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Die Zweite Welt. Andreas Egger
Читать онлайн.Название Die Zweite Welt
Год выпуска 0
isbn 9783754149966
Автор произведения Andreas Egger
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Seit einiger Zeit schon, beobachtete Garantor genau was sich abspielte und vor allem wie. Der Zwerg hatte sich schneller aus der allgemeinen Lethargie gelöst als seine menschlichen Begleiter. Er hatte einiges gehört und gesehen und es verlangte ihn danach, seine Erkenntnisse mitzuteilen und neue zu erlangen.
Mit energischer Stimme befahl er: „Ypek, du bleibst hier. Setzt dich hin und beobachte weiter. Melde dich sofort, wenn sich irgendetwas ändert.“ Der kräftige Söldner nickte stumm. Nun sah Garantor zu Brube. „Pack deine Hellebarde weg und zieh Mauran zu uns rüber.“
Ein Stück weit hinter dem Hügel setzte sich der Zwerg im Schneidersitz hin. Seine Männer taten es ihm gleich. Sie setzten sich zusammen, die meisten bleich im Gesicht und zum Teil mit zitterndem Körper. Ausgezehrt blickten viele Augenpaare in die Runde des gerade entstandenen Kreises. Viele sahen jetzt, zum ersten Mal seit Stunden, in ein anderes Gesicht. Ein jedes war ein Spiegel der eigenen unverhohlenen Trauer und Ratlosigkeit. Nur wenige waren bereits in der Lage, Wut oder Rachegelüste zu empfinden. Vereinzeltes Knacken, Krachen und Brüllen drang leise über den Hügel, als Garantor sprach: „Die Welt liegt im Krieg. Das war der Anfang, kein zufälliger Schlag.“ Niemand antwortete. Das hatte er auch nicht erwartet. Cebrid nickte langsam, welches die einzige ersichtliche Reaktion des gesamten Trupps auf diese todverheißende Aussage darstellte.
„Sie kämpfen koordiniert, geführt und mit klaren Zielen. Diese Geschwindigkeit ist sonst nicht zu erklären!“
Kaum hatte der Zwerg dies gesagt, rührte sich so mancher und wurde wach. Wieder nickte Cebrid. Aus seinem Blick war zu ersehen, dass er Ähnliches beobachtet und nun die Bestätigung für seine schlimmsten Befürchtungen erhalten hatte. Endlich ließ sich Brube vernehmen. „Verdammt! ...“, was eher wie eine zweifelnde Frage anmutete, als der Ausdruck von Wut.
„Richtig Brube, richtig ...“ Der Zwerg gab diesen Worten Gewicht, durch die monotone Art, wie er sie aussprach. „Ich weiß nicht wie, ich weiß nicht wann, aber irgendetwas oder jemand, hat die Oger geeint. Und nicht nur das. Sie wurden gedrillt, ausgebildet und an Befehle gewöhnt.“
Cebrid warf ein: „Ich habe gesehen, wie ein kleiner Trupp einer Richtung folgte und dann wieder umkehrte. Gesammelt und geschlossen. Sie marschierten an der gebrochenen Westmauer entlang nach Norden, drehten um und verschwanden zwischen Rauch und Staub im Osten.“
„Ja“, bestätigte Garantor. „Das ist eines der auffälligsten Verhaltensmuster, aber es gibt auch andere.“ Kurz hielt er inne und holte Luft. „Die Mauern wurden an mindestens zwei Stellen durchbrochen. Zwei getrennte Armeen stürmten in die Stadt. Im Westen und Süden. Sie taten es mehr oder weniger zur gleichen Zeit. Ich würde sogar sagen, dass sie auch im Osten eingefallen sind.“
Cebrid schien die Worte abzuwägen, nickte wie so oft. Dann fügte er hinzu: „Die gewaltigen Rammböcke. Kein Oger könnte sich so etwas ausdenken, geschweige denn bauen.“ Zustimmendes Gemurmel machte die Runde.
„Und dann ist da noch was …“ Der Zwerg hielt inne und kratzte sich am Bart. „Sie haben viele Versorgungswagen dabei, aber es sind keine Kinder da. Keine Halbwüchsigen und kaum Ogerfrauen. Ein weiterer Hinweis auf eine organisierte Armee. Keine Sippen, kein Ballast. Nur Kämpfer.“
Auch diese Feststellung fand Zuspruch. „Gror hat einen Weg gefunden, um sein Volk mit dem zu stärken, was ihm fehlte ... genug Verstand, um alles Leben zu vernichten.“
Noch immer blieben alle still. Was sollte auch gesagt werden? Die gehörten Worte ließen keine Zweifel offen. Niemand hatte etwas hinzuzufügen. Offensichtlich hatte Garantor weitere Beobachtungen erwartet. Er wollte von seinen Männern Aufschluss über das Geschehen, welchen sie jedoch nicht geben konnten. Eine Weile saßen sie da und keiner sprach. Sie waren bestürzt und mutlos. Irgendwann stand der Zwerg auf, ging wieder auf den Hügel und beobachtete weiter.
Die Oger hatten keine Eile. Der Tag verging und ließ die blutrote Sonne rußgeschwärzt in einem Meer aus Leid vergehen. Das Szenario wandelte sich kaum. Große Feuer wurden entfacht, als der Abend nahte. Müde und nachdenklich standen immer noch viele der Gefährten auf dem Hügel vor den Ruinen Salzheims. Und immer noch zogen die Rauchschwaden in den nächtlichen Himmel. Der Blick nach Osten war des Nachts beinahe beeindruckender als am Tag. Hunderte Lagerfeuer brannten, dazu noch unzählige Häuser in Salzheim. Viele der Untiere waren ihres Treibens noch nicht müde und zündeten an, was noch nicht brannte. Immer neue Feuer entstanden. Sie vernichteten, was es noch zu vernichten gab, was immer das auch sein mochte.
Übermüdet durch die vorangegangene Nacht, schliefen die Gefährten einen unruhigen Schlaf. Oft schreckte jemand schaudernd auf. Abwechselnd standen die Männer Wache. Zusätzlich verbrachte immer einer der Gefährten seinen Dienst bei Mauran, der seit seinem Erwachen apathisch dasaß. Als der Tag anbrach, hatte sich wenig geändert. Der einzige Unterschied lag darin, dass die Verwüstung, vorher vom dichten Rauch kaschiert, nun deutlicher zu erkennen war. Die Oger plünderten und johlten, grunzten und stritten untereinander um ansehnliche Waffen und Beutestücke. Doch sogar hier war eine grundlegende Ordnung zu erkennen. Gewisse Dinge wurden zum Lager gebracht und wechselten dort den Besitzer. Streitigkeiten wurden oft von Dritten geschlichtet. Alles lief zum größten Teil unblutig ab, soweit man es vom erhöhten Aussichtspunkt erkennen konnte
All dies beobachtete Garantor genau. Er hatte kaum geschlafen. Sein Ziel war, herauszufinden, wer die Fäden zog. Wer anführte und wer folgte. Das war fast unmöglich. Es mussten an die zwanzigtausend Oger sein, die sich vor der zerstörten Stadt aufhielten und das in Anbetracht dessen, dass der größere Teil von ihnen immer noch plünderte. Garantor schauderte. Lange stand er da und sah dem Treiben zu, aber er konnte keine Antwort auf diese wichtige Frage finden. Keiner der Oger kristallisierte sich als die Führungsperson heraus, die der Zwerg zu erkennen suchte.
Einige Zeit später erreichten der Händler Almud und die restlichen Söldner den Hügel. Auch sie konnten kaum fassen, was sich zugetragen hatte. Almud selbst konnte mit der Welt, in der er lebte, nichts mehr anfangen. Er musste erst realisieren was sich zugetragen hatte und sorgte sich panisch um seine Familie.
Es war an der Zeit, Entscheidungen zu treffen. Sie alle versammelten sich erneut hinter dem Hügel und standen sich gegenüber. Bis auf Zrak. Er hatte die Aufgabe, das Geschehen weiter zu beobachten. Garantor hatte ihn ausgewählt, weil der Minotaur, getrieben von einer fast beleidigenden Neugierde, auf die Oger blickte, verschiedenes nachfragte und an seinem eigenen Weltbild bastelte. Er teilte die Bestürzung, das Entsetzen und den Hass nicht. Für ihn war es eine Entwicklung. Eine Entwicklung, die er zu ergründen suchte. Schon aus diesem Grund war es besser, ihn ein wenig abseits zu halten. Männer wie Brube und Dimite könnten in seiner Gleichgültigkeit ein Ventil für ihre Wut sehen. Dann mochte mehr als nur einer grundlos sterben.
„Wir müssen etwas unternehmen“, setzte Garantor an. Dabei blieb es eine gute Weile, bis er endlich weitersprach, da kein anderer etwas sagte. „Wir wissen nicht wie, wir wissen nicht wann. Sicher ist nur, dass sich das Volk der Oger geeint hat. Wir wissen nicht unter wem oder was ... Krieg liegt auf der Welt und niemand wird davon verschont bleiben.“
Es widersprach niemand. Zu offensichtlich war all das, was vor wenigen Tagen noch nicht möglich schien.
Endlich setzte Brand an zu sprechen. „Die Völker müssen gewarnt werden. Wir müssen nach Naars Zweifel. König Aegon muss davon erfahren.“
„Ja“, sagte Thef, „aber sind wir da sicher?“ Alle Blicke lagen auf dem schweigsamen kleinen Mann. „Garantor hat recht. Wir sind im Krieg. Aber was soll das für uns bedeuten? ... Wohin sollen wir? ... Ich werde meinen Arsch retten und Naars Zweifel scheint mir nicht der richtige Ort dafür zu sein.“
Brube wurde rot im Gesicht und fuhr Thef an: „Ach davonlaufen? Du feige Ratte!!“
„Sag was du willst, es ist mir einerlei“, entgegnete Thef.