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weitergaben, war hörbar und sichtbar. Die gelösten, glücklichen Engelsgesichter spiegelten sich im matten Kerzenschein, entschwebt in himmlische Sphären, wider.

      Diese ausschweifenden Spiele hatten ihm immer viel Freude und Vergnügen gemacht. Es war für ihn ein schöner, erfüllter Lebensabschnitt, der ihn strapazierte und oft bis an die Grenzen erschöpfte. Ihm gefiel es, wie unbekümmert und ohne Leistungsdruck sie ihren Lebensinhalt verdienten. Sie dealten, malten und verkauften ihre Bilder und ihre gehäkelten Kleider und Wohnungsdekorationen aus Stoffresten am Flohmarkt. Um sich ihren Lebensunterhalt aufzubessern, gründeten sie eine Theatergruppe und spielten Theater in schummrigen, rauchigen Kellern mit roten Lichtern, schweren dunklen Samtvorhängen und schwarzen Ledergarnituren, wo allerhand leicht bekleidete Mädchen und Frauen aller Nationen ihrem Geschäft nachgingen. Die Freier schienen alle Stammkundschaften zu sein, denn sie wurden alle von den Mädchen und Frauen namentlich freundlich begrüßt und geduzt wie ein Familienmitglied.

      Nach einer Weile zog diese Gruppe der selbstlosen Halbengel nach Indien, um billiger Marihuana konsumieren zu können. Patrik Lerner blieb zurück und musste sich um eine neue Einkommensquelle bemühen.

      Angelique, eine Rumänin, die älteste Prostituierte in dem Lokal, wo sie zuletzt Theater spielten, mit ihrer Vorliebe für blutjunge Lustknaben, tröstete ihn über den Trennungsschmerz hinweg, stillte wie eine unersättliche Raubkatze seine Begierde und gewann sein Herz, indem sie es sich täglich erkaufte. Sie nannte sich Angelique, denn ihren rumänischen Namen konnte niemand aussprechen. Ihr jugendlicher, naiver Liebhaber, den sie mit Sex und Geld an sich binden und hoffentlich wie ein Schoßhündchen gefügig machen und nach ihren Vorstellungen formen konnte, gefiel ihr. Sie bezahlte ihn auch dafür, um bei ihm Trost zu finden, wenn es ihr schlecht ging. Er sollte ihr Schutzschild sein, damit sie nie mehr von einem aggressiven Zuhälter, so wie von ihrem vorherigen Zuhälter, Schurli das Adlerauge genannt, geschlagen werden würde. Patrik sollte auch als Beschützer herhalten, da sie Angst hatte, Schurli würde zurückkommen.

      Patrik zog bei Angelique ein. Pünktlich stand sie an ihrer Straßenecke, wo die Wagen anhielten und wo sie gespielt fröhlich schäkernd sich um die verschiedensten Männer bemühte, den Preis festlegte und in ihren Wagen stieg. Stets unter den wachsamen Augen von Patrik, der im naheliegenden Spielcasino spielte, währenddessen er im Geiste ihr verdientes Geld vor sich sah. Und so hatte Patrik plötzlich ohne eigenes Dazutun Geld wie Heu und warf es mit beiden Händen beim Fenster hinaus. Mittags trafen sie sich in ihrer Wohnung, wobei er ihr genau vorrechnete, wie viel Geld sie heute zu erbringen gehabt hätte und ihm geben müsse.

      „Wieso hast du so wenig Geld gemacht“, nörgelte er öfters.

      Manches Mal jammerte sie, das Geschäft gehe schlecht, die Kunden blieben aus, sie stehe sich die Beine in den Bauch für wenig Geld. Oder der Freier wäre, ohne zu zahlen, davongefahren.

      Eines Tages traf er im Spielcasino Fredy wieder, welcher damals mit ihm beim Einbruch Schmiere stand und jetzt als Zuhälter gut lebte. Mit den Worten „Servus, du alter Sacklpicker. Wie viele Papierstanitzel hast du im Häfen geklebt?“, begrüßte er Patrik. Dann hatte Fredy gelacht und ihm freundschaftlich auf die Schulter geklopft. Damit erinnerte er ihn an seinen Gefängnisaufenthalt, was Patrik unangenehm war. „Du bist ein guter Haberer. Gut, dass du nicht gesungen und mich nicht verraten hast. Wie geht es dir, du alter Strizzi?“, lachte Fredy schadenfroh. Als Patrik sein schadenfrohes Lachen sah, hätte er ihm am liebsten eine geknallt. „Freue dich nicht zu früh. Du bist in meiner Hand. Eines Tages bekommst du die Rechnung für mein Schweigen. Du stehst lebenslänglich in meiner Schuld dafür, dass ich dich nicht verpfiffen habe und du nicht ins Häfen gehen musstest. Mein Schweigegeld ist noch zu bezahlen.“ Fredy nickte ergeben. Somit waren die Fronten zwischen ihnen geklärt und sie feierten fröhlich ihr Wiedersehen.

      Fredy war bemüht, irgendwie seine Schuld gutzumachen und führte Patrik wie zum Dank für sein Stillschweigen, wichtigtuerisch wie ein Mafiapate, in seine anrüchige, glitzernde Welt ein. Und so ging Patrik abends in Clubs, spielte, besoff sich in dieser scheinbar leichtlebigen Welt und vergnügte sich mit wichtigtuerischen, prahlerischen Männern mit Decknamen und mehreren gefälschten Reisepässen und Führerscheinen in den schillernden Spielhöllen. Ihre richtigen Namen kannte keiner. Manche hatten muskelbepackte Bewacher in weißen Hemden, Krawatten und dunklen Anzügen, andere hatten Chauffeure, welche dunkle Limousinen mit dunklen Fensterscheiben lenkten. Bald rauchte Patrik dicke Havanna-Zigarren und kleidete sich genauso in elegante Anzüge, um dazuzugehören. Unter den tätowierten Zuhältern, Junkies und sonstigen Gangstern mit ihren dubiosen Geschäften fühlte er sich durch Angeliques Geldsegen bald angenommen und ihresgleichen. Diese Welt mit ihren schillernden Gottheiten in ihrem vorgegaukelten Kokon in einer für Außenstehende undurchsichtigen Scheinwelt wurde seine wirkliche Heimat. Als lebe er fortan auf einer Insel der Seligen, wo Anführer von Schlägertrupps beschützt, skrupellos ihre unantastbare Macht ausübten, um Schwächere zu unterwerfen, als Opfer in ihrem Netz gefangen zu halten, auszubeuten und lebenslang abzusahnen, trachtete Patrik, dieses anrüchige Handwerk ebenfalls zu erlernen.

      Von Frauen sprachen sie wie für sie extra geschaffene, willenlose, sprudelnde Geldautomaten. Patrik Lerner vergötterte diese Herrscher, war ihr gelehriger Schüler, und lebte bald wie ihresgleichen in seiner eigenen Traumwelt. Morgens kam er von den Spielcasinos heim, schlief ein paar Stunden und ging bald wieder ins Spielcasino. Infolge des täglichen Geldflusses seiner Angelique war er praktisch in allen unanständigen Spelunken ein gern gesehener Stammgast, da er sehr spendabel war. In jeder zwielichtigen, dunklen Bar stand für ihn als Stammkunde eine Zigarrenschachtel mit seinen teuren Lieblingszigarren bereit. Sobald er eintrat, warf er, um Aufmerksamkeit bemüht, schwungvoll seinen Hut auf einen etwa zwei Meter weit entfernten Haken und alle klatschten Beifall, wenn er traf.

      Patrik hätte nicht glücklicher sein können. Nur nichts versäumen im Leben und alle Annehmlichkeiten auskosten bis zum letzten Tropfen. Trinkfest wie er war, in eine Alkoholwolke gehüllt, gewann er durch den täglich wie von selbst wachsenden Geldsegen und seine Großzügigkeit viele neue dunkle Gestalten als Freunde, welche ihm schmeichelten. Dass keine wahren Freunde darunter waren, störte ihn nicht. Dazugehörig zu einer einflussreichen, frivolen Clique, gewann er immer mehr Selbstbewusstsein. Richtig nüchtern wurde er nie. Das Geld ging Patrik nie aus. Er brauchte nur ein trauriges Gesicht zu machen und mit den Fingern schnipsen, schon spuckte sein Goldesel Angelique Geld aus.

      Und dennoch überkam ihn öfters das beklemmende Gefühl, der tägliche Geldsegen könnte versiegen. Um wie durch eine Lebensversicherung garantiert Sicherheit zu haben und versorgt zu sein, bat er deshalb Angelique, seine Frau zu werden.

      Die Heirat als Deal für die beiderseitigen Interessen und Garant für eine gute Zukunft sollte beide begünstigen. Der Wink war von Angelique gekommen. Damals, als sie ihn mit einem treuherzigen Augenaufschlag anschaute und flötete: „Wärest du bereit, mit mir ein gemeinsames Leben zu beginnen? Ich könnte weiter für dich anschaffen gehen, nur ein paar seriöse Kunden behalten und du hättest ein sorgenfreies Leben neben mir. Du selber brauchtest dabei nichts zu unserem Lebensunterhalt beitragen“, war er angenehm überrascht. Ihr Angebot hatte ihn wie ein Ritterschlag geadelt und geehrt.

      Dennoch hatte er sie unsicher und abschätzend angeschaut. Sie war älter, wie lange konnte ihn diese alte Nutte noch nützlich sein und ihn versorgen? Wie lange wird sie mir gefügig sein? Würde sie bald krank werden und ihn damit belästigen und auf der Tasche liegen? Aber es war im Moment besser die Katze im Sack zu haben als gar keine. Und so machte er ihr seine Sicht der Dinge klar.

      „Wenn du willst, können wir heiraten. Du gehst anschaffen, bringst das Geld nach Hause, dafür bekommst du von mir meinen österreichischen Familiennamen und die österreichische Staatsbürgerschaft. Das ist es doch, was du willst. Außerdem wirst du durch mich beschützt. Somit bringe ich das größere Kapital in unsere Gemeinschaft ein“, erklärte Patrik, auf ein immerwährendes, luxuriöses Leben hoffend. Hauptsache, er hatte ausgesorgt.

      „Die Regeln bestimme ich. Ich habe die Macht in Händen. Ich bin dein Hauptgewinn, dein Lustknabe, als hättest du mich wie einst Nero im Kegeln bei Alle Neune gewonnen. Allerdings hat Nero an einem Abend dreißig Knaben gewonnen“, zwinkerte er ihr verführerisch zu. „Wenn du nicht spurst, lasse ich mich scheiden

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