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Die neun. Zbigniew Georg
Читать онлайн.Название Die neun
Год выпуска 0
isbn 9783754916834
Автор произведения Zbigniew Georg
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sein Blick fällt auf die bereits anwesenden Mitglieder, auf die edlen Anstecker, die wie Orden stolz auf ihren Brüsten schwelgen. Das schwarze Fächersegment ist durch ein rotes für ihre Stellung innerhalb der Organisation ersetzt. Auch auf Prias Brust prangt es, das siebente Glied in feurigem Rot.
"Qori! Endlich!" Ein kleines, untersetztes Männchen nicht definierbarer Abstammung breitet freudig die Arme aus und schiebt sich zu Qori durch. Dann fällt sein Blick auf Qoris Füße. "Aber, Qori! So kannst du doch nicht - also wirklich!" Er winkt einer Ordonanz, die sich im Hintergrund hält. "Bring ihm eine Schüssel Wasser!"
Rigoros hat er sich seinen Weg gebahnt und umschließt Qori mit seinen kurzen Ärmchen.
Qori erwidert die Umarmung lachend. "Sedhoo, meine Nummer Eins! Es ist wie immer eine Freude, dich zu sehen. Was machen die Geschäfte?"
Sedhoo, gleich in seinem Element als Finanzgenie der Organisation, winkt eifrig ab. "Sie gehen bestens! Wir haben im letzten Quartal einen Gewinn von unglaublichen siebenundvierzig Prozent erzielt! Dabei konnten wir wegen dem fallenden Zinssatz ..."
"Das hat doch bis später Zeit!" Pria schiebt sich zwischen Qori und Sedhoo.
Energisch dirigiert sie Qori zu seinem Platz an dem ovalen Tisch. Neun von zehn Plätzen sind besetzt. Der zehnte an der gegenüberliegenden Spitze bleibt wie üblich frei. Denn auf ihm sitzt symbolisch die Hoffnung der Welt.
Pria zieht Qoris Anstecker aus ihrer Tasche und will ihn an seinem Hemd befestigen. Qori umschließt sanft ihre Hand und sucht ihren Blick.
"Nein, Pria. Ich brauche dieses Symbol nicht, um zu wissen, wer ich bin." Er zwinkert ihr zu. "Und die Anderen kennen mich bereits."
"Qori, du bist so ..." Prias Stöhnen reizt ihn nur zu einem weiteren Lachen.
Die Ordonanz bringt eine Schüssel Wasser zum Waschen, Seife und ein Handtuch, stellt es vor Qori hin und will ihm behilflich sein. Stille Ehrfurcht im Blick.
Dieser schenkt ihm ein Lächeln und weist seine Hilfe behutsam ab. "Danke, mein Guter. Du hast an alles gedacht. Mehr braucht es nicht."
Verlegen aber geschmeichelt zieht sich der Mann in den Hintergrund zurück.
Noch während sich Qori die Füße wäscht, betritt Professor Zulgor, russischer Abstammung, Physiker und Mathematiker, den Raum. Obwohl Leiter des Projektes, welches er vor fast fünfzig Jahren ins Leben gerufen hat, ist bloß das sechste Segment seines Fächers rot gefärbt.
Hierarchie hat hier nur Bedeutung für die Organisation der laufenden Projekte. Jeder wird ganz nach seinen Fähigkeiten eingesetzt. Entschieden wird gemeinsam, wobei jede Stimme gleiches Gewicht trägt.
"Meine Herrschaften!" Strenge liegt in seiner Stimme, verstärkt durch den russischen Akzent, der die Anwesenden dazu nötigt, ihre Plätze aufzusuchen und Ruhe zu halten. Sterben
Ordonanzen verlassen den Raum und schließen die schalldichte Tür.
Er begrüßt jedes Mitglied mit einem Nicken. "Wie ich sehe, sind wir endlich vollzählig. Die Zeit drängt."
Qoris leises Lachen bringt Pria kopfschüttelnd dazu, ihre Akten aufgebracht auf den Tisch zu werfen und sich in ihren Stuhl schräg gegenüber von Qoris fallen zu lassen.
Nachsicht liegt in Professor Zulgors Blick über den Rand seiner Brille hinweg, als er Pria und Qori mustert. "Wir müssen das Experiment wiederholen."
Qoris Lächeln verschwindet sofort. "Es hat also wieder nicht geklappt?" Er springt von seinem Stuhl auf und hastet ziellos durch den Raum. Sein Blick fällt auf Pria, die schuldbewusst auf die Tischplatte starrt. "Wie viele Leben werden wir noch riskieren für dieses waghalsige Experiment?"
"Es ist doch kein Leben im eigentlichen Sinne", versucht Pria dagegen zu halten.
"Nein?" Wütend bleibt Qori vor ihr stehen. "Wo beginnt für dich Leben? Bei der Verfügungsgewalt über ein eigenes Bankkonto?"
Pria springt auf. "Was fällt dir eigentlich ein? Was erlaubst du dir? Ich ..."
"Schluss damit, meine Kinder." Professor Zulgors leise, aber energische Stimme unterbricht den Streit. "Das führt doch zu nichts. Uns läuft die Zeit davon. Wir haben nur noch einen einzigen Versuch. Qori - wirst du uns noch einmal zur Verfügung stehen?"
Qori fährt sich mit der Hand durch das füllige Haar, schreitet auf und ab. Niemand wagt, die Stille zu unterbrechen. Jeder ist sich bewusst, von seiner Zustimmung hängt das ganze Projekt ab.
Endlos scheint die Zeit, bis Qori das Wort ergreift. "Wir sind nur Werkzeuge für das Göttliche Werk. Wir sind Gott. Jeder Einzelne von uns trägt diesen Funken in sich. Jeder Einzelne ist für sein Handeln verantwortlich. Vor sich selbst und vor dem Göttlichen. Wir opfern unsere Zeit, unser Geld, unsere Fähigkeiten, unser Leben für ein fragwürdiges Experiment. Wir basteln uns eine neue Vergangenheit zurecht, statt in der Gegenwart für die Zukunft zu arbeiten. Dürfen wir, die wir den Göttlichen Willen verkörpern, uns auch anmaßen, diesen Willen zu kennen? Wenn es der Göttliche Wille ist, warum sind es dann schon neun gescheiterte Versuche?"
"Weil Zehn die Zahl der Vollendung ist", meldet sich eine sanfte männliche Stimme aus dem Halbdunkel des Raumes. Das achte Segment seines Fächers ist rot gefärbt. Miguel, der Kabbalist und Alchemist mit dem geheimen Wissen der Mysterien alter Kulturen und dem fotografischem Gedächtnis. Ein wandelnder Datenspeicher durch alle Zeiten von frühester Kindheit an.
Qori blickt ihm tief in die Augen. "Und wenn wir uns irren? Wenn zwar das Experiment klappt, aber der erhoffte Wandel scheitert? War dann?"
"Dann war es der Göttliche Wille." Miguel begegnet seinem Blick offen.
"Schieben wir es also auf das Göttliche?" Qori lacht bitter auf. "Oh ja! Das ist ja so einfach!"
„Qori, wir verstehen sehr gut, wie du dich fühlst“, erklingt eine weibliche Stimme, die zu einer unscheinbaren, molligen Frau mittleren Alters gehört, deren fünftes Fächerglied rot gefärbt ist. „Was rätst du einer unfruchtbaren Frau, die sich so sehr Kinder wünscht, dass sie dafür bereit ist, auf künstlichem Wege ein Kind zu erschaffen, das ihr und ihrem Partner gleicht und ihrem Leben einen Sinn gibt?“
„Sie soll es sich sehr gut überlegen!“ Schärfe liegt in Qoris Stimme, aber die Wut ebbt langsam ab.
Malissa sucht seinen Blick. „Und wenn sie sich dafür entscheidet?“
„Dann ist es ihr Wille und ihre Verantwortung!“
„Und wie viele Versuche gestehst du ihr zu?“ Tiefe Zuneigung liegt in ihrer Stimme.
Qori schaut in ihre Augen und seufzt leise. Seine Züge entspannen sich. „Deine Liebe zu jeder Kreatur auf diesem Planeten wird noch einmal dein Untergang, Malissa. Du musst endlich lernen, dich besser abzuschotten. Du kannst nicht das ganze Leid dieser Welt schultern.“
„Nein, das kann ich nicht“, erwidert sie, ihre Stimme zittert. „Aber auch du nicht. Niemand kann das.“
Qori setzt seine Runde durch den Raum fort. Es dauert lange, bis sie seine leisen Worte hören.
„Doch. Einen gibt es. Wir werden ihn nur zu diesem Zweck erschaffen. Und das Göttliche möge uns gnädig sein, wenn wir damit gegen seine Ordnung verstoßen!“
„So sei es!“ Professor Zulgor klappt seine Mappe zu und erhebt sich schwerfällig von seinem Stuhl. „Machen wir weiter!“
Modernste Technologie, über zahllose Kabel miteinander verknüpft, lassen die große, gewachsene Höhle klein und wichtig wirken. Tief unten im Berg ist die natürliche Abschirmung des Vulkangesteins am effektivsten.
„Es ist warm hier. Wir sind der Hölle sehr nah.“ Qori blickt über die Bildschirme, zu den eifrigen Mitarbeiter, die sich zaghaft