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ist nichts mehr so, wie es einmal war.“

      „Natürlich nicht, Hedwig. Das brauchst Du mir am Allerwenigsten zu sagen...“

      „Entschuldige, Paul.“

      „Ist schon in Ordnung. Nur: Hedwig, der Krieg ist jetzt beinahe zwanzig Jahre vorbei.“

      „Nein, Paul, dieser Krieg geht nie vorbei. Nicht für die, die ihn miterlebt haben.“

      „Sicher nicht, da hast Du Recht. Aber irgendwann muss man auch nach vorne schauen..

      „Wie meinst Du das?“

      „Hedwig, ich denke, wir haben uns beide verändert. Und zwar in Richtungen, die uns eher voneinander entfernen als das sie uns vereinen.“

      „Wenn Du das so siehst.“

      „Wie siehst Du es denn?“

      „Ich weiß es nicht, Paul. Ich weiß es einfach nicht.“

      „Ich denke, nein, ich weiß, Hedwig, dass ich noch einmal neu anfangen möchte. Unbelastet von den Kriegserlebnissen. Vielleicht ist es einfacher für uns beide, wenn wir erst einmal eine Zeit alleine leben.“

      „Eine Zeit?“

      „Ich möchte die Scheidung, Hedwig. Bitte sei mir nicht böse.“

      „Ich bin Dir nicht böse, Paul. Ich habe in den letzten Monaten auch das ein' oder andere Mal in diese Richtung gedacht.“

      „Bleiben wir Freunde?“

      „Ach, Paul, das wird kaum funktionieren, glaubst Du nicht? Dafür haben wir mittlerweile einfach nicht mehr genug Gemeinsamkeiten. Dafür denken wir in vielerlei Hinsicht zu unterschiedlich.“

      „Mag sein, Hedwig. Möchtest Du hier wohnen bleiben?“

      „Nein. Bleib' Du hier wohnen.“

      „Und wo willst Du hin?“

      „Du kennst doch Tante Gerda. Sie bewohnt ein Häuschen an der Ahr. Ihre Mieterin ist gerade ausgezogen.“

      „Es tut mir leid, dass es so gekommen ist, Hedwig.“

      „Mir auch, Paul. Mir auch.“

      31

      Noch am Tag des Anrufes von Giuseppe Scirelli lässt Dr. Rafael di Rossi seine Sekretärin einen Termin bei Klinikdirektor Dr. Maurizio Trafalgo vereinbaren.

      Dr. di Rossi kann es gar nicht erwarten, die Last, die seit dem Telefonat auf seinen Schultern liegt, loszuwerden und Dr. Trafalgo das Anliegen des Gönners vom Krankenhaus Santa Maria Nuova zu offenbaren.

      „Ciao, Dr. Trafalgo. Schön, dass Sie Zeit für mich haben.“

      „Was liegt Ihnen auf dem Herzen, Dr. di Rossi? Sie sehen sehr besorgt aus.“

      „Ich hatte einen Anruf von einem der Scirellis, von Guiseppe.“

      „Guiseppe Scirelli – ein flotter Bursche.“

      „Ein bisschen zu flott, würde ich sagen. Sie ahnen nicht, worum er mich gebeten hat.“

      „Ich bin ganz Ohr.“

      „Eine entfernte Verwandte der Scirellis ist schwanger, das Kind wird aller Voraussicht nach behindert zur Welt kommen.“

      „Traurig.“

      „Guiseppe möchte es ohne das Wissen der Mutter ins Pflegeheim geben.“

      „Der Familienstolz...“

      „Genau. Unglaublich, finden Sie nicht?“

      „Was will Scirelli denn von uns? Er braucht doch das Einverständnis der Eltern, wenn das Kind in ein Heim kommen soll.“

      „Die Eltern sollen nichts davon wissen.“

      „Bitte?!“

      „Er will das, ohne das die Eltern davon etwas mitbekommen, in die Wege leiten.“

      „Wie will er das denn anstellen?“

      „Indem er den Eltern sagt, das Kind sei bei der Geburt gestorben.“

      „Das kann er nicht machen. Denkt er nicht an das Leid der Eltern?“

      „Offensichtlich nicht.“

      „Ich weiß nicht, ob wir den Scirellis diesen Gefallen tun können. Ich muss darüber nachdenken.“

      „Darüber nachdenken? Das heißt: Sie ziehen es in Erwägung, auf Guiseppes Forderung einzugehen?“

      Dr. Trafalgo rutscht ein wenig in seinem Sessel hin und her und lässt den Kopf auf die Brust sinken.

      Ohne Rafael di Rossi anzuschauen sagt er leise:

      „Wissen Sie eigentlich, wie viel Geld die Scirellis uns über verschiedene Wege haben zukommen lassen? Wie sehr sie Behörden und Ämter zu unseren Gunsten beeinflusst haben?“

      „Die Details kenne ich nicht, nein.“

      „Würden Sie sie kennen, würden Sie vielleicht anders denken.“

      „Das glaube ich mitnichten.“

      „Ohne die Unterstützung der Scirellis würden viele Arbeitsplätze hier im Krankenhaus gar nicht existieren. Vielleicht auch Ihrer nicht, Dr. di Rossi.“

      „Das rechtfertigt es nicht, einer Mutter ihr Kind wegzunehmen und es für tot zu erklären.“

      „Dem Kind passiert doch nichts.“

      „Dem Kind passiert nichts, nein?! Nur der bedauerliche Umstand, dass es ohne seine Eltern aufwächst. Und haben Sie auch einmal an die Mutter gedacht, die man glauben macht, das Kind sei verstorben? Können Sie sich vorstellen, wie das die junge Frau trifft? Wahrscheinlich ist ihr ganzes Leben zerstört.“

      „Sie ist blutjung und kann ohne Probleme wieder Mutter werden.“

      „Woher wollen Sie das wissen?“

      „Aller Wahrscheinlichkeit nach ist es so.“

      „Dr. Trafalgo, mich werden Sie von der Sache nicht überzeugen können, soviel steht fest.“

      „Das brauche ich auch nicht, Dr. di Rossi.“

      „Ich weiß.“

      32

      Nachdem die Krupcic-Brüder und ihr Cousin sich in einem kleinen Lokal etwas abseits der Hauptstraße gestärkt haben, treten sie den Rest des Heimweges an.

      Es ist schon dunkel, als sie mit Ante das Elternhaus bei Novi Sad erreichen. Trotzdem ist deutlich zu erkennen, was hier in den letzten Monaten passiert ist.

      „Ich kann nicht glauben, was ich da sehe, Ante. Wie um Himmels Willen seid Ihr denn so schnell vorangekommen?“, Borna schaut mit großen Augen auf das Haus der Eltern.

      „Die ganze Familie hat geholfen. Und dank Eurem Geld konnten wir viel mehr Baumaterial kaufen, als wir gedacht hatten.“

      „Aber dass es so schnell geht, hätte ich nie gedacht. Der Rohbau für das Nebenhaus steht ja schon.“

      „Nicht nur das. Sogar der Fußboden ist schon gelegt. Und der Wasseranschluss ist auch schon geplant.“

      Borna kommen die Tränen. Er hat die Kriegsjahre noch nicht vergessen, in denen Armut überall im Land herrschte und sich die Krupcics in diesem Haus mehr schlecht als recht über Wasser hielten.

      „Ist denn unser Kinderzimmer noch so, wie es war?“ fragt Davor.

      „Selbstverständlich. Eure Mutter haut doch jedem, der in Eurem Zimmer etwas verändern will, auf die Finger...“

      „Unsere Majka...“, sagt Borna lächelnd und schüttelt den Kopf.

      Am

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