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Zwei Herren aus Verona. William Shakespeare
Читать онлайн.Название Zwei Herren aus Verona
Год выпуска 0
isbn 9783754178379
Автор произведения William Shakespeare
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
FLINK.
Gegrüßt, Herr Proteus! Saht Ihr meinen Herrn?
PROTEUS.
Soeben schifft er sich nach Mailand ein.
FLINK.
So mußten sie sobald ins Schiff ihn schaffen?
Dann bin ich eins von den verlornen Schafen.
PROTEUS.
Ja; leicht verirrt ein armes Schäfchen sich,
Sobald der Schäfer von der Herde wich.
FLINK.
Ihr schließt, daß mein Herr ein Schäfer, ich eins von den Schafen?
PROTEUS.
Das tu' ich.
FLINK.
So sind meine Hörner die seinen, mag ich wachen oder schlafen.
PROTEUS.
Eine einfält'ge Antwort; so ziemt sie den Schafen.
FLINK.
Dies macht mich alles zu einem Schaf.
PROTEUS.
Sicherlich; und deinen Herrn zum Schäfer.
FLINK.
Nein; das kann ich durch einen Beweis widerlegen.
PROTEUS. Das wird schwer sein; ich will das Gegenteil beweisen.
FLINK. Der Schäfersucht das Schaf, und nicht das Schaf den Schäfer; aber ich suche meinen Herrn, und mein Herr nicht mich; deswegen bin ich kein Schaf.
PROTEUS. Das Schaf folgt des Futters halb dem Schäfer, der Schäfer nicht der Speise halb dem Schaf. Du folgst des Lohnes halb deinem Herrn, dein Herr nicht des Lohnes wegen dir; deshalb bist du ein Schaf.
FLINK. Nur noch einen solchen Beweis, und ich muß schreien: Ba!
PROTEUS. Doch höre, Freund, gabst du den Brief an Julia?
FLINK. Ja, Herr! Ich, ein verdutztes Lamm, gab ihr, dem geputzten Lamm, Euren Brief; und sie, das geputzte Lamm, gab mir, dem verdutzten Lamm, nichts für meine Mühe.
PROTEUS. Welch eine Menge Lämmer! Sage mir, was die alle von mir wollen.
FLINK. Ist's Euch um Wolle zu tun, so müßt Ihr sie scheren.
PROTEUS. Ja, dich will ich scheren.
FLINK. Nein, mir solltet Ihr lieber etwas bescheren, für mein Brieftragen.
PROTEUS. Du irrst; ich meinte, ich wollte dich scheren.
FLINK.
Ach! scheren statt bescheren. Geht, laßt mich ungeschoren!
Ich trag' Euch keinen Brief mehr, wenn so die Müh' verloren.
PROTEUS. Nun, was sagte sie? Merktest du, ob meine Worte sie zu gewinnen taugen?
FLINK. Nichts.
PROTEUS. Taugen nichts? Ei, das ist Taugenichts.
FLINK. Ihr versteht falsch, Herr; ich sage nur, ich merkte nichts, ob Eure Worte für sie taugen.
PROTEUS. Nun, zusammengesetzt ist das: Taugenichts.
FLINK. Ihr habt Euch die Mühe gegeben, es zusammen zu setzen, so nehmt es denn für Eure Mühe.
PROTEUS. Nein, du sollst es dafür haben, daß du meinen Brief hingetragen hast.
FLINK. Gut, ich sehe wohl, daß ich geduldig sein muß, um Euch zu ertragen.
PROTEUS. Nun, was hast du denn von mir zu ertragen?
FLINK. Wahrhaftig, Herr, ich trug den Brief sehr ordentlich, und habe doch nichts als das Wort Taugenichts für meine Mühe davon getragen.
PROTEUS. Ei, du hast einen behenden Witz.
FLINK. Und doch kann er Eure langsame Börse nicht einholen.
PROTEUS. Nun, mach' fort! Was sagte sie? Heraus mit deiner Botschaft!
FLINK. Heraus mit Eurer Börse, damit Lohn und Botschaft zugleich überliefert werden!
PROTEUS. Gut, hier ist für deine Mühe. Was sagte sie?
FLINK. Mein' Seel', Herr, ich glaube, Ihr werdet sie schwerlich gewinnen.
PROTEUS. Warum? Konntest du so viel aus ihr herausbringen?
FLINK. Herr, ich konnte durchaus nichts aus ihr herausbringen, nicht einmal einen Dukaten für die Überlief'rung Eures Briefs. Und da sie so hart war gegen mich, der Euer Herz brachte, so fürchte ich, daß sie eben so hart gegen Euch sein wird, Euch ihre Gesinnung kund zu tun. Gebt Ihr kein Geschenk als Steine, denn sie ist so hart wie Stahl.
PROTEUS. Wie? Sagte sie nichts?
FLINK. Nein, nicht einmal: »Nimm das für deine Mühe!« Ich werde stets huldreich gegen Euch sein; denn Ihr habt mich um einige Gulden reicher gemacht; zum Dank dafür tragt künftig Eure Briefe selbst; und so will ich Euch meinem Herrn empfehlen.
PROTEUS.
Geh, geh, vor Schiffbruch Euer Schiff zu hüten,
Es kann nicht scheitern, hat es dich an Bord.
Du bist bestimmt zu trocknem Tod am Lande. –
Ich muß schon einen bessern Boten senden;
Nicht achtet, fürcht' ich, Julia meiner Zeilen,
Wenn sie aus beßrer Hand sie nicht empfängt.
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Zweite Szene
Garten.
Julia und Lucetta treten auf.
JULIA.
Jetzt sprich, Lucetta, denn wir sind allein:
Du rätst, ich soll mein Herz der Lieb' eröffnen?
LUCETTA.
Ja, Fräulein, schließt Ihr's der Vernunft nicht zu.
JULIA.
Doch von der schönen Auswahl edler Männer,
Die im gesell'gen Kreis ich täglich sehe,
Wer scheint am meisten dir der Liebe wert?
LUCETTA.
Ich bitt' Euch, nennt sie mir, so sag' ich Euch
Nach schwacher, schlichter Einsicht meine Meinung.
JULIA.
Wie denkst du von dem schönen Eglamour?
LUCETTA.
Er ist ein Ritter, wohlberedt und fein;
Doch wär' ich Ihr, er würde nimmer mein.
JULIA.
Wie denkst du von dem reichen Herrn Mercatio?
LUCETTA.
Von seinem Reichtum gut, von ihm so so.
JULIA.
Nun sprich, wie du vom jungen Proteus denkst?
LUCETTA.
O Torheit! wie du uns so ganz befängst!
JULIA.
Sein Name schon kann dir Besinnung nehmen?
LUCETTA.
Verzeiht, mein Fräulein, denn ich muß mich schämen.
Glaubt Ihr, daß ich Unwürd'ge schätzen kann