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meisten NCD-Todesfälle verantwortlich, das entspricht 17,9 Millionen Menschen jährlich, gefolgt von Krebserkrankungen (9,3 Millionen), Atemwegserkrankungen (4,1 Millionen) und Diabetes (1,5 Millionen).

       Diese vier Krankheitsgruppen sind für über 80 % aller vorzeitigen NCD-Todesfälle verantwortlich.

       Tabakkonsum, körperliche Inaktivität, schädlicher Alkoholkonsum und ungesunde Ernährung erhöhen das Risiko, an einer NCD zu sterben.

       Erkennung, Screening und Behandlung von NCDs sowie Palliativmedizin sind wichtige Bestandteile der Antwort auf NCDs.

       Nichtübertragbare Krankheiten (NCDs), die auch als chronische Krankheiten bezeichnet werden, sind meist von langer Dauer und das Ergebnis einer Kombination aus genetischen, physiologischen, umweltbedingten und verhaltensbedingten Faktoren.“ [Ü. d. A.] 1.1/1 Factsheet WHO NCD

Die WHO weist auf den rasanten Anstieg dieser Erkrankungen hin und warnt vor einer epidemiologischen und ökonomischen Krise.

      Chronisch krank in Deutschland

      2020 veröffentlichte das Frankfurter Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität die Studie Chronisch krank sein in Deutschland – Zahlen, Fakten und Versorgungserfahrungen. Sie ergab unter anderem:

       Insgesamt gaben 18 Millionen von 42 Millionen (ca. 43 %) Frauen an, dass sie chronisch krank seien.

       Befragungen von Frauen im Alter von 18–29 Jahre ergaben, dass 20,8 % mindestens eine chronische Erkrankung haben und 58,3 % der Frauen über 65 Jahre.

       Insgesamt gaben 15,5 Millionen von 41 Millionen (ca. 38 %) der Männer an, dass sie chronisch krank seien.

       Befragungen von Männern im Alter von 18–29 Jahre ergaben, dass 17,5 % mindestens eine chronische Erkrankung haben und 55,3 % der Männer über 65 Jahre. 1.1/2 Güthlin et al.

      Grundsicherung und Krankheit

      Das statistische Bundesamt teilte im April 2019 mit, dass im Dezember 2018 über eine Million Personen ab 18 Jahren Leistungen der Grundsicherung erhielten. 1.1/3 Stat. Bundesamt Knapp die Hälfte davon, 48,1 Prozent, erhielt die Leistung aufgrund einer dauerhaft vollen Erwerbsminderung aufgrund von Krankheit oder Behinderung.

      Gesundheit der Bevölkerung nimmt ab

      Auch wenn Statistiken immer in einem Gesamtzusammenhang bewertet werden müssen und viele Komponenten eine Rolle spielen – es ist kaum widerlegbar, dass die Gesundheit in der Gesamtbevölkerung abnimmt.

Zum einen müssen immer mehr (Chronisch) Kranke und ältere Menschen versorgt werden, zum anderen nimmt die Zahl der Menschen, die so gesund sind, dass sie den eigenen Unterhalt erarbeiten können, stetig ab.

      Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften/AWMF veröffentlichte 2018 ein Strategiepapier: Medizin und Ökonomie: Maßnahmen für eine wissenschaftlich begründete, patientenzentrierte und ressourcenbewusste Versorgung. Darin merken die Autoren an:

      „Die Einnahmebasis der umlagefinanzierten GKV wird längerfristig durch den steigenden Anteil nicht mehr Erwerbstätiger/Rentner geschwächt, insbesondere ab Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“). Dies erfordert einen sehr bewussten Umgang mit knapper werdenden Ressourcen.“ [Quellenhinweise im Originaltext] 1.1/4 AWMF

      Die akuten Infektionen durch COVID-19 stellen derzeit eine zusätzliche Belastung des Gesundheitssystems dar. Dazu kommen die Langzeitfolgen der Pandemie, die Post-COVID, bzw. die Long-COVID-Patienten. Deren Anzahl ist unklar, Experten schätzen, dass allein in Deutschland mit rund 370.000 Betroffenen zu rechnen sei, überwiegend im berufstätigen Erwachsenenalter. Die meisten sind vorübergehend oder möglicherweise dauerhaft arbeitsunfähig.

      1.1.1 Entstehungsfaktoren

      Die WHO verweist auf vermeidbare Risikofaktoren:

      „Durch die Bekämpfung der wichtigsten Risikofaktoren (Tabak- und Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Adipositas und eine Reihe von Umweltfaktoren) ließen sich mindestens 80 % aller Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Fälle von Diabetes sowie 40 % aller Krebserkrankungen verhindern.“ 1.1.1/1 WHO

      Auch das Robert-Koch-Institut verweist auf die Verantwortung des Einzelnen:

      „Nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes mellitus und Atemwegserkrankungen sind die Haupttodesursache weltweit und auch in Deutschland. [...]

      „Präventionsansätze müssen den Einzelnen, seine Lebenswelt und die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen in den Blick nehmen“, betont RKI-Präsident Prof. Lothar H. Wieler. 1.1.1/2 RKI

      Zeitgenossenschaft

      Jeder Einzelne kann zur eigenen Gesundheit beitragen, indem er gesund lebt und sich entsprechend ernährt und bewegt. Der Einfluss der persönlichen Lebensgestaltung ist jedoch paradoxerweise gleichzeitig so wesentlich wie begrenzt.

      Die WHO informiert:

      „Ein Fünftel aller Todesfälle in der Europäischen Region, insbesondere infolge von Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Krebserkrankungen, ist auf Umwelteinflüsse wie Luftverschmutzung oder chemische und physikalische Agenzien zurückzuführen.“ 1.1.1/3 WHO

      Wer an Asthma leidet, wird jedoch selbst mit den besten Rechtsanwälten die Verursacher von Feinstaub kaum in Regress nehmen können. Wer mit hormonwirksamen Weichmachern belastet wurde, wird kaum nachweisen können, durch welche konkreten Materialien dies geschah. Wenn Pestizide im Organismus nachweisbar sind, kann schwerlich der Bauer belangt werden, der diese verwendet hat und auch die Hersteller berufen sich darauf, dass die Kausalität nicht zweifelsfrei nachzuweisen sei. Auseinandersetzungen vor Gericht gehen oft über Jahre.

Der Geschädigte muss nachweisen, wodurch und von wem er geschädigt wurde, während Hersteller nicht zwingend die Unschädlichkeit ihrer Produkte nachweisen müssen.Wir leben in einer industrialisierten Um- und damit auch mit einer industrialisierten Innenwelt, aber offenbar ist niemand verantwortlich für Schäden an Menschen, Tieren und Pflanzen, die durch unseren gemeinsamen Lebensraum entstehen.

      Syndemie

      Richard Horton ist Chefredakteur der international renommierten Wissenschaftszeitschrift The Lancet. Mit der provozierenden Überschrift COVID-19 is not a pandemic/auf Deutsch COVID-19 ist keine Pandemie machte er im September 2020 darauf aufmerksam, dass die derzeitige Corona-Pandemie einen grundsätzlich anderen Charakter habe als die Seuchen vergangener Jahrhunderte. Horton bezeichnet die Pandemie deshalb als „Syndemie“. Dieser Begriff geht auf Merrill Singer zurück und umfasst biologische und soziale Wechselwirkungen, die für Prognosen, für die Behandlung und für die Gesundheitspolitik wichtig sind.

Die Infektionskrankheit COVID-19 trifft auf Epidemien ohne Infektion – die nichtübertragbaren Zivilisationserkrankungen.

      Aktuelle Studien zeigen, dass schwere COVID-19-Krankheitsverläufe mit vier Vorerkrankungen zusammenhängen: Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und Herzinsuffizienz. 1.1.1/4 O’Hearn et al. Weitere Studien zeigen, dass Umweltbelastungen wie Feinstaub und prekäre Wohn- und Arbeits-Verhältnisse Effekte auf den Verlauf der COVID-19-Erkrankung zeigen.

      Richard Horton erklärt:

      „Im Fall von COVID-19 ist die Bekämpfung von NCDs eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Eindämmung. [...] Die Bekämpfung von COVID-19 bedeutet, sich mit Bluthochdruck, Fettleibigkeit, Diabetes, Herz-Kreislauf- und chronischen Atemwegserkrankungen sowie Krebs zu befassen. [...]

      Solange Regierungen keine Strategien und Programme entwickeln, um tiefgreifende Ungleichheiten umzukehren, werden unsere Gesellschaften niemals wirklich COVID-19-sicher sein.“ [...] Die Betrachtung von COVID-19 als Syndrom wird zu einer größeren Vision einladen, die Bildung, Beschäftigung, Wohnen, Ernährung und Umwelt umfasst. COVID-19 nur als Pandemie zu betrachten, schließt eine solche breitere, aber notwendige Perspektive aus.“ [Ü.d.A.] 1.1.1/5 The Lancet

⇒ Weitere InformationenDie Gesundheitsstudie NAKODie

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