist jetzt nämlich wahrscheinlich die einzige Person, die sich nicht mehr von mir die Haare machen lässt.

       „Ein wahres Wort.“

       Gemeinsam gehen wir zur Kasse, wo sie sich noch ein paar Pflegeprodukte aussucht und ich alles abkassiere.

       „Ich bin mir sicher, dass wir uns schon bald wiedersehen werden“, verabschiedet sie sich von mir und verlässt den Laden.

       Einige Sekunden bleibe ich noch stehen und schaue ihr nach, bis sie zwischen den parkenden Autos am Straßenrand verschwunden ist.

       Eine sehr interessante Frau, denke ich.

       Seufzend drehe ich mich um und gehe zur nächsten Kundin, die bereits auf mich wartet.

       Als ich um fünf Uhr den Laden verlasse, bin ich müde und hungrig. Ich habe den Tag durchgearbeitet, sodass ich nicht dazu gekommen bin, mir etwas Essbares zu besorgen.

       Nachdem ich den Laden verlassen habe, biege ich nach rechts und mache mich auf direkten Weg nach Hause. Doch bereits in der nächsten Sekunde bereue ich es, dass ich nicht in die andere Richtung gegangen bin, auch wenn es einen kleinen Umweg bedeutet hätte.

       „Harley“, höre ich Jackson laut meinen Namen rufen. Er breitet seine Arme aus und grinst von einem Ohr bis zum anderen.

       Für den Bruchteil einer Sekunde schießt mir der Gedanke durch den Kopf einfach umzudrehen und doch den anderen Weg zu nehmen, aber ich bin chaotisch, nicht kindisch. Hätte ich ihn als erstes gesehen, hätte ich genau das machen können, aber so hat er mich bereits bemerkt.

       „Hi, wie geht es dir?“, erkundige ich mich, verdrehe die Augen und gehe an ihm vorbei, ohne ihn weiter zu beachten.

       Jackson ist mein Ex-Freund. Die Beziehung ist schon seit drei Jahren vorbei und hat nicht funktioniert, da er von Treue nicht sehr viel gehalten hat, während ich in Deutschland war. Es ist herausgekommen, weil seine heimlichen Affären mir irgendwann Nachrichten geschrieben haben, die weniger schön waren. Noch am Telefon habe ich mich von ihm getrennt, nachdem er es geleugnet hat. Bei einer oder zwei Frauen hätte ich es ihm unter Umständen ja noch geglaubt. Aber bei acht war es dann vorbei.

       Mir war von Anfang an klar, dass ich ihm nicht ewig aus dem Weg gehen kann, wenn ich erst hier bin. Und eigentlich war mir das auch immer egal. Dennoch muss ich zugeben, dass ich gerade nicht in der Verfassung bin, mich mit ihm zu unterhalten. In Gedanken bin ich nämlich bereits bei dem gemeinsamen Abendessen mit Myles.

       „Ich wusste gar nicht, dass du in der Stadt bist“, verkündet er und geht einige Schritte neben mir her.

       „Wenn das so ist, wirst du auch sicherlich nicht wissen, dass ich nun hier lebe“, erkläre ich und drehe dabei meinen Kopf in seine Richtung.

       In der nächsten Sekunde greift er jedoch nach meinem Arm und zieht mich so ruckartig zur Seite, dass ich gegen ihn stolpere.

       „Wie ich sehe, bist du noch immer ein kleiner Tollpatsch.“

       „Hättest du mich nicht wie ein Wahnsinniger zur Seite gezogen, wäre ich auch nicht gegen dich gestolpert“, erinnere ich ihn.

       „Du wärst beinahe in einen Hundehaufen gelaufen“, erklärt er und zeigt in die entsprechende Richtung. Ich folge seinem Blick und stelle fest, dass er die Wahrheit gesagt hat.

       „Danke“, gebe ich zurück, löse mich jedoch sofort wieder von ihm.

       „Du wohnst jetzt also hier? Seit wann denn?“

       „Erst seit ein paar Wochen. Noch unter dem Dach meiner Eltern, allerdings suche ich mir gerade eine eigene Wohnung“, antworte ich ihm.

       „Das ist ja wunderbar. Dann können wir uns ja demnächst mal treffen.“

       Ein breites Grinsen erscheint auf seinem Gesicht. Ich hingegen bin nicht so sehr von der Vorstellung begeistert, mich mit einem Ex-Freund zu treffen. Unter anderem auch deswegen, weil ich ihm keine falschen Hoffnungen machen will. In den letzten Jahren hat er nämlich noch ein paar Versuche gestartet, um mir zu beweisen, dass er sich gebessert hat. Allerdings halte ich nichts davon, mich erneut mit einem Mann einzulassen, mit dem es schon beim ersten Mal nicht geklappt hat.

       „Irgendwann vielleicht“, gebe ich dennoch vor mir, da ich gerade keine Nerven dafür habe, mit ihm darüber zu diskutieren.

       Ohne darauf zu warten, ob er noch etwas erwidern will, gehe ich an ihm vorbei und lasse ihn einfach stehen. Ich spüre seinen Blick in meinem Rücken, doch ich drehe mich nicht noch einmal zu ihm um. Es würde eh nichts an meiner Entscheidung ändern.

       Allerdings weiß ich, dass er sich in Zukunft öfter bei mir melden wird.

      3

       Ich muss zugeben, dass ich mir noch nie soviel Zeit gelassen habe, um nach der Arbeit nach Hause zu kommen. Ich betrachte sogar die Auslage an mehreren Fenstern, um sicherzugehen, dass mir nichts Interessantes entgeht. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich es nicht sonderlich eilig habe. Ich habe die Hoffnung, dass ich auf diese Weise das Gespräch mit Myles soweit es geht nach hinten schieben kann. Auch wenn ich weiß, dass ich dem nicht ewig aus dem Weg gehen kann. Schließlich ist er ja hier, um mich zu sehen. Allerdings wundert mich das doch ein wenig. Er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er mich nicht mag. Da müsste es ihm eigentlich egal sein.

       Als ich die Haustür öffne, schaue mich suchend um. Allerdings kann ich ihn im Wohnzimmer und im Essbereich nicht entdecken. Allerdings weiß ich, dass er hier ist, da sein Wagen in der Einfahrt steht.

       Ja, ich bin erleichtert darüber, dass ich nicht sofort mit ihm konfrontiert werde, sondern erstmal zu Hause ankommen kann. Ich würde lügen, wenn ich so tun würde, als wäre das nicht der Fall. Bereits auf der Arbeit habe ich mir sämtliche Möglichkeiten ausgemalt, wie dieser Abend ablaufen könnte.

       Und was soll ich sagen?

       Keine davon ist wirklich gut ausgegangen.

       Alleine von der Vorstellung der einzelnen Möglichkeiten habe ich Magenschmerzen bekommen.

       Kaum habe ich die Tür hinter mir geschlossen, dringen laute Stimmen an mein Ohr. Neugierig folge ich ihnen in die Küche, wo ich meine Eltern und Myles am Küchentisch sitzen sehe.

       Da sie so sehr in ihre Unterhaltung vertieft sind, dauert es einen Moment, bis sie auf mich aufmerksam werden. Doch dann strahlt mein Vater mich an. Wahrscheinlich aber auch nur, weil er die letzten Male nichts von dem kleinen Krieg mitbekommen hat, der geherrscht hat. Auch wenn ich sagen muss, dass das doch etwas übertrieben ist. Ich würde es eher als Meinungsverschiedenheiten betiteln.

       Ich habe ihm schließlich nur einmal die Meinung gesagt, als er nicht aufgehört hat, mir auf die Nerven zu gehen. Und danach hat er es mir bei jedem Treffen erneut auf die Nase gebunden und es fortgeführt.

      

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