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Ich rocke den Lake Viktoria!. Andrea Shija'Estrana Wobmann
Читать онлайн.Название Ich rocke den Lake Viktoria!
Год выпуска 0
isbn 9783748565338
Автор произведения Andrea Shija'Estrana Wobmann
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Zurück an der Hauptbusstation Mwanza City grübelt Nsajigwa unschlüssig, welche der beiden weiteren Ziele er anpeilen soll. Dann verrat doch endlich, wo die liegen! Ach, Kageye vierzig Kilometer links oder Nyegezi/Malimbe fünfzehn Minuten rechts. Von rechts kommen wir soeben, oder? Pardon, Mitte Retourweg hätten wir statt hierher nach dorthin umsteigen sollen. Für nach links scheint es Mitte Nachmittag zu spät, dafür weiss ich die afrikanischen Fortbewegungszeiten genug abzuschätzen. Meine logischen Folgerungen missfallen, doch als praktisch veranlagte Person, schliesse ich rasch Entscheidungen. Wir fahren Richtung rechts zurück, Richtung Malimbe, woher wir herkamen (unnötiger Busticket- wie Zeitverschleiss).
Die Anlage Lavenabeach: Nett, für mich langweilig perfekt herausgeputzt. Einzig speziell gefallen mir die Schaukeln: die Gummihosen an Seilen sind Pneus längs aufgeschlitzt. Am Beach markiert Nsajigwa den grossen Herrn, er spendiert Pikipiki-Drivern und Aufseher Limonade. Ich habe keine Lust, nicht auf das Getue, nicht auf Limo. Ich schlendere allein auf Entdeckungstour ausserhalb des eingezäunten Geländes. Hey, unerwartet mystisch lieblich: Ich werde eskortiert, eingehüllt in einer schwingenden himmelfiligranen Wolke aus lilanen Libellen!
Morgens darauf, kaum hell, nehmen wir uns das Zweite der gestrigen drei Ziele vor: Kageye. Ein historischer Platz, von welchem aus Sir Henry Stanley 1875 (neunzehn Jahre nach der ‘Entdeckung’ des Lake Victoria) diesen als Erster vollständig umrundete. Victa, ein Pikipikidriver offeriert uns einen guten Preis. Da staunt der Nsajigwa, dass ich im Gegensatz zu ihm (schon) persönliche Kontakte habe.
Wir tuckern Freiluft vierzig Kilometer am Lake entlang. Filmisch ziehen die bunten, sandstaubigen Kulissen der Dörfer und Reisfelder und Mango Plantagen und Felsen und Strände an uns vorbei. Prächtige Natur pur. Victa (richtig Victor, geklungen wie Victa und ich bleib dabei) hält mittig bei der Fischerstadt Kayenze. Bis zu fünfzehn Tonnen Frischgefischtes werden täglich den Fabriken für den Export geliefert. Wir erklären uns Eingangs Fischertor beim Pförtner und haben das Gästebuch vorliegen - ich bin diesmal flinker mit Stiftkrallen für meinen Namen. Leider heisst es trotzdem draussen bleiben, wir sind zu spät für heute. Es gibt auch keine Fotobewilligung. Kleine silbernen Minifischchen liegen am öffentlichen Strand ausgebreitet auf dem Sand zum Trocknen. Dahinter warten die Marabuts geduldig auf unbrauchbare Resten. Igitt, Marabut. In meiner Vorstellung waren dies stolze Vögel. Die hier, das sind die fliegenden Strassenreiniger; ich sehe sie fast ausschliesslich auf Abfallbergen rumstochern.
xx
Weiterrumpeln nach Kageye zu Sir Henry Morton Stanley (geboren 1841 als John Rowlands, 1904+). Er war britisch-amerikanischer Journalist, Afrikaforscher, Buchautor. Man nannte ihn auch Bula Matari (der Steine bricht). Bekannt wurde er für seine Suche nach David Livingstone und die Erschliessung des Kongo. Seine Reisen hielt der angeblich sehr cholerische Mann akribisch fest. In Kageye, Distrikt Mwanza, befand sich ein Basislager. Ich lausche die historischen Geschichten, ein toleriertes Zusammenleben zwischen den Arabern, den Weissen und den Einheimischen. Dieses war sogar fast vollkommen friedlich. Eine einzige Mutter widersetzte vehement, dass ihr Sohn sich mit auf die gefährliche Reise begibt – sie vergiftete ihn schlussendlich. Ich entdecke die Hausfrauen-Contest-Stones sowie verschiedene ungeschliffene Steine, welche als Grabmerkmale dienen. Henry Stanley verlor auf einer Rückreise von Zanzibar ein paar der Schleppsklaven wie auch einer seiner Vertrauenshüter. Hübsche Namensinschriften trägt der einzig gravierte Stein dazu: Verstorben durch Krankheit, durch Ertrinken oder Flucht, oder ... der Letzte: Killed at Beerparty (Klartext: Alkoholkonsum).
Ich sitze bei der Sklavenhaltungsmauer, stehe in Stanleys Zelt (in Beton nachgegossen) und raste auf dem damaligen Besuchsempfangsplatz. Am Strand zapple ich freudig kleinmädchenlike mit den Füssen im Lake Victoria; wie schööön! Und gwundrig kann ich nicht widerstehen, unüblich zu Bitten, auf den hohen ausladenden verastverwinkelten Baum zu klettern. Unter diesem berat der einstige grosse Männerrat zukunftsweisend; es fühlt sich stimmig an, hier oben zu sein!
Auf dem Retourweg machen wir eine kurze Cokepause. Das Restaurant versperrt mir deren Choo. Ihr Klo sei einer Mzungu unwürdig. Es dauert ein dringendes Weilchen, bis das geeignete Pinkelhäuschen ausfindig gemacht ist: Viereckige Konstruktion aus Ästen und löchrigen Plastikplanen. Privattoilette - tut befreiendermassen gleich gut. War das wieder ein interessanter Tag!
Da vergesse ich fast, das war lustig: Auf dem gestrigen Weg auf Abfahrt, sass ich im Daladala vorne beim Fahrer wartend. Ich ergatterte durchs Fenster ein Vanilleeis. Nach einer Weile fällt ein regelmässiges tiefes aufsteigendes und verebbendes Gebrummel auf. Mmh, was sagt Frau dazu: Links entfernt sitzt eine Horde Männer im Schatten und beobachtet kommentarlaut, als wäre ich – mmh – ein Fussballspiel! Na denn! Ein paar stichelnde laute Gesten auf beiden Seiten. Ich darf hinzubemerken, dass es keinesfalls um anstössige Gedanken ging. Es war die schlichte Freude, dass eine Frau sich ein Eis gönnt! Dennoch, ausgleichend gerecht finde ich die Szene in Kageye. Während des Rundgangs stehen wir ungewollt in einer starkbefahrenen Ameisenstrasse. Mir selbst krabbeln die kleinen Wesen nicht die Mzungu-Beine herauf, sie bevorzugen dunkle Haut. Folglich tanzen vor mir drei kratzend hüpfende Männer, welche zur endgültigen Befreiung die Hosen runterlassen!
Days fly. Der Abschluss gebührt üblicherweise dem Abendessen bei Mary in Kiseke PPF. Auf dem Weg dahin erfreut mich bei dem einen Anwesen eine warme, liebevolle Stimme. Sie klingt aus dem dunkeln (N)Irgendwo; mal von rechts, mal von links. Vollmondnah erhält sie einen schemenhaften Umriss: Ein älterer hagerer Mann in langem Bubu, der mir nachtblindes Huhn irgendwas in Swahili wünscht… Asante sana na Lala salama, danke und schlaf gut.
Ein Frischwarestand
Meine (bisherigen) permanenten Stars
Mary Consolata Kalikawe-Kalemera: ein Goldschatz! Eine Fighterin, unermüdlich, grosszügig, herzlich. Die 55-jährige ist Mutter zweier leiblicher erwachsenen Kinder, welche beide Design studierten (Aaron im IT-Graphikbereich lebt momentan in den USA, Kemi designed erfolgreich mit eigenem Modelabel in Dar-es-Salam). Mary lacht gerne, lässt sich gerne zum Lachen bringen, sucht jeden Tag xmal ihre Autoschlüssel und es sprudeln unendlich Gedankenblitze aus ihr. Das haben wir gemeinsam: Das ideenreiche Mundwerk. Mit ihren hundert auferlegten Aufgaben ist Vieles im allerletzten Moment und gesetzt unwichtig, drüber perfekt fertig - eine überaus souveräne Geschäftsfrau. Auch ihr soebiges Rumrennen in Dar lohnte sich: In der nationalen Tagesschau werden von der Medienkonferenz ungeschnittene zwei Minuten ihrer Rede übertragen.
Mary gründete vor neun Jahren Kiroyeratours & Consulting. Der Name entstand als Akronym aus Ekiro und Kyere: ’Licht ins Dunkel bringen’. Das Programm Ehrensache: Propoor-, Cultural-Tourism, Wildlife Ecology and Environment Conservation, Education and Training, Event Planning, Business Skills. Kiroyeratours startete in Marys Heimatstadt Bukoba (die Fährenüberfahrt entfernt). Ihr Business gewann (inter)nationale Preise, neben Marys Nomination unter den Top 10 African Business Women PAWII Pan African Women Invent and Innovation 2005. 2006, best Cultural Tourism Company by Tanzanian Cultural Trust Found Zeze Award; 2006 the UN Habitant MILGAP award for East Africa; 2004 international Tourism Trophy in Madrid Spain, etc. Von Anfang an weible ich mit, nun in Mwanza Fuss zu fassen. Mit Mary zu diskutieren, Ideen auszutauschen, vergnügt Szenen zu kreieren und vorzusprechen, erfüllt uns beide mit enorm Power. Nach jedem Meeting, nach jeder Tour, habe ich begeisternde Gedanken. Mary sinniert bedauernd, dass ich nur sechs Monate hier sei. „Obwohl ich nach zwei Wochen