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ist. Selbstverständlich aber stehen wir nun zwischen Galgen und Bastille, denn bei der herrschenden Freundschaft zwischen Frankreich und England auf Grund des neuen Handelsvertrags darf kein Wort darüber ruchbar werden, daß wir dem General Monk durch die Gefangennahme seines Schatzmeisters sozusagen das Messer an die Kehle gesetzt haben. Richtet euch also danach, wenn euch eure Hälse lieb sind. Und somit Gott befohlen!«

      Er entließ sie mit einer Handbewegung. – »Menneville!« setzte er hinzu, sich an jenen Mann wendend, den er bei dem Wagestück mehr als die andern ins Vertrauen gezogen hatte, »bleiben Sie noch einen Augenblick da. Ich habe Ihnen allein noch etwas zu sagen. Ich sah es wohl an Ihren Blicken, daß Sie meiner Erzählung keinen Glauben schenkten. Sie fürchten sich weder vor dem Galgen noch vor der Bastille, das weiß ich, aber tun Sie mir wenigstens den Gefallen, sich vor mir zu fürchten. Wenn ein unbedachtsames Wort über Ihre Lippen kommt, so schlachte ich Sie ab wie ein junges Huhn, verstanden? Ich habe die Absolution des heiligen Vaters in der Tasche.« – »Ich schwöre Ihnen, ich weiß nichts, Herr Chevalier,« antwortete Menneville, »und werde mich streng nach Ihrer Vorschrift richten.« – »Ich wußte, Sie haben Kopf und Herz auf dem rechten Flecke,« fuhr d'Artagnan fort; »hier diese fünfzig Taler, die ich Ihnen als Extrazugabe schenke, werden Ihnen beweisen, daß ich was auf Sie halte. Damit könnten Sie nun aber wirklich ein anständiger Mensch werden. Es ist eine Schmach, daß ein so tüchtiger Kerl und ein so guter Name auf immer vom Rost eines lüderlichen Lebenswandels bedeckt bleiben sollen. Werden Sie ein Mann, der keinen falschen Namen mehr zu führen braucht, und führen Sie erst mal von diesem Gelde ein Jahr lang ein anständiges Leben. Dann kommen Sie zu mir, und potzblitz! ich werde etwas für Sie tun.«

      Am folgenden Tage ritten Athos und d'Artagnan nach Paris, wo sie am Abend des vierten Tages ankamen. Im Begriff, sich zu trennen, sahen sie einander an, und Athos rief: »Warum muß denn geschieden sein? Sie können doch bei mir in Blois wohnen. Sie haben ja nun Geld und sind ein unabhängiger Mann. Ich kann Ihnen auch in der Nähe von la Fère ein schönes Grundstück mit Jagd kaufen. Sie lieben doch die Jagd. Wir ziehen dann zusammen auf die Pirsch.« – D'Artagnan faßte beide Hände des Grafen. – »Ich sage weder ja noch nein, lieber Freund,« antwortete er. »Erst muß ich meine Angelegenheit hier in Paris ordnen, und erst muß ich mich auch daran gewöhnt haben, reich zu sein. Solange ich mich noch nicht daran gewöhnt habe, bin ich ein unausstehlicher Kerl – ich kenne mich. Und nun adieu!« – Die beiden Freunde gingen auseinander.

      Bei Planchet wurde eben der Laden geschlossen. D'Artagnan stieß mit dem Fuß gegen die Tür, daß die Sporen klirrten. Planchet machte noch einmal auf und rief, als er seinen früheren Herrn erkannte: »Ach, mein Gott!« – Mehr konnte er nicht herausbringen. D'Artagnan trat mit finsterm Gesichtsausdruck ein und setzte sich ohne ein Wort des Grußes. – »Herr Chevalier,« begann Planchet, dem das Herz klopfte beim Anblick dieses mürrischen Gesichts, »wie geht es denn?«

      »Leidlich.« – »Sie sind doch nicht verwundet worden?« – »Bah!« – »Aber viel saure Arbeit hat's gegeben, nicht wahr?« – »Ja.« – Den Krämer überlief es eiskalt. – »Ich möchte ein Glas Wein trinken,« sagte d'Artagnan traurig. – Planchet holte Flasche und Glas. »Was ist das für Gesöff?« fragte der Chevalier. – »Ihr Lieblingstropfen, Herr d'Artagnan, Anjouwein!« und er goß ein. »Gnädiger Herr,« fuhr er fort, »ich bin ja Soldat gewesen, ich habe ja Courage – lassen Sie mich doch nicht so lange in schwebender Pein. Raus damit! Unser Geld ist verloren, nicht wahr?« D'Artagnan antwortete nicht. Planchet war blaß geworden, ein würgender Laut entfuhr seiner Kehle, endlich stieß er hervor: »Zwanzigtausend Livres sind 'ne hübsche Summe. Aber wenn es doch mal nicht anders ist, dann müssen wir das Unvermeidliche mannhaft tragen. Die Hauptsache ist doch, daß Sie nicht das Leben dabei verloren haben. Nur nicht gleich verzweifeln! Euer Gnaden ziehen nun zu mir, ich gebe Ihnen Obdach und Nahrung. Ich werde doch meinen alten guten Herrn nicht verkommen lassen. Und wenn das Geschäft nicht mehr gehen sollte, dann essen wir die Mandeln und Rosinen auf und verzehren gemeinschaftlich alles bis auf den letzten Dreierkäse!«

      D'Artagnan sprang auf. »Planchet,« rief er aus, »du bist doch ein guter Kerl. Aber hast du nicht bloß Komödie gespielt? Hast du nicht schon durchs Fenster das Pferd mit den Geldsäcken gesehen?« – Nun fiel Planchet aus den Wolken. – »Was für ein Pferd? Was für Geldsäcke?« schrie er. – »Das dort auf der Straße – unter deinem Warenschuppen!« antwortete d'Artagnan. »Siehst du nicht, es ist beladen. Und was meinst du, was es trägt? Säcke mit guten englischen Goldstücken. Heda, Ladenschwengel!« rief er hinunter, »bringt die Säcke herauf.« – Einen Augenblick später stolperten die Jungen unter der schweren Last herein. D'Artagnan nahm ihnen die Säcke ab und schickte sie fort, worauf er sorgsam die Tür verschloß. Dann breitete er eine Decke auf dem Boden aus und schnitt die Beutel entzwei. Eine Flut von Gold quoll auf den Boden. Planchet sah ein Weilchen zu, aber als die metallne Masse ihm an den Waden hinaufzusteigen begann, drehte er sich wie ein Kreisel herum, stieß einen Schrei aus und fiel in Ohnmacht, mitten in das Gold hinein.

      Ein Glas Wein brachte ihn wieder zur Besinnung.

      »Potzblitz!« rief der Chevalier. »100 000 Livres gehören Ihnen. Zählen Sie sich Ihren Anteil ab. Vor einer halben Stunde wollte ich dir soviel gar nicht gönnen, aber du bist ein braver Kerl. Also rechnen wir ehrlich ab – glatte Rechnung gute Freunde!« – »Ei ja, ei ja!« rief Planchet, »und während ich zähle, lassen Sie mich wissen, wie alles zugegangen ist. Die ganze Geschichte, Herr Chevalier!«

      1. Kapitel. Athos bei Hofe

      An demselben Abend, da die beiden Freunde in Paris anlangten, war im königlichen Palast der gesamte Hof um den Kardinal Mazarin versammelt. Durch spanische Wände waren drei Tische voneinander getrennt. An einem derselben saß der junge König mit seiner Gemahlin und der Königin-Mutter. Die beiden Frauen spielten zusammen gegen Ludwig und den Kardinal, der im Bett lag und sehr angegriffen aussah. Die junge Landesherrin schien mehr auf die Augen ihres Gemahls, an dessen Seite sie sich wahrhaft glücklich fühlte, als auf die Karten zu achten. Mit umso größerer Aufmerksamkeit, ja fast mit Habgier folgte Mazarin dem Spiele; er war jedoch so schwach, daß die Gräfin von Soissons für ihn die Karten halten mußte. Er hatte sich von Bernouin schminken lasten, aber das aufgetragene Rot, das namentlich an den Backenknochen erglänzte, ließ die Blässe des Gesichts und den gelben Ton der Stirn nur um so mehr hervortreten. Seine Augen leuchteten fieberhaft, und in diese Augen blickten der König und die beiden Königinnen oftmals mit dem Ausdruck der Sorge und der Scheu, waren es doch die beiden Sterne, in denen die Franzosen des 17. Jahrhunderts an jedem Abend und Morgen ihr Geschick zu lesen pflegten. Mazarin spielte weder mit Glück noch mit Unglück, war daher weder vergnügt noch traurig.

      Am ersten der beiden andern Tische saß Herzog Philipp von Anjou, der Bruder des Königs. Auf die Lehne seines Sessels stützte sich Chevalier von Lorraine, ein Günstling des Herzogs, und lauschte voll Neid den Worten eines andern Günstlings Philipps, des Grafen von Guiche, der von den Abenteuern Karls II. erzählte.

      »Mein Vetter Karl ist kein schöner Mann,« sagte Philipp leichthin, »aber er ist tapfer und hat sich geschlagen wie ein Landsknecht. Wenn er so fortfährt, wird er auch noch eine Schlacht gewinnen.« – »Er hat ja keine Soldaten,« meinte Chevalier von Lorraine. – »Nun,« versetzte Philipp, »wenn ich König von Frankreich wäre, würde ich ihm eine Armee zur Verfügung stellen.« – Ludwig XIV. errötete, und Mazarin schien nur auf das Spiel zu achten. – »Sein Schicksal muß sich inzwischen entschieden haben,« sagte Graf von Guiche. »Hat Monk ihn betrogen, dann endet Karls Laufbahn mit Gefangenschaft, vielleicht mit dem Tode.« – »Ich möchte wohl wissen, wie es abgelaufen ist!« rief Philipp stürmisch. »Gewiß weißt du es schon, Bruder.« – »Frage den Kardinal,« antwortete Ludwig, abermals errötend. – »Außerhalb des Staatsrats, mein Sohn,« warf Anna von Oesterreich dazwischen, sich an Philipp wendend, »wird nicht von Staatsangelegenheiten gesprochen.« – Philipp nahm diesen Verweis gutgelaunt hin und machte erst gegen seine Mutter, dann gegen seinen Bruder eine Verbeugung, die, tief wie sie war, komisch wirkte.

      Plötzlich erschien der Kammerdiener Bernouin hinter dem Kardinal und meldete: »Eminenz, ein Abgesandter des Königs von England.« – Der Kardinal sah betroffen auf, und alsbald erhob sich

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