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dass genau das der Sinn der Sache war. Dieser wyverdammte Emporkömmling! Geilte er sich an seiner Macht auf? An seinem Triumph über eine der einflussreichsten Adelsfamilien des Memnáh? Oder einfach nur am Schmerz seines Gegenübers, egal, wer das war? Eftnek biss die Zähne zusammen, dass sie knirschten. Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre dem Obersten Priester an die Kehle gesprungen. Mühsam kämpfte er den Impuls zurück. Wy, dieser durchscheinende Blick würde ihn noch in den Wahnsinn treiben! Und der Bastard stand da und lächelte mit einem leichten Kräuseln der Lippen, das fast hätte Einbildung sein können, aber eben nur fast.

      »Sagen Sie mir, Morrtahn«, intonierte die Stimme, während Eftnek auf diese herablassenden Lippen starrte und Hass in seinen Adern zu brennen begann. »War es in der Vergangenheit oft notwendig, Ihre Frau zu disziplinieren?«

      Es fiel Eftnek schwer, durch seinen Ingrimm hindurchzudenken, doch es gelang ihm, eine einigermaßen unbeteiligte Miene aufzusetzen. »Nicht mehr als jede andere Frau, schätze ich.«

      »Hm«, machte Asnuor. »Sie wissen sicher, dass der Körper Ihrer Frau zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung Blutergüsse aufwies. Zwei Tage alte. Gehe ich also recht in der Annahme, dass Sie sie auch am Abend der Freveltat diszipliniert haben?«

      Sie hatte nicht geschrien. Nicht dieses letzte Mal. Seine Hände zuckten wie ein Echo. Es machte ihn krank. Aber er hob den Blick und sah direkt in die schrägen Augen des Obersten Priesters, auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte.

      »Das ist korrekt. Es war eine häusliche Unstimmigkeit. Ich fürchte, ich habe mich etwas hinreißen lassen. Meine Frau war danach unfähig, das Haus zu verlassen, und ging früh am Abend zu Bett.«

      »Nun, nun, Morrtahn, nicht so«, meinte Asnuor gönnerhaft. »Sie wissen, dass wir einen Augenzeugen haben, der Ihre Frau identifiziert hat.«

      Eftnek zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Ihren Augenzeugen können Sie sich sonst wohin schieben, Asnuor. Sie werden schlampig. Oder haben Sie niemand anderen gefunden als den hübschen Hurenbengel, der so eine Lüge für Sie ausspricht?«

      Asnuors Hand lag auf dem Schwert, aber sie war ruhig und entspannt. »Wären Sie tatsächlich willens, diese Anschuldigung in der Öffentlichkeit zu wiederholen, Morrtahn? Gegen einen ehrenwerten jungen Mann, der schon als Kind in den Wyorden aufgenommen wurde, und gegen den Obersten Priester des Ersterschaffers selbst?«

      Eftnek antwortete mit einem schweigenden Starren. Der Oberste Priester nickte zufrieden.

      »Ja, das dachte ich mir. Ihr Vater ist ein zu kluger Patriarch, um solch unbegründete, fruchtlose Anschuldigungen an die Öffentlichkeit dringen zu lassen.«

      »Entgegen den allgemeinen Mutmaßungen bin ich meinem Vater nicht hörig, Asnuor! Und die Anschuldigung wäre wohl kaum unbegründet. Sie hassen meine Frau.«

      »Das stimmt«, gab der Oberste Priester zu Eftneks Überraschung zu. »Doch niemand außer Ihnen weiß das. Nun, Lys natürlich, aber die wird keiner fragen. Und vielleicht Ihre Kinder.«

      Eftnek stand so abrupt auf, dass der reich verzierte Stuhl auf den Boden krachte. »Sie lassen die Finger von meinen Kindern, Asnuor!«

      »Setzen Sie sich, Morrtahn«, entgegnete der Oberste Priester ruhig. »Wir wollen doch ein gewisses Dekorum wahren.«

      Eftnek starrte ihn noch einen Moment an und fragte sich, ob er seinen Kschurr schneller ziehen könnte als Asnuor sein Schwert, doch dann brach er den Blickkontakt, hob seinen Stuhl auf, von dem ein besonders delikates Blütenblatt abgesplittert war – und, ja, verdammt, das tat ihm in der Seele weh –, und setzte sich wieder. Asnuor beobachtete jede seiner Bewegungen wie eine Katze ihre Beute.

      »Wenn Sie ›meine Kinder‹ sagen, Morrtahn, wen genau meinen Sie damit?«, fragte er mit einem boshaften Glitzern in den Augen. Eftnek antwortete der Boshaftigkeit mit blanker Verwirrung.

      »Ich meine alle meine Kinder, egal ob sie meines Blutes sind oder nicht«, sagte er langsam.

      »Hm«, machte Asnuor. »Sie haben also tatsächlich den Sohn zweier Nordler zu Ihrem eigenen gemacht, auf dem Papier und in Ihrem Herzen, Morrtahn? Wirklich ergreifend, diese Treue zu Ihrem alten, toten Freund. Oder ist das Treue zu Ihrer Ehefrau? Wissen Sie, ich mag Loyalität. So eine ehrenhafte Empfindung. Und so leicht zu manipulieren.«

      Eftnek musste all seine Selbstbeherrschung aufbringen, um den Obersten Priester nicht mit offenem Mund anzustarren. Wovon beim Mech-Memnáh redete dieser Mann? Asnuor lächelte wieder sein eigentümliches kleines Lächeln. Dann setzte er sich Eftnek gegenüber und schlug die Beine übereinander, ein Bild der Gelassenheit. Eftnek erkannte den feurigen Redner, der das Volk in schöner Regelmäßigkeit vor dem Untergang und den Fremden und den Frauen warnte, in dieser Gelassenheit nicht wieder. Wer war dieser Mann? Erst jetzt ging ihm auf, dass er es nicht wusste.

      »Unbegründet mag Ihre Anschuldigung gegen mich und Priester Sna also nicht sein«, redete Asnuor weiter, als hätte er zwischendurch gar nichts anderes gesagt, »aber sie wäre ganz sicher fruchtlos. Wir haben bei der Durchsuchung Ihres Hauses genügend Beweise dafür gefunden, dass Ihre Frau Mitglied der widernatürlichen Organisation für die Gleichstellung der Frau ist – mit Sicherheit ohne Ihr Wissen. Sie können Lys nicht retten, Morrtahn.«

      Eftnek sackte in sich zusammen und begann am ganzen Leib zu zittern. Lys, seine Lys! Er glaubte, bereits den Geruch brennenden Fleischs in der Nase zu haben, und es trieb ihm die Galle in den Mund.

      »Die Frage ist natürlich, ob Sie das überhaupt wollen.«

      Eftnek blickte verwirrt auf. »Wie bitte?«

      Wieder lächelte Asnuor. »Ich werde Ihnen jetzt eine Geschichte erzählen, Morrtahn. Sie hätten sie schon vor Jahren zu Ohren bekommen sollen. Also hören Sie gut zu.«

      Und Eftnek Neoly tat, wie ihm geheißen.

      Lys wartete auf den Obersten Priester des Wy. Sie wartete seit dem Moment, da die Tür ihrer Gefängniszelle in den Eingeweiden des Großen Tempels hinter ihr ins Schloss gefallen war. Die Zelle war düster und roch nach abgestandener Zeit, aber es war ja auch mehr als vier Generationen her, dass sie in Gebrauch gewesen war. In all den Mnegau, die sich endlos in der dumpfen Stille erstreckten, versuchte Lys, den Geist der Frau heraufzubeschwören, die als Letzte in diesem verzweiflungsschweren Raum auf ihren Tod gewartete hatte. Sie fragte sich, ob jene Frau wohl gewütet hatte wie ein gefangenes Frn-Weibchen (wie sie) oder ob sie in lähmende Resignation verfallen war und ob sie wohl Angst gehabt hatte. Lys hatte Angst, panische, würgende Angst, die sich in ihr Hirn krallte und in ihre Seele. Natürlich hatte sie Angst vor den Flammen und den Schmerzen, aber noch mehr Angst hatte sie vor dem Moment, da Asnuor durch ihre Gefängnistür treten und das Angebot wiederholen würde, das er ihr dreizehn Jahre zuvor gemacht hatte. Denn sie fürchtete, dass sie dieses Mal annehmen könnte.

      Also wartete Lys Neoly auf Ktorram Asnuor. Doch die Zeit verstrich in der erstickenden Enge ihres Gefängnisses, und der Oberste Priester kam nicht. Ein neuer Tag brach an, und schließlich öffnete sich die Tür ihrer Zelle. Das Kraftfeld davor wurde zischend deaktiviert. Aber herein kam nur das Schlangentier. Ftonim Sar hatte den hübschen Priester einmal so genannt, und Lys konnte sich keine passendere Bezeichnung für Asnuors lügnerischen Komplizen denken. Ihr Herz zog sich kurz zusammen, als sie an Ftonim dachte, und das verwunderte sie ein wenig. Sie hatte genug Sorgen; um sich selbst, um ihre Kinder. Da verstand sie nicht wirklich, was der junge Sar in ihren Gedanken und in ihrem Herzen zu suchen hatte, ganz egal, wie wichtig er Vairrynn sein mochte. Doch dann hatte sie plötzlich dieses Bild vor Augen: Vairrynn und Ftonim zusammen im Sonnenlicht, das sich auf den Wellen des Inneren Ozeans und in den warmen Augen des jungen Sar brach, während Vairrynn den Kopf vor Lachen in den Nacken geworfen hatte. Oh, dachte sie, und der Schmerz in ihrer Brust wurde zu einem Brennen, weil sie nie gefragt hatte, worüber ihr Sohn so gelacht hatte. Ihr Junge war erwachsen geworden, während sie weggesehen hatte, das wusste sie bereits; aber erst jetzt begriff sie, was es bedeutete, und sie wollte weinen. Doch sie konnte es nicht, weil Mnuran Sna vor ihr stand und sie anstarrte, während sie auf der kargen Pritsche einer erbärmlichen

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