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Tod eines Agenten. Lars Gelting
Читать онлайн.Название Tod eines Agenten
Год выпуска 0
isbn 9783753189055
Автор произведения Lars Gelting
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Wobei einem langsam mulmig werden kann, wenn das stimmt, was man so hört. Da hauen offenbar ganze Horden einfach ab. Der Mielke muss das eindämmen, sonst geht der Laden hier hoch.
Mittwoch, 29. August
Treffen mit Helmut. Berichte über Ingenieur. Gibt nichts Substantielles. Der ist fertig.
Berichte über Kotitsch. Sehr ergiebig. Da können sich noch einige auf etwas gefasst machen.
Helmut meint, dass Mielke die Sache im Griff hat. Hoffentlich!
Habe jetzt zum dritten Mal bei Ulrike übernachtet. Tut mir gut. Katrin weiß wohl Bescheid. Nicht zu ändern.
Montag, 18. September
Der Mielke hat das nicht mehr im Griff. Zigtausende sollen über Ungarn und die Tschechoslowakei ausgereist sein. Früher hätte Erich diesen ganzen Haufen mit der Kalaschnikow auf die Reise geschickt. Jetzt guckt der zu! Das kann doch nicht gut gehen.
Ulrike hat mich heute Nacht auf den Ingenieur angesprochen. Ich weiß nichts!!
Aber ich habe das Gefühl, sie glaubt mir nicht. Ich hoffe nur, sie gräbt nicht tiefer.
Mittwoch, 27. September
Treffen mit Helmut. Ingenieur und Kotitsch sind leer gezogen. Nichts Nennenswertes mehr zu berichten.
Ulrike ist seit dem 18. anders. Sie spielt Theater, spielt Normalität.
Heute Nacht großartige Vorstellung von ihr. Hat mich fast aufgefressen. Die will abhauen! Ulrike unterschätzt mich – dumm für sie!
Helmut ist informiert: Zugriff sofort! Unbedingt!!
Montag, 02. Oktober
Ulrike ist weg! Abgehauen! Wie konnte das passieren? Habe Helmut doch gesagt, dass die Firma sofort zugreifen muss. Hier ist was faul!
Die verschwinden hier zu Tausenden. Jetzt auch um uns herum.
Doktor Hammer aus der „Lunge“ ist auch weg! Die hat sich mit Ulrike zusammengetan.
So langsam habe ich das Gefühl, ich muss an mich denken.
Der Ingenieur hat sich übers Wochenende aufgehängt. Nicht schade drum. Für Jutta eine Chance.
Mittwoch, 18. Oktober
Helmut war nicht da! Heute eigentlich Treffen, aber der Kerl ist nicht gekommen.
Verlassen jetzt die Ratten…?
Donnerstag, 19. Oktober
Ich denke, jetzt kollabiert das Ganze! Die haben den Honecker abgesägt.
Erst lässt uns Gorbatschow im Regen stehen und jetzt der Staatsstreich! Und der Krenz macht sich auf Honeckers Sessel breit. Krenz!
Der Westen wird uns schlucken, und dann sind wir alle richtig dran. Alle, die an diesen Staat geglaubt haben.
Morgen werde ich die Patientenakten sichten.
Für diesen Krenz-Haufen werde ich mir nichts ans Bein binden.
Samstag, 04. November
Der Pöbel beherrscht die Straße und die Bonzen werden ausgepfiffen oder haben sich verkrochen. Das war´s! Rette sich wer kann!
Patientenakten sind bereinigt. Mit dem Kotitsch bin ich fertig. Vermutlich erkennt der mich auch nicht mehr.
Bleiben noch die Berichte an Helmut, diese Ratte. Da komme ich nicht dran. Andere hoffentlich auch nicht!
Katrin steht fest an meiner Seite. Nach allem was war?
Wir spielen Familie mit zwei Kindern.
Donnerstag, 09. November
Gute Nacht, Arbeiter- und Bauernstaat! Die haben die Grenze geöffnet. Diese unüberwindliche Grenze haben diese Kretins geöffnet und werfen uns der BRD zum billigen Fraße vor!
Was wird aus uns, wenn die Westler erstmal anfangen aufzuräumen. Diese Besserwisser mit ihrem Rechtsstaat.
Ich werde gehen! Müssen!
Ist vielleicht ja nicht das Schlechtere. Aber wenn, dann ohne Familienbagage.
Freitag, 24. November
Habe Helmut getroffen! Ist also noch an Bord. Aber er teilt meine Ansicht und meine Absicht. Hat selber ziemlich heiße Füße.
Aber immerhin: Die Firma vergisst einen nicht. Helmut besorgt mir eine neue Identität, nur für den Übergang. Für die ersten Jahre. Alles andere ist vorbereitet. In den Akten ist mein Name sauber.
Habe die zugeteilten Verfügungsgelder des Klinikbereiches flüssig gemacht, bevor es jemand anders tut. Liegen auf Abruf. Hier nimmt jeder, was er an Nützlichem kriegen kann. Aber nach außen wahren wir die Fassade.
Katrin hat Sorgen, aber sie steht zu mir. Was soll ich tun? Kann sie ja nicht zurückweisen.
Ich fürchte, sie wird es mit den Kindern schwerhaben, wenn ich erst mal weg bin.
Montag, 18. Dezember
Vera Kotitsch war heute im Haus. Sehr unangenehme Person. Hat mir gedroht. Und ich kann mich nicht wehren!! Wo sind wir hingekommen.
Jedenfalls wird es nun höchste Zeit. Wollte heute die Akten der Vorjahre sichten und „bereinigen“. Sind nicht mehr da! Nicht mehr im Hause greifbar! Geht’s jetzt los?
An die Kotitsch habe ich gar nicht gedacht. Hatte nur den Lehrer im Auge. Das Weib ist „klebrig“.
Werde im Westen als „Doktor med. Robert Snelting“ leben. Muss so ein Kerl gewesen sein wie der Slavik, dieser Doktor Snelting. Jedenfalls hat er sich in der Haft selbst verabschiedet. Gut für mich. Aber, ganz wohl ist mir bei der Sache nicht. Will doch nicht mit dem Namen eines Staatsverräters herumlaufen.
Mittwoch, 17. Januar 1990
Treffen mit Helmut. Jetzt ist sogar Helmut aufgebracht und in großer Sorge: Der Pöbel hat die Firmenzentrale in Berlin gestürmt. Die haben Zugriff auf die Akten!
Im Nachhinein fragt man sich, welche Trottel uns da regiert haben. Dieses Material hätte der Erich längst in den Ofen werfen können.
Jedenfalls geht’s jetzt ums Ganze. Was fehlt sind die Papiere und Geld natürlich. Die werden uns schon bald ihre schöne Westmark aufdrängen.
In der nächsten Woche bringt Helmut die Papiere.
Mittwoch, 24. Januar
Helmut ist nicht gekommen! Der wird mich ja wohl nicht hängen lassen? Auch Helmut ist nur ein Mensch, er soll es nicht wagen. Das Wasser steht uns allen bis zum Hals.
Mittwoch, 28. Februar
Keine Nachricht von Helmut. In all den Wochen keine Nachricht! Bin nahe daran, mich selbst zu behandeln.
Alle „Politischen“ sind aus der Haft entlassen worden! Ich fasse es nicht! Als hätten wir die nur zum Spaß inhaftiert. Als ob wir Sadisten waren.
Jedenfalls kann jeden Tag hier die Bude hochgehen. Und diese Quertreiber und Unruhestifter werden sich nicht bei uns für die „Vorzugs-Behandlung“ bedanken.
Ich habe das Gefühl, die stehen schon unten vor der Tür, die Slaviks, Kotitsch und wie sie alle hießen.
Meine Papiere, Helmut!!
Mittwoch, 04. April
Endlich! Endlich! Helmut war am Treffpunkt. Und er hat die Papiere mitgebracht! Endlich! Geburtsurkunde, Pass, Meldebescheinigung usw., alles, was man so braucht, um als zivilisierter