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Lordschaft Stiefel reinigen oder Seiner Lordschaft Kleider ausbürsten, und man sagte nichts, wenn Seiner Lordschaft Namen erwähnt wurde. Wir gingen in das Mittelmeer, (weil Seiner Lordschaft Mama es wünschte), und waren ungefähr ein Jahr daselbst gewesen, als Seine Lordschaft soviel Trauben aß, daß sie von der Ruhr befallen wurde. Er war drei Wochen krank und wünschte dann in einem Transportschiffe, welches für Ochsen nach Gibraltar oder vielmehr nach der Küste der Berberei ging, nach Malta geschickt zu werden. Er wurde jeden Tag schlimmer, machte sein Testament und hinterließ mir alle seine Effekten an Bord, was ich gewiß für die Sorgfalt verdiente, mit welcher ich ihn gepflegt hatte. Auf der Höhe von Malta trafen wir auf eine Schebeke, welche nach Civita Vecchia bestimmt war, und der Kapitän des Transportschiffes, welcher gern vorwärts zu kommen wünschte, riet uns, an Bord derselben zu gehen, da der Wind leicht und widrig war und diese Mittelmeerschiffe besser im Winde segelten, als das Transportschiff. Mein Herr, welcher nun schnell dahin wollte, gab es zu, und wir wechselten die Schiffe. Als er am andern Tage starb, stellte sich ein stürmischer Wind ein, der uns mehrere Tage hinderte, den Hafen zu gewinnen. Der Leichnam Seiner Lordschaft wurde nicht nur so übelriechend, sondern erregte auch den Aberglauben der katholischen Matrosen dermaßen, daß er über Bord geworfen wurde. Niemand von den Leuten konnte englisch sprechen, noch ich maltesisch; sie hatten keinen Gedanken, wer wir wären und mir blieb Zeit genug zum Nachdenken. Ich hatte oft gedacht, wie hübsch es wäre, ein Lord zu sein, und oft gewünscht, daß ich als ein solcher geboren worden wäre. Der Wind war noch gegen uns, als ein Kauffahrteischiff heranfuhr, welches von Civita Vecchia nach Gibraltar bestimmt war. Ich bat den Kapitän der Schebeke, ein Notsignal zu geben, oder ich gab es vielmehr selbst, und das Schiff, welches sich als ein englisches auswies, steuerte auf uns zu. Als ich das Boot bestieg, um an Bord zu gehen, kam mir der Gedanke in den Kopf, wenn sie mich auch nicht annehmen möchten, so würden sie doch einen Lord nicht zurückweisen. Ich legte die Seekadettenuniform, welche Seiner Lordschaft gehörte, an (damals gehörte sie allerdings mein), und steuerte auf das Kauffahrteischiff zu. Ich sagte ihnen, ich hätte, um meine Gesundheit herzustellen, mein Schiff verlassen, und suche auf meinem Heimwege eine Gelegenheit nach Gibraltar. Mein Titel und meine augenblickliche Bewilligung der für die Überfahrt verlangten Kosten war hinreichend. Mein Eigentum wurde von der Schebeke an Bord gebracht, und da ihre Leute nicht englisch konnten, so konnten sie natürlich nicht widersprechen, wenn sie auch Verdacht geschöpft hätten. Hier, Herr Simpel, muß ich eine kleine Betrügerei in meinem früheren Leben eingestehen, welche ich Ihnen nun im Vertrauen mitteile, sonst wäre es mir nicht möglich, die Richtigkeit meiner Behauptung zu beweisen, daß ich mit Ihrem Großvater zu Mittag speiste. Allein die Versuchung war zu stark, ich konnte nicht widerstehen. Denken Sie sich selbst, Herr Simpel, nachdem man als ein Schiffsjunge gedient hat – hier gestoßen, dort geschlagen, von dem einen verflucht, von dem andern zum Teufel geschickt – denken Sie sich nun, auf einmal mit Achtung und Ehrerbietigkeit behandelt und jede Minute des Tages Euer Lordschaft hier und Euer Lordschaft da angeredet zu werden! Während der Überfahrt nach Gibraltar hatte ich Zeit genug, meine Pläne zu ordnen. Ich brauche kaum zu sagen, daß meines Lords Kleidung von Wert war, und was noch besser war, sie paßte mir ganz genau. Ebenso hatte ich seine Uhren und Kleinodien und außerdem einen Sack voll Dollars. Doch dies war mein rechtmäßiges Eigentum. Das einzige, was ich nahm, war sein Name, welchen er nimmer nötig hatte, der arme Junge. Allein es ist vergeblich, verteidigen zu wollen, was nicht recht ist, – es war unredlich und damit Punktum. Bemerken Sie nun, Herr Simpel, wie ein Ding zum andern führt. Ich versichere Ihnen, mein erster Gedanke, von Seiner Lordschaft Namen Gebrauch zu machen, war, mir eine Gelegenheit nach Gibraltar zu verschaffen. Ich war dann unentschlossen, was ich thun sollte; da ich jedoch seine Papiere und Briefe an seine Mutter besaß, so denke ich, ja, ich bin fest überzeugt, ich würde meine Würde mit einer Seekadettenkleidung beiseite gelegt und mich wegen einer Überfahrt nach Hause an den Hafenkommissär gewendet haben. Aber es war vom Schicksale anders beschlossen, denn der Kapitän des Transportschiffes ging ans Land, um dasselbe anzumelden und Erlaubnis zum Ausladen zu holen, und erzählte jedermann, es sei der junge Lord A. an Bord, der, um seine Gesundheit wieder herzustellen, nach England gehe. In weniger als einer halben Stunde kam das Boot des Kommissärs an und noch ein anderes vom Gouverneur, und bat um die Ehre meines Besuches, wie auch, daß ich während meines Aufenthaltes ein Nachtlager in ihrem Hause annehmen möchte. Was konnte ich machen? Ich geriet in Angst, allein ich fürchtete mich, zu bekennen, daß ich ein Betrüger sei; denn sicherlich hätte der Kapitän des Transportschiffes mich über Bord geworfen, wenn ich ihn hätte merken lassen, daß er so verdammt höflich gegen einen Schiffsjungen war. Halb aus Bescheidenheit, halb aus dem Gefühle der Schuld errötend, nahm ich die Einladung des Gouverneurs an; dem Kommissär schickte ich unter dem Vorwande, es gäbe kein Papier und keine Federn an Bord, mündlich eine höfliche, abschlägige Antwort. Ich hatte meinen letzten Herrn so oft in die Gesellschaft begleitet, daß ich sehr wohl wußte, wie ich mich betragen mußte; auch hatte ich sein Benehmen und seine Haltung größtenteils angenommen, wie ich denn überhaupt einen natürlichen Geschmack an feinen Manieren besaß. Ich konnte lesen und schreiben; vielleicht nicht so gut, als ich hätte sollen, in Betracht der Erziehung, welche ich genossen, aber doch noch gut genug für einen Lord, und in der That viel besser als mein letzter Herr. Ich kannte seine Unterschrift ganz gut, obschon der Gedanke, davon Gebrauch machen zu müssen, mir ein Zittern verursachte. Doch der Würfel war gefallen. Ich muß bemerken, daß wir in einem Punkte nicht unähnlich waren; wir hatten beide helles, geringeltes Haar und blaue Augen; in anderer Hinsicht fand keine Ähnlichkeit statt. Ich war bei weitem der hübschere Bursche von beiden, und da wir zwei Jahre auf dem mittelländischen Meere gewesen waren, besorgte ich keinen Zweifel an meiner Identität, bis wir in England ankamen.

      »Ich kleidete mich sehr sorgfältig, zog meine Ketten und Ringe an, träufelte ein bischen Parfüm auf mein Taschentuch und begleitete den Adjutanten zu dem Gouverneur, wo man mich nach meiner Mutter, Lady, – nach meinem Onkel und nach meinem Vormund fragte, und hundert andere Fragen an mich richtete. Anfangs war ich sehr verwirrt, was man meiner Blödigkeit zuschrieb; das war es auch, aber nicht von der rechten Sorte. Aber ehe der Tag vorbei war, gewöhnte ich mich so daran, mich Lord nennen zu hören, und überhaupt an meine ganze Lage, daß ich mich sehr wohl befand und anfing, die Bewegungen und das Benehmen der Gesellschaft zu beobachten, um mein Betragen nach dem des guten Tones zu regeln. Ich blieb vierzehn Tage in Gibraltar, und dann bot sich mir eine Gelegenheit auf einem Transportschiffe nach England dar. Als ein Offizier war ich natürlich bis auf einen gewissen Betrag frei. Bei meiner Überfahrt nach England faßte ich wieder den Entschluß, meine Kleidung und meinen Titel, sobald ich es unbemerkt könnte, abzulegen, allein ich wurde wie zuvor daran verhindert. Der Hafenadmiral ließ sich das Vergnügen meiner Gesellschaft bei Tische ausbitten; ich durfte es nicht abschlagen, und nun war ich wieder wie vorher mein Lord, von jedermann bekomplimentiert und gefeiert. Handelsleute erbaten sich die Ehre von Seiner Herrlichkeit Kundschaft; mein Tisch im Hotel war mit Karten aller Art bedeckt, und um die Wahrheit zu gestehen, ich gefiel mir so sehr in meiner Lage und hatte mich so daran gewöhnt, daß mir der Gedanke, eines Tages darauf verzichten zu müssen, unangenehm war, obschon ich den Entschluß faßte, dies, sobald ich den Platz verließ, wirklich zu thun. Meine Rechnung im Hotel war sehr übertrieben und überstieg thatsächlich meine Geldmittel, allein der Inhaber sagte, dies habe gar nichts zu bedeuten, Seine Lordschaft sei natürlich nicht mit Kasse versehen, da sie gerade aus fremden Landen kämen, und bot mir, wenn ich es wünschte, Geld an. Doch ich muß sagen, daß ich ehrlich genug war, dies abzulehnen. Ich ließ meine Karten, mit P. P. C. Pour prendre congé, um Abschied zu nehmen. bezeichnet, wie es in guter Gesellschaft gebräuchlich ist, zurück und fuhr auf der Post nach London, wo ich fest entschlossen war, meinen Titel abzulegen und zu Seiner Lordschaft Mutter mit der traurigen Nachricht seines Todes nach Schottland zu gehen – denn Sie sehen, Herr Simpel, niemand wußte, daß Seine Lordschaft tot war. Der Kapitän des Transportschiffes hatte ihn lebend in die Schebeke gebracht, und das nach Gibraltar bestimmte Kauffahrteischiff ihn, wie man vermutete, aufgenommen. Der Kapitän der Fregatte erhielt sehr bald Nachricht von Gibraltar, welche Seiner Lordschaft Wiederherstellung und Rückkehr nach England meldete. Ich war kaum fünf Minuten in der Kutsche, als ein Gentleman hereinstieg, welchen ich bei dem Hafenadmiral getroffen hatte; außer diesem kannten mich der Kutscher und andere Personen sehr wohl. Als ich in London ankam (ich trug noch meine Uniform), begab ich mich in ein Hotel, das mir empfohlen und, wie ich nachher fand, das nobelste in der Stadt war. Mein Titel folgte mir dahin nach. Ich

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