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sagte er von den endlosen Diskussionen der letzten Tage zermürbt, „du brauchst sie!“

      „Ich brauche niemanden!“, erwiderte der König trotzig und Wilhelm stieß die Luft schnaubend aus.

      „Niemand wird das verstehen oder auch nur das geringste Verständnis für deine Entscheidung aufbringen!“, warf Richard ihm wieder vor und Henry fuhr von seinem gepolsterten Stuhl hoch.

      „Sie hat mich auf das Schändlichste hintergangen und betrogen! Und das ist in meinen Augen Hochverrat!“, brüllte er seine beiden engsten Verwandten an. „Sybilla wollte mir ein Kind unterjubeln! Soll ich das einfach so hinnehmen? Mit den Schultern zucken und sagen: Ach was solls, kann ja mal passieren“, sagte er gespielt lässig und winkte mit beiden Händen zynisch lächelnd ab.

      „Nein, selbstverständlich nicht“, erwiderte Wilhelm genervt.

      „Ach!“

      „Aber wie willst du es begründen? Offiziell hast du doch jetzt einen Erben und alle Welt denkt, es wäre alles in bester Ordnung zwischen euch beiden“, versuchte Wilhelm es erneut und Henry wandte sich verbittert um.

      „Ich kann ihr das nicht verzeihen, ihnen beiden nicht“, raunte er tief getroffen. „Die beiden Menschen, die mir das liebste waren, haben mich betrogen. Ich habe ihnen vertraut und sie haben mich beide verraten“, sagte er, sich wieder zu ihnen umdrehend und sah sie mit feuchten Augen an.

      Sein Onkel ging rasch zu ihm und umarmte ihn fest. „Ich kann mir gut vorstellen, wie sehr dein Herz schmerzen muss und es zerreißt auch mich, glaube mir“, murmelte er nahe an Henrys Ohr. „Es muss ein furchtbarer Schock für dich gewesen sein und dennoch bin ich der gleichen Meinung wie Wilhelm. Du kannst doch deine Königin nicht einfach scheinbar grundlos wegen Hochverrates anklagen und hinrichten lassen. Bitte Heinrich, es geht hierbei auch um dich! Du hast Wilhelms Sohn bereits öffentlich als euer legitimes Kind ausgegeben und jedermann denkt, es wäre dein rechtmäßiger Erbe. Du kannst Sybilla nicht mehr anklagen, bitte, sieh das doch ein“, beschwor er ihn nochmals.

      Henry entwand sich aus der Umarmung, drehte sich um und stützte sich mit beiden Händen am Kaminsims ab. „Ich kann jeden anklagen! Und niemand hat das Recht, meine Entscheidungen anzuzweifeln!“, bekräftigte er seinen Standpunkt erneut.

      „Und gibst damit deinen Gegnern einen wirklich guten Grund, wieder gegen dich zu rebellieren“, entgegnete sein Bruder hämisch. „Verdammt Heinrich! Du spielst Rudolf damit in die Karten, warum kapierst du das nicht?! Er wird sich mit Savoyen verbünden und Satorius lacht sich ins Fäustchen! Die warten doch nur darauf, einen Grund für einen Krieg gegen dich zu finden! Die Savoyer lieben ihre Königin, weil sie eine von ihnen ist! Aber dich, würden sie lieber heute als morgen, zum Teufel jagen!“, fuhr er nun wirklich ärgerlich fort.

      Richard stieß einen schweren Seufzer aus. „Hast du eigentlich einmal Sybilla selbst dazu befragt?“, fragte er vorsichtig.

      „Er hat noch kein einziges Wort seither mit ihr gewechselt“, antwortete Wilhelm ungehalten und Henry drehte sich wütend zu ihnen um.

      „Und das werde ich auch nicht!“, zischte er, was Richard entnervt die Hände in die Luft werfen ließ.

      „Du willst ihr also nicht einmal die Chance geben, sich zu erklären! Höre sie wenigstens einmal an und dann kannst du immer noch eine Entscheidung treffen! Verdammt, sie liebt dich! Sie hat immer nur dich geliebt und stand immer zu dir oder denkst du wirklich, dass sie in all den Jahren nichts von deinen abwegigen Liebeleien ahnte?!“, fragte er verständnislos.

      Der König senkte daraufhin kurz das Haupt und schnaubte nur auf seine spöttische Art. Richard kratzte sich verlegen die gerunzelte Stirn und atmete erst einmal tief durch, um sich wieder zu beruhigen. „Und was geschieht mit Amanoue?“, fragte er leise, Henry hob den Blick und sah ihn mit verengten Augen an. Maßlose Wut, aber auch tiefe Trauer spiegelten sich darin wider und so war es nun Richard, der vor ihm den Blick niederschlug.

      „Ich will nicht über ihn sprechen“, hörte er Henry antworten und der Schmerz war deutlich herauszuhören.

      „Er hat ihn eingesperrt, seitdem“, antwortete Wilhelm stattdessen.

      „Aber das geschah doch schon vor Wochen!“, entfuhr es Richard regelrecht erschrocken. „Seit der Geburt? Du hast ihn seitdem eingesperrt? Das war Anfang Dezember und jetzt haben wir Januar“, hängte er fassungslos daran.

      „Du hast dir ja auch reichlich Zeit gelassen“, erwiderte Henry zähneknirschend.

      „Ich konnte doch nicht ahnen, was hier los war! In der Nachricht stand nur, dass ich so schnell wie möglich zurückkommen sollte! Und sie war von deinem Bruder“, verteidigte sich sein Onkel und Wilhelm verdrehte die Augen neben ihm. „Außerdem brauchte der Bote eben auch seine Zeit…“

      „Ja, genau! Ein paar Tage, hin und zurück! Und du hast erstmal eine Woche überlegt, um überhaupt zu antworten! Oder war der zu Fuß unterwegs?“, brummte Henry schnippisch zurück.

      Richard schnaufte laut aus. „Ich war eben noch immer etwas wütend, über deinen liebevollen Hinauswurf“, rechtfertigte er sich höhnisch. „Ist doch selbstredend, dass ich den Boten ausgefragt habe und der erklärte mir lediglich, dass ihre Majestät einen gesunden Jungen zur Welt gebracht hätte und es ansonsten nichts zu berichten gäbe! Ich konnte doch nicht ahnen, was hier wirklich los war!“

      Wieder rollte Wilhelm mit den Augen. „Ihr zwei seid beide solche…“, raunte er dazwischen, zwang sich dann aber zur Ruhe und winkte schließlich nur noch ab.

      „Was?“, fuhr Henry ihn an, „Arschlöcher?!“

      Wilhelm hob überrascht die Augenbrauen und nickte tatsächlich. „Ja, dass auch! Ich wollte es eigentlich nicht so derb ausdrücken, aber ja, ihr seid beide manchmal echte Arschlöcher und beide vom gleichen Schlag! Müsst ihr ausgerechnet jetzt die beleidigten Leberwürste spielen? Wir haben echt andere Sorgen, als euren angekratzten Stolz! Seht mich nicht so schockiert an, es ist so! Und ich habe allmählich echt die Schnauze voll davon! Seit Jahren sehe ich mir das jetzt schon mit an! Ihr streitet euch wegen jedem Furz und liegt euch gleich darauf wieder in den Armen! Jetzt ist Schluss damit! Du bist jetzt da und wir sollten nun endlich eine Lösung finden! Und du“, wandte er sich direkt an Henry, „wirst dich endlich wieder wie ein vernünftiger Mensch benehmen, mit dem man ein vernünftiges Gespräch führen kann! Zu deiner Erinnerung, du bist hier nicht nur ein gewöhnlicher, gehörnter Ehemann, sondern auch unser aller König und trägst damit die Verantwortung für uns alle! Und deshalb musst du erst recht deine Gefühle hintenanstellen! Du wirst Sybilla zumindest die Chance einer Verteidigung lassen und wir drei werden über sie urteilen! Außerdem interessiert es mich brennend, wie es dein kleiner Lustknabe angestellt hat, sie flachzulegen“, meinte er und schüttelte auch gleich geradezu ungläubig den Kopf darüber.

      Henrys Brust war mit jedem seiner Worte mehr angeschwollen und er stand kurz vor dem Platzen. „Richtig, ich bin euer König und somit verbiete ich dir, so mit mir zu reden! Was fällt dir ein?!“, brüllte er seinen jüngeren Bruder an, doch der verzog nur gelangweilt das Gesicht.

      „Jetzt geht das wieder los“, murmelte er genervt vor sich hin. „Gut, wenn es dir danach besser geht, brüll mich an oder wirfst du mich jetzt auch raus?“, meinte er relativ gelassen.

      „Heinrich, Wilhelm hat recht, lass uns nicht länger streiten und unseren Groll beiseitelegen“, lenkte wenigstens Richard ein und streckte ihm die rechte Hand entgegen. „Es tut mir leid, bitte vergib einem störrischen alten Mann“, sagte er geknickt.

      Henry holte tief Luft, atmete geräuschvoll aus und drehte sich zierend hin und her. „Du hast mich zutiefst verletzt und warst nicht da, als ich dich am nötigsten gebraucht hätte“, grummelte er und wieder wurden seine Augen feucht. „Ich kann einfach nicht mehr“, gestand er leise und schon lagen sie sich in den Armen.

      „Jetzt bin ich ja da, ist schon gut“, versuchte sein Onkel ihn zu trösten und klopfte ihm den Rücken, während Henry leise schluchzend nickte.

      „Wie konnten sie mir das antun, wie konnte

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