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lachte verbittert.

      „Ich habe schon so viel falsch gemacht, dass es für zwei Leben reicht. Also habe ich die Hoffnung, dass es hier besser läuft.“

      „Du wurdest strafversetzt. Mehr weiß ich nicht, aber es ist auch nicht wichtig. Wir sind jetzt Partner und werden uns kennenlernen. Ich zeige dir jeden Tag meine zauberhafte Seite und du mir deine.“

      Das Lachen, das über seine sanften Lippen kam und in den blauen Augen blitzte, war ehrlich und offen und so langsam fiel die Angst von Susanne ab.

      „Und wenn du irgendwann mal erzählen möchtest, was passiert ist, dann reden wir. Aber du musst nicht, okay?“

      „Einverstanden, danke. Du scheinst ganz nett zu sein.“

      „Uh, nett. Das lassen wir mal so stehen. Komm, ich zeige dir alles.“

      Sie liefen durch das Haus, rauf und runter, von links nach rechts und als Susanne im Keller auf eine Tür zuging, wurde Robin still und zögerte.

      „Das ist nur … das ist der Raum der Computer-Leute. Dort hat …“

      Susanne sah, dass Robin um Fassung rang und wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen, darum winkte sie ab.

      „Ich weiß, wie Computer aussehen. Keller mag ich nicht, lass uns wieder nach oben gehen. Was liegt denn heute an?“

      Robin war erleichtert, dass er Simons altes Büro nicht betreten musste. Er war immer mal wieder hier unten gewesen, aber hineingehen konnte er nicht. Der neue Kollege war jung, dünn, glatzköpfig und blass, eben ein echter Nerd, der aber gerne nach oben zu den anderen kam und seine Arbeit ruhig und bescheiden erledigte.

      Wieder im Büro erklärte Robin die Arbeitsabläufe, die sich nicht sehr von denen in Potsdam unterschieden. Dann klopfte es und Ferdinand kam, um sie nun offiziell zu begrüßen. Hinter ihm betrat ein gutaussehender blonder Mann im Anzug den Raum und sah sie düster an. Als sein Blick auf den Bildschirm des Computers fiel, zuckte er unmerklich zusammen, ging aber auf Susanne zu und gab ihr die Hand.

      „Willkommen in Eltville. Ich bin Eric Ströckwitz, der Staatsanwalt. Ich hoffe, Sie haben einen guten Start im schönen Rheingau.“

      Er lächelte, aber seine blauen Augen blieben voller Trauer. So, wie er direkt vor ihr stand, schien Eric nicht mehr arrogant zu sein, nein, er schien nur ernst und verschlossen. Sicher hatte der Tod seiner Freundin sein Herz versteinert. Susanne konnte es verstehen, aber sie ahnte auch, dass sie die Mauer, die fast sichtbar war, nicht durchbrechen würde. Nicht jetzt und auch später nicht. Sie fühlte die Distanz und war froh, als der Mann den Raum wieder verließ.

      „Was habt ihr geplant?“, fragte Ferdinand.

      „Ich denke, wir fahren mal ein bisschen herum und ich zeige der Kollegin die Stadt. Ist ja nicht viel los heute.“

      „Gut, meldet euch, wenn ihr wieder zurück seid. Und Ihnen einen guten Start.“

      Susanne nickte und folgte Robin fünf Minuten später zum Auto. Sie stiegen ein und eroberten Eltville auf vier Rädern. Ab und zu hielten sie an und Robin erklärte. Drei Stunden später machten sie Pause.

      „Es ist wirklich schön hier“, sagte Susanne, nachdem sie sich in einem Café eine heiße Schokolade bestellt hatte. „Ich hatte Bilder im Kopf von alten Leuten, Spießerleben und so. Aber nachdem ich Karin und Lia getroffen hatte, musste ich mein Bild von Eltville schon mal revidieren. Wo wohnst du? Auch hier?“

      „Ja, Eric und ich wohnen im selben Haus. Früher haben wir viel zusammen unternommen, aber jetzt hockt er ewig im Büro und zuhause schläft er nur. Die Geselligkeit fehlt mir.“

      „Als ich gestern mit meiner Vermieterin und ihrer Freundin zusammensaß, habe ich gespürt, wie wichtig es ist, jemanden zu haben. Und wenn es nur zum Reden ist. Ich weiß nicht, ob ihr mich in eurem Kreis haben wollt.“

      „Schauen wir mal, ich freue mich, dass du nicht allein herumhockst. Wir werden sehen, wie sich alles entwickelt. Mach dich nicht verrückt wegen Eric, er wird zwar nie wieder so sein wie früher, aber irgendwann taut er auf.“

      „Danke für deine offene Aufnahme, jetzt geht es mir schon viel besser. Nachher im Büro möchte ich das Hintergrundbild ändern, wenn ich darf.“

      Robin nickte. Es war soweit: Eine Neue nahm Biancas Platz ein.

      8

      Zwei Tage später fühlte sich Susanne schon viel besser. Robin war immer noch nett und seine Offenheit machte es ihr leicht, auf ihrer neuen Arbeitsstelle anzukommen. Der Krankenstand war hoch und so sprangen sie für ein paar Kollegen ein. Sie hatten zwei Einsätze gehabt, bei denen die Kommissarin sich im Hintergrund hielt. Robin schlichtete sachlich und souverän einen Streit unter Nachbarn, der eskaliert war, und beendete eine handgreifliche Auseinandersetzung am Rheinufer.

      Heute früh waren sie gemeinsam zu einem Einbruch zu einer Tankstelle in einen Nachbarort aufgebrochen. Susanne wollte eigentlich nur zusehen, aber dann überließ ihr Robin die Befragung des Geschädigten.

      „Können Sie uns die Aufnahmen der Kamera zeigen?“

      Der behäbige Mann schlurfte in das Hinterzimmer und Susanne folgte ihm. In der stickigen Kammer wurde ihr übel, aber sie hielt die Luft an und öffnete eigenständig das Fenster. Dann setzte sie sich an den Computer und sah sich die Überwachungsaufnahmen an. Zwei maskierte Menschen, allem Anschein nach Männer, hatten auf der Rückseite ein Fenster ein­geschlagen und bedienten sich an den Regalen, als wäre Schlussverkauf.

      „Es ist Samstag, war gestern Abend nicht eigentlich viel los? Und haben Sie nicht rund um die Uhr geöffnet?“

      „Wo kommen Sie denn her? Hier ist die Tanke nicht der Mittelpunkt des Lebens, ich schließe um zwanzig Uhr. Darum habe ich erst heute früh gesehen, was los ist.“

      „Ich komme aus einer Gegend, da ging es in den Tankstellen immer hoch her, besonders an einem Freitagabend. Es sollte auch kein Vorwurf sein“, entschuldigte sich Susanne, um nicht gleich bei der ersten Befragung unangenehm aufzufallen.

      „Haben Sie etwas gehört heute Nacht? Sie wohnen doch nebenan“, ertönte Robins Stimme hinter ihr.

      „Ich schlafe wie ein Stein, da höre ich gar nichts.“

      Robin sah sich auch nochmal die Aufnahmen der Kamera an, aber es war wenig aufschlussreich, denn die Qualität der Bilder war schlecht.

      „Zwei Männer, eher jung, denn sie bewegen sich zügig.“

      „Ja, das denke ich auch. Und sie haben die Kameras gesehen.“

      Robin sah Susanne an. Er nickte, die Frau wusste, was sie tat. Nun, er hatte es ja auch nicht mit einer Anfängerin zu tun, sondern mit einer gestandenen Polizistin. Anscheinend hatte sie etwas Schlimmes angestellt, sonst hätte man sie nicht versetzt, aber vielleicht würde sie ihm eines Tages davon erzählen. Er fühlte einen Draht zu ihr und wenn es weiter so gut lief, könnten sie gute Partner und Freunde werden.

      „Du hast recht, die Gesichter sind nicht zu erkennen und auch sonst nichts, was uns einen Hinweis auf die Täter gibt.“

      Er sah den Tankstellenbetreiber an.

      „Es tut mir leid, aber das wird dauern.“

      „Den Kram, den die mitgenommen haben, kann ich eh abschreiben. Was für eine Scheiße so kurz vor Weihnachten. Aber ja, die werden sowieso nicht gefasst. Die Polizei ist bei solchen Fällen total unfähig.“

      „Ähm …“, sagte Susanne mit grollendem Unterton, aber Robin schüttelte den Kopf.

      „Wir tun, was wir können. Wenn ich etwas weiß, melde ich mich. Kommst du, Kollegin?“

      Sie verließen die Tankstelle und machten sich auf den Weg in die Altstadt, um eine Kleinigkeit zu essen.

      Beim Kaffee fragte Robin: „Sag mal, du hast ihn angesehen, als würdest du ihm eine reinhauen wollen.“

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