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Veyron Swift und der Orden der Medusa. Tobias Fischer
Читать онлайн.Название Veyron Swift und der Orden der Medusa
Год выпуска 0
isbn 9783847665731
Автор произведения Tobias Fischer
Жанр Языкознание
Серия Veyron Swift
Издательство Bookwire
Tom griff in seine Hosentasche und fingerte den kleinen blauen Kiesel heraus. Er zeigte ihn Faeringel, der zufrieden nickte. Ohne ein weiteres Wort trat er in den Tunnel und wurde von der Schwärze verschluckt. Veyron schickte sich an, ihm zu folgen und auch Tom wollte losmarschieren, doch Jane verharrte wie versteinert vor dem Eingang. Die beiden warfen ihr überraschte Blicke zu. Tom konnte sehen, dass sie Angst hatte. Sie zitterte förmlich.
»Die Welt wird nie mehr die Gleiche sein, wenn ich da hineingehe, oder?«, fragte sie halblaut.
Tom hatte keine Ahnung was er darauf erwidern sollte. Er verstand ja nicht einmal, wie sie das überhaupt meinte. Veyron schien jedoch zu verstehen. Er lächelte, diesmal ehrlich mitfühlend.
»Die Welt ist niemals die, für die wir sie halten. Mit jeder neuen Erfahrung verändert sie sich, mit jeder Reise die wir tun, bekommt sie ein neues Gesicht. Ich weiß, Sie fürchten um Ihr Weltbild, Ihren Glauben und alles, was Sie für richtig halten. Haben Sie keine Furcht, Willkins. Das Einzige, was passieren kann ist, dass Sie an Wissen und Weisheit gewinnen. Das ist niemals eine verkehrte Sache.«
Jane dachte einen Moment darüber nach. Eher widerstrebend gab sie ihr Zögern auf. Sie trat zwischen die beiden und gemeinsam schritten sie hinein in die Finsternis.
Die Rückkehr nach Fabrillian hatte sich Tom ganz anders vorgestellt. Sie marschierten eine Zeitlang durch den schwarzen Tunnel und schlagartig, ohne jede Vorwarnung, wich die Dunkelheit hellem Sonnenlicht. Äste und Blätter klatschten ihm ins Gesicht.
Er schlug um sich, traf Jane am Ohr, die empört seinen Namen rief und ihn anrempelte. Faeringel musste lachen, als er die drei Menschen in den Schlingen von Efeu und Wein zappeln sah. Ein kurzer Augenblick verging, bis sich Tom wieder beruhigen konnte. Nun sah er, dass sie tatsächlich in Fabrillian angekommen waren, dem Reich der Elben Elderwelts, den Talarin, wie sie sich selbst nannten.
Sie befanden sich auf einer großen Terrasse, umgeben von einem Ring Statuen der großen Künstler und Denker des Elbenvolkes. Kletterpflanzen rankten sich an ihnen hoch, verdeckten einige vollständig. Tom, Jane und Veyron traten zwischen zwei großen Statuen hervor, auf deren Schultern sich ein alter, steinerner Torbogen stützte.
Das war er, der magische Durchgang, auf den ersten Blick recht unscheinbar und doch sehr viel älter als alles Übrige auf der Terrasse. Im Süden endete sie an einer steinernen Brüstung, dahinter fiel eine Steilwand dreihundert Meter in die Tiefe. Ganz in der Nähe erklang das Donnern eines Wasserfalls. Jenseits der Statuen erweiterte sich das ganze Areal in einen riesigen Baumgarten. Überall trug das Laub herbstliche Farben, goldgelb und rotbraun. Der allerorts anzutreffende Blutahorn machte seinem Namen alle Ehre. Die Blätter schimmerten leuchtendrot, wenn das Sonnenlicht auf sie fiel.
Im Norden stand der Palast der Königin. Zwischen den beiden Seitenflügeln ragte der riesige Hauptbau mit seiner in allen Farben des Regenbogens schillernden, gläsernen Kuppel auf. Von den Seitenflügeln wucherten üppige Sträucher über die Dachränder und hingen bis in die oberste der drei Fensterreihen.
Tom fühlte all die angenehmen Erinnerungen an seine Tage im Palast wiederkehren. Seine Spaziergänge mit dem jungen und weisen Elbenmädchen Imri, die herrliche Unterkunft im Gästepalast oder das vorzügliche Essen. Auch an den wohlschmeckenden, goldenen Genesungstrank erinnerte er sich wieder, an die Musiker auf den Straßen der Hauptstadt und die vielen anderen kleinen, elbischen Wunder.
Jane konnte dagegen nur staunen. Ein »Ich-glaub-ich-träume« nach dem anderen verließ unentwegt ihre Lippen.
Faeringel trat wieder zu den drei Besuchern. Tom fiel auf wie sehr er sich plötzlich verändert hatte. Er war nun nicht mehr länger ein schmächtiger Bursche, sondern mindestens einen Kopf größer, mit breiten Schultern, einem strengen Gesicht und eisblauen Augen. Jetzt war er wieder jener elbische Jäger, den Tom bereits im vergangenen Jahr kennengelernt hatte. Jane bemerkte die Veränderung ebenfalls und stutzte für einen Moment. Ihre Blicke blieben an Faeringels leicht zugespitzten Ohren hängen. Sie musste nach Luft schnappen.
»Es ist wahr. Elben gibt es wirklich, das mit dem Zaubertrick stimmt also«, keuchte sie.
Faeringel schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, Veyron jedoch nur einen verständnislosen Blick.
»Selbstverständlich stimmt das. Hatten Sie etwa angenommen, ich würde Sie auf den Arm nehmen? Willkins, alles was ich Ihnen jemals über Elderwelt und seine Bewohner gesagt habe, war stets zu Einhundertprozent die Wahrheit.«
»Seid etwas nachsichtiger mit Lady Jane, Meister Swift. Ihr seid mit vielen Dingen vertraut, die für die meisten Menschen an Wunder grenzen«, griff Faeringel nun mit strenger Stimme ein. Ganz zu Toms Erstaunen, erwiderte Veyron darauf gar nichts.
Der große Elb reichte Jane eine Hand, die sie dankbar lächelnd annahm.
»Nun kommt! Die Königin ist momentan noch mit ihrem Gefolge unterwegs, aber bis zum Abend wird sie eintreffen. Sie hat befohlen, dass für Euch Zimmer bereitgestellt werden. Ihre Diener werden Euch zum Gästepalast führen. Wenn Ihr Hunger verspürt, so scheut Euch nicht, die Dienerschaft davon in Kenntnis zu setzen. Die Königin wollte zu Ehren Eurer Rückkehr ein Bankett ausrichten. Es ist also für alles gesorgt«, erklärte Faeringel und führte Jane den Weg zum Palast entlang.
Tom bemerkte ein misstrauisches Zucken der Augenbrauen seines Paten. Er musste grinsen. Würde er Veyron nicht besser kennen, hätte er das fast für eine leicht eifersüchtige Reaktion gehalten.
Jane war ganz und gar verblüfft, dass die Besucher Fabrillians in einem eigenen Palast untergebracht wurden. Sie bereute es nicht eine Sekunde, sich auf dieses Abenteuer eingelassen zu haben. Es fehlte an nichts. Der Ausblick auf die Hauptstadt Fabrillians, Fanienna, war atemberaubend. Die rot gepflasterten Straßen führten kreuz und quer durch einen riesigen Wald. Zwischen den in allen Herbstfarben schillernden Baumkronen ragten die Dächer der Häuser auf, die mit der Farbe des Laubs zu verschmelzen schienen. Sämtliche Straßen und Wege führten um Bäume herum, zierliche Brücken aus weißem Holz wölbten sich über dicke Wurzeln und die vielen kleinen Bäche.
Sobald sie ihr Gepäck in den Schränken der Zimmer (jeder hatte ein eigenes) verstaut hatten, bestand Jane auf einem Rundgang durch die Stadt. Faeringel bot sich ihnen sofort als Führer an, was Jane noch mehr zu begeistern schien.
Auf den Straßen trafen sie viele Elben, die sie alle freundlich grüßten. Manche erkundigten sich bei Tom und Veyron sogar danach wie es ihnen im vergangenen Jahr ergangen war. Auch Jane wurde allerhand gefragt, wo sie herkam, was sie beruflich machte und überhaupt wie es ihr so ging. Als sie es den neugierigen Talarin erklärte, war sie wiederum überrascht zu erfahren, dass in Fabrillian so etwas wie eine Polizei gar nicht gab.
Abends wurden die drei Besucher in den Palast der Königin gebracht. Als sie das Foyer durch die gläsernen Torflügel betraten, blieb Jane für einen Moment vor Ehrfurcht stehen. Fast der ganze Kuppelbau wurde von zwei riesigen Bäumen ausgefüllt, in deren Kronen goldene Lampen schimmerten. Der marmorne Boden war knöchelhoch mit rotgoldenem Herbstlaub bedeckt. Niemand machte sich die Mühe es aufzufegen. Jeder Schritt raschelte laut, doch den Elben schien es zu gefallen. Zwischen den gewaltigen, silbern schimmernden Baumstämmen führte eine Treppe hoch in die Korridore des Palastes, Statuen aus weißem Marmor säumten die hallenartigen Gänge. Die Decken waren mit beeindruckenden Fresken bemalt. Sie zeigten die verschiedensten Ereignisse Elderwelts.
»Die ganze Geschichte der Talarin steht dort oben«, erklärte Faeringel, dem die interessierten Blicke Janes und Toms auffielen. »Angefangen von der langen Wanderung über das Ewige Eis, dem Exodus aus Altwelt und den glücklichen Tagen in Carundel. Seht nur, da vorne wird vom Bau Faniennas berichtet, da hinten von der Entstehung des Bruchs, der großen Klippe, die unser Land in zwei Hälften trennt.«
Jane seufzte. »Das ist echt wunderschön. Diese Farben, so kräftig, fast als würden sie aus eigener Kraft leuchten. Schaut euch nur die ausdrucksstarken Gesichter an. Fast könnte man meinen, man blickt durch ein Fenster in die Vergangenheit. Ich wünschte, wir hätten die Zeit, alles zu fotografieren.«
Neben