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gesehen habe. Es ist, wie ich merke, kein altdeutscher, sondern ein altkluger Schäferhund. Er gibt mir Tipps, an welchen Stellen man am besten sein Geschäft erledigen könne. Nach einer kurzen Beschnupperungsphase sagt er mir, dass er ein Problem riechen würde. Ich erzähle ihm von meiner „Mission“. Er ist alles andere als ein Optimist. Er malt mir in den schillerndsten Farben aus, wie ich an dieser „Mission“ scheitern würde. Irgendwie ist mir Lucky lieber. Ich will schon gehen, als er anfängt, davon zu reden, dass etwas wie Romantik bei den Menschen eine überdimensionale Rolle spielen würde. Romantik, das Wort habe ich noch nie gehört, entgegne ich ihm. Endlich stellt sich der Schäferhund auch vor. Er heißt Muffin. Irgendwie ein irrer Name für einen so großen Hund, denke ich. Muffin merkt, dass ich innerlich am Grinsen bin und kläfft mich zur Warnung an. Ich bin sofort wieder ernst und hake nun nach, was Romantik sei. Muffin wechselt in einen feierlichen Ton. Romantik, das sei was ganz Besonderes unter den Restfellbesitzern. Romantik würde sie entspannen und erheitern. Meine Gehirnzellen beginnen zu grübeln. Ja, das wäre genau das Richtige. Jans Eltern brauchen definitiv Entspannung und Erheiterung. Nun bin ich neugierig. Ich frage Muffin, wie man dieses Romantikdings machen könne. Muffin kläfft vor Erstaunen. Er meint, wie das weißt du nicht? Wie lange wohnst du denn schon bei den Restfellbesitzern? Ich überlege und komme auf zwei Jahre. Ich erkläre ihm, dass bei Daniels Eltern es so ganz anders wäre. Die unterhalten sich, wohin sie demnächst in den Urlaub fahren und was sie Daniel zum Geburtstag oder zu Weihnachten schenken würden. Muffin ist misstrauisch. Er fragt, ob Daniels Eltern sich schon mal abschlecken würden. Tatsächlich, das habe ich schon öfters beobachtet. Siehste, Herr Langrock, das ist dieses Romantikdings und das machen die nur, wenn sie gute Laune haben. Ziel wäre es also, im Falle von Jans Eltern, gute Laune zu produzieren. Ich bin verzweifelt. Wie soll ich denn bei Jans Mutter gute Laune produzieren? Muffin grinst ganz breit und sagt mir, dass die weiblichen Restfellbesitzer große Freude empfinden, wenn man ihnen Blumen schenkt. Blumen? Ich würde mich über Hundekuchen freuen, aber Blumen? Aber, was noch interessanter ist, wo soll ich Blumen herbekommen? Muffin kläfft mir noch hinterher, dass es ein ganzer Strauß sein soll. Na, das ist ja eine tolle „Mission“.

      Kapitel 7: Lasst Blumen sprechen

      Am Abend mache ich mein „Ein-Hund-Gassi“-Ritual, das heißt ich gehe allein Lucky besuchen. Lucky wohnt um die Ecke in der nächsten Parallelstraße. Wie immer schnüffele ich erst mal das Revier durch. Hier sind ein paar Duftmarken von Muffin. Aha, hier ist eine Duftmarke von der weißen Pudeldame. Hm, hier wie gewohnt eine von Lucky, die hat so einen typischen Beigeruch von Salami.

      Lucky sitzt in seinem braunen Körbchen in der grünen Chill-Lounge. Er kaut auf einem Kalbsknochen herum und versucht, das Mark auszuschlürfen. Er ist ein Feinschmecker.

      Zur Begrüßung belle ich. Er hebt den Kopf und wedelt mit seinem Stummelschwänzchen.

      Ich erzähle ihm von diesem Romantikdings und unserer neuen Aufgabe, einen Blumenstrauß zu organisieren. Er überlegt kurz, dann läuft er ins Haus und kommt ganz stolz mit einem gelben Post-it-Zettel zurück. Ich kann die Schrift kaum entziffern. Das Geschriebene ist durchgestrichen. Ich kneife meine schwarzen Knopfaugen zusammen und dann lese ich voller Erstaunen den Text „Ich vermisse dich“. Ich glaube, das ist so ein Romantikdings-Geschreibe. Ich hechle Lucky stolz zurück, dass dies der Fund des Tages ist. Lucky nimmt den Zettel und gibt ihn mir. Ich sei ja jetzt verantwortlich für das Romantikdings. Plötzlich habe ich den Superblitz in meinem Hirn. Ich weiß, wo ich einen Blumenstrauß herbekomme.

      Auf dem Rückweg mache ich einen Schwenker über den Friedhof. Ich bin nervös. Was, wenn ich erwischt werde? Aber ich bin doch nur ein Hund, denke ich, um mich zu beruhigen. Zuerst sehe ich einen Strauß mit lila Blumen in so einem grünen Plastikbehälter. Nee, lila ist nicht romantisch. Von Weitem kann ich den Friedhofswärter in seiner dunkelblauen Uniform sehen. Ich sprinte zum nächstgelegenen Weg. Da sind sie, rote Blumen. Rot ist auch die Lieblingsfarbe von Jans Mutter. Das Kleid, das sie neulich trug, war rot. Schnell schnappe ich zu. Iih, das Blumenwasser schmeckt nicht. Aber was tut man nicht alles für das Romantikdings. Als ich zum Nachbarsweg wieder abbiege, sieht mich der Friedhofswärter. Er ruft mir etwas zu, aber ich lege einen Zahn zu. Da sehe ich aus einem Augenwinkel heraus, dass er hinter mir herläuft. Zum Glück bin ich schneller und ich mache einen Irrgartenlauf über den Friedhof. Irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen. Lucky sieht mich auf dem Nachhauseweg. Er hebt die Pfote. Okay, den Zettel habe ich noch. Jetzt heißt es Jans Mutter mit dem Romantikdings betören.

      Ich erinnere mich, dass die weiße Pudeldame neben Jans Mutter wohnt. Es ist schon Mittag, als ich bewaffnet mit dem Blumenstrauß und dem Post-it-Zettel zu Jans Mutter marschiere. Zu Hause hatte es mich einiges an Mühe gekostet, damit weder Daniel noch seine Eltern sehen, dass ich einen Blumenstrauß und einen wichtigen, kleinen Zettel horte. Ich hatte beides unter meinem blauen Ruhekissen versteckt. Doch Daniels Mutter hätte beides beinahe entdeckt, weil sie heute gestaubsaugt hat. Aber geschickterweise konnte ich Blumenstrauß und Zettel in die Garage bringen. Dort habe ich die Romantikutensilien in den Handwagen gelegt.

      Nun bin ich auf dem Weg zu Jans Mutter. Es soll mich am besten keiner dabei sehen. Ich habe Pech. Muffin läuft mir über den Weg. Muffin textet mich endlos zu. Er hätte an meiner Stelle Blumen aus der grünen Chill-Lounge von Jans Vater mitgenommen. Mann, der weiß einfach alles besser. Ich bin nicht erwischt worden, naja, fast nicht. Muffin meint, ich sollte die Blumen zurückbringen. Ich setze meinen hirtenhundmäßigen Willen durch. Ich behalte die Blumen im Maul. Endlich hört Muffin auf zu quatschen. Ich trotte weiter.

      In der Einfahrt steht die weiße „Hundehütte auf vier Rädern“. Also bin ich richtig. Ich lege den Blumenstrauß mit dem gelben Post-it-Zettel mit der durchgestrichenen Botschaft „Ich vermisse dich“ auf dem Herzlich-Willkommen-Fußabtreter ab. Dann nehme ich Anlauf und springe mit beiden Pfoten auf die runde, silberne Haustürklingel. Wie eine Schnecke im Affentempo renne ich wieder Richtung Heimat und verstecke mich hinter einem monstermäßigen Busch. Mit wedelndem Schwanz beobachte ich, wie Jans Mutter die Haustür öffnet, den Blumenstrauß aufhebt und laut den Zettel vorliest. Ich kann mich gerade noch wegducken, als sie den Blumenstrauß wutentbrannt in meine Richtung schleudert.

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