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Geschichten des Windes. Claudia Mathis
Читать онлайн.Название Geschichten des Windes
Год выпуска 0
isbn 9783753197715
Автор произведения Claudia Mathis
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Wie viele Kinder hatte er?“, fragte Sean.
„Oh, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er der Vater von Hamish war, deinem Urgroßvater. Ein aufregendes Stück seines Lebens haben wir ja bereits besprochen.“
„Ihr kanntet Hamish, wie war er so?“
„Weißt du, er hat in seinem Leben viel erreicht, aber er war ein äußerst eigenartiger, eher griesgrämiger und herrischer Mann. Ich musste ihn viele Jahre ertragen, was nicht leicht war. Hamish kam auch nicht so gut mit seiner Frau aus, deiner Urgroßmutter Ivera. Dein Großvater hat nicht viel von seiner Kindheit erzählt, nur, dass er es mit seinem Elternhaus sehr schwer gehabt hat.“
„Das tut mir leid“, sagte Sean traurig. „Hat mein Großvater noch gelebt, als ich geboren wurde?“
„Ja, mein Kind. Aber als du zwei Jahre alt warst, ist mein lieber Gatte leider verstorben. Aidan war damals ganz vernarrt in dich kleines Wesen. Er fehlt mir immer noch sehr. Wir waren wirklich glücklich miteinander, auch nach der schrecklichen Belagerung.“
„Wie seid Ihr eigentlich auf die Burg gekommen?“, wollte Sean wissen.
Kendras Gesicht begann zu leuchten.
„Ach, mein Aidan. Ich weiß es noch wie gestern. Wir haben uns im Jahre 1634 bei einem Fest kennengelernt. Ich hatte mich sofort in diesen attraktiven, humorvollen und wortgewandten Mann verliebt. Ich war erst fünfzehn Jahre alt, musst du wissen, und er neunzehn. In den nächsten zwei Jahren drehten sich all meine Gedanken nur um diesen Mann, ich war wie besessen von ihm. Naja, das ist eine lange Geschichte. Auf jeden Fall haben wir dann kurz nach meinem siebzehnten Geburtstag 1636 hier auf Dunnottar Castle geheiratet.“
Kendras sonst so blasse Wangen hatten bei der Erzählung sogar etwas Farbe bekommen. Sean hätte gern gehört, wie es seiner Großmutter gelungen war, seinen Großvater für sich zu gewinnen, aber ließ sie weiterreden.
„Es war schwer hier unter dem Regime meines Schwiegervaters zu leben. Wie ich schon berichtete, wurde er stolze 81 Jahre alt und somit bekam dein Großvater erst mit 52 Jahren den Titel und die Pflichten des Lairds übertragen. Aidan und ich versuchten natürlich, so schnell wie möglich Nachwuchs zu bekommen, aber es hatte am Anfang einfach nicht geklappt. Wir wurden immer verzweifelter. Umso weniger konnten wir unser Glück fassen, als nach vier Jahren dein Vater Alistair auf die Welt gekommen war. Drei Jahre später, im Jahr 1643, ergänzte zu unserer großen Freude dein Onkel Ennis unsere Familie.“
„Er ist doch Professor für Medizin in Edinburgh, oder?“, redete Sean ihr dazwischen.
„Genau. Leider ist es so weit bis Edinburgh, dass er sehr selten zu Besuch kommt“, entgegnete Kendra traurig.
Sean hatte seinen Onkel ein paar Mal gesehen, aber dieser schien sich nicht besonders für seinen Neffen zu interessieren.
„Danach jedoch kamen für uns schwere Zeiten. Und damit meine ich nicht einmal die politische Lage und die Auswirkungen der Belagerung. Ich hatte mehrere Fehlgeburten und es war unerträglich. Zuerst die Hoffnung, dann die Angst, ob alles gut geht und schließlich der unendliche Schmerz des Verlustes. Ich habe diesen Prozess so oft durchgemacht, dass ich am Ende ganz zermürbt und verzweifelt war.“
Kendra schaute bedrückt auf ihre gefalteten Hände, die auf ihrer Bettdecke ruhten. Sean wusste, dass seine Mutter auch vor ihm mehrere Kinder im Mutterleib verloren hatte.
Plötzlich fingen Kendras Augen wieder an zu leuchten.
„Doch dann, in Stonehaven, ich war inzwischen 39 Jahre alt, kam unsere Allison Ailis zur Welt.“
„Ich habe eine Tante?“, fragte Sean überrascht. „Warum hat noch niemand von ihr erzählt?“
„Leider ist das nicht so eine schöne Geschichte. Es gab einen großen Streit zwischen ihr und deiner Mutter, noch bevor du geboren wurdest, und seitdem war Allison nie wieder auf der Burg. Sie wohnt in Aberdeen und hat einen Arzt geheiratet. Wir haben sie ein paar Mal besucht.“
Sean wollte fragen, was vorgefallen war, doch seine Großmutter sah so traurig aus, dass er nicht wusste, was er sagen sollte.
Kendra schüttelte leicht den Kopf und schaute Sean in die Augen.
„Aber zum Glück bist du auf die Welt gekommen und ein gesunder, schlauer Junge geworden.“
Sie drückte seine Hand und lächelte matt.
„Für deine Eltern war es schwer. Sie wollten unbedingt Kinder, und so viele Male ist es schief gegangen. Ich glaube deswegen ist deine Mutter so…“, sie suchte nach den richtigen Worten „…kompliziert.“
Sean nickte.
„Ich habe Raelyn als nette, kreative junge Frau kennengelernt. Naja, man kann sich sein Schicksal nicht aussuchen.“
Sean konnte sich nicht vorstellen, dass seine Mutter einmal anders gewesen sein sollte, als er sie kannte.
Kendra gähnte lange. „Doch nun, mein Junge, muss ich mich ausruhen. Komme bald wieder zu deiner alten Großmutter, ja?“
Sie tätschelte liebevoll Seans Wange. Sean nickte, küsste sie auf die Stirn und ging in Gedanken versunken davon.
Acht
- 1691 -
Inzwischen war ein neues Jahr angebrochen und Sean hatte seinen zwölften Geburtstag gefeiert. Der letzte Tag im Januar war in diesem Jahr ein verregneter Mittwoch gewesen und Sean durfte zum ersten Mal Arthur zum Fest mit einladen. Sean freute sich sehr, dass ein Kind (besonders sein bester Freund) dabei war, aber Arthur saß schüchtern auf seinem Stuhl an dem langen Esstisch und kaute stumm seine Torte. Er hatte zwar noch nie Torte gegessen, aber das große Haus und Seans Eltern schüchterten ihn doch stark ein.
Seans Großmutter konnte leider nicht mitfeiern, sie war wieder schwächer geworden. Die letzten Besuche bei ihr bedrückten Sean sehr, obwohl er sie schon oft schwach erlebt hatte. Sie wirkte noch teilnahmsloser als je zuvor.
Um sich von dem traurigen Besuch bei seiner Großmutter aufzumuntern, wollte Sean zu Jaimie gehen, was er sich schon so lange vorgenommen hatte. Jaimie hatte mit seinen Eltern die Übereinkunft getroffen, dass er noch ein paar Jahre mit seinen Musikerfreunden umherziehen durfte, bis er ganz auf der Burg bleiben würde, um sich seinem künftigen Beruf, der Stallmeisterei, zu widmen.
Bis dahin sollte er sich immer wieder auf der Burg einfinden. Von Arthur wusste Sean, dass Jaimie gerade eine Weile zu Hause war und so wollte Sean die Chance nutzen. Er stapfte durch den frischen, feuchten Schnee zum Burton-Haus. Als er klopfte, öffnete Fiona die Tür mit dem kleinen Angus auf dem Arm. Er entwickelte sich prächtig.
„Hallo Sean. Komm rein, Arthur ist oben“, begrüßte sie ihn freundlich.
„Guten Tag, Mrs. Burton, ist Jaimie da? Ich wollte schon lange einmal seinen Dudelsack sehen.“
Dabei zog er seinen Mantel und seine Stiefel aus.
Etwas überrascht antwortete Fiona: „Ja, Jaimie ist auch oben. Geht es dir gut?“
Liebevoll blickte sie dabei auf Angus, der vor sich hin gluckste und sie mit seinen großen blauen Augen ansah.
„Ja, danke“, sagte Sean freundlich und ging die schmale Treppe hinauf.
Kurze Zeit später, im größeren Kinderzimmer, war Jaimie voll in seinem Element und Sean lauschte gespannt.
„Und das hier ist die Spielpfeife. Mit ihren Grifflöchern kann man die Melodie spielen. Manche Dudelsäcke haben auch zwei Spielpfeifen, aber das war mir zu teuer.“
Er