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eine Antwort ersetzen soll.

      Es stellte sich heraus, dass beide Eileiter verschlossen waren. Nur bei einem gelang es, mit erheblichem Nachdruck die Kontrastflüssigkeit minimal durchzuspülen. Der zweite war dermaßen aufgequollen und regelrecht entstellt, dass ein Durchkommen hier vollkommen unmöglich war.

      Die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, war zwar nicht hundertprozentig auszuschließen, aber doch so gering, dass ich an Spezialisten der Reproduktionsmedizin überwiesen werden musste. Ich nahm diese Erkenntnis zunächst erstaunlich gut auf.

      Denn ich war gewissermaßen froh, dass innerlich etwas Ruhe eingekehrte, dass sich der Zustand zwischen meinem Mann und mir wieder entspannen konnte.

      Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto unwohler wurde mir. Ich wusste nicht viel über künstliche Befruchtung. Wollte ich diesen Schritt überhaupt gehen?

      Im Rückblick betrachtet, habe ich nie ernsthaft erwogen, diesen Schritt nicht zu wagen.

      Informationsbroschüren oder Erfahrungsberichte schilderten die hohe Belastung, physisch wie auch psychisch. Sich darüber bewusst zu sein, einer künstlichen Befruchtung entgegenzugehen, war ein Einschnitt, den ich – trotz sehnlichstem Wunsch – kritisch betrachtete.

      Kann ich das Risiko und die ethischen Aspekte mit mir vereinbaren? Habe ich den Mut, auch die Konsequenzen und Risiken, die mit einer künstlichen Befruchtung behaftet sind, zu tragen?

      Ein Informationsabend für betroffene Paare in der Kinderwunschpraxis gewährte mir und meinem Mann einen Einblick in die Methoden, in finanzielle Aspekte und Erfolgsquoten. Das anschließende Beratungsgespräch mit einer Ärztin stimmte mich sehr nachdenklich. Denn in der Theorie mag das alles recht wissenschaftlich-vielsagend klingen, aber in der Praxis wird es eine ganz andere Betrachtung finden.

      Ich hatte einen ungeheuren Respekt, in Gottes Handwerk zu pfuschen. Ein Gedanke, der zwangsläufig in mir aufkam, dann aber wieder verschwand.

      Die Entscheidung, eine künstliche Befruchtung anzustreben, überließ mein Mann mir. Nicht, um es sich selbst damit leicht zu machen, sondern weil er sich voll darüber im Klaren war, dass ich es sein würde, die sich dieser Prozedur unterziehen müsse. Sein Anteil dabei wäre der geringste. Der Kinderwunsch bestimmte meine Gedanken nahezu jeden Tag in den letzten 20 Monaten. Das Thema verfolgte mich im Freundeskreis bis ins Büro und wieder nach Hause. Ich wollte mich nie mit der Frage belasten müssen, ob ich es bereuen würde, wenn ich nicht jede Chance ausgeschöpft hätte.

      Eine kleine Metapher half mir dabei, meine Entscheidung nicht an Gottes Willen zu knüpfen: Ein verschlossener Tunnel lässt sich schließlich auch umfahren!

      Ich bin eigentlich gar nicht so gläubig, dass mich dieser Respekt davor selbst verwunderte.

      Natürlich sprachen wir in diesem Zusammenhang über eine Heirat, darüber, irgendwann eh heiraten zu wollen. Warum also nicht jetzt? Ich habe mir einen Heiratsantrag zwar immer anders vorgestellt, aber die Umstände ließen uns leider keinen Raum für sentimentale Romantik. Auf den Punkt gebracht: Die Krankenkasse beteiligte sich nur bei Ehepaaren. Also beschlossen wir kurzerhand zu heiraten.

      Zwei Monate später haben wir uns standesamtlich in nettem Ambiente im Kreise der Familie, mit Freunden und Arbeitskollegen das Ja-Wort gegeben.

      4 Künstliche Befruchtung

      Es vergingen Monate bürokratischer Amtswege, für die Prüfung und Bewilligung durch die Krankenkasse, wiederholte Untersuchungen beiderseits, die zur Wahl der richtigen Therapie notwendig waren. Unter Berücksichtigung des PCO-Syndroms und der verschlossenen Eileiter stand fest, dass es die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion, kurz ICSI, werden würde.

      Meine Regelblutung setzte stressbedingt häufiger aus, ganz typisch für das PCOS.

      Ich glaube bis heute, nicht wirklich viel darüber zu wissen. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass der verschlossene Eileiter im Therapieverlauf im Vordergrund stand. Während der Untersuchungen in den einzelnen Zyklusphasen wurde ich von einer Ärztin darauf aufmerksam gemacht, dass das PCOS Auswirkungen auf den Zuckerstoffwechsel hat. Mir wurde nahegelegt, mehr auf mein Gewicht zu achten.

      Meine Frustration stieg. Ich fühlte mich zunehmend missverstanden.

      Ich solle mehr Treppen steigen, hieß es.

      „Treppen gibt es bei uns zur Genüge!“

      „Aber Sie nutzen den Fahrstuhl?“

      Das war eine rein rhetorische Frage, weil die Betonung nicht in der Frage lag, sondern in ihrer geglaubten Beurteilung. Eine Suggestivfrage. Es gab überhaupt keinen Fahrstuhl!

      Ich habe mein Leben nicht dahingehend verändert, was eine plötzliche weitere Gewichtszunahme erklärt hätte. Trotzdem nahm ich zu. Heute glaube ich, dass es die Kombination aus Stress und dem PCOS war.

      Mein Alltag bestand für gewöhnlich darin, früh aufzustehen, meiner Hausarbeit nachzugehen, um halb acht zur Arbeit zu fahren, abends um halb sieben wieder heimzukehren, einzukaufen oder andere Restarbeiten zu erledigen. An den Abenden habe ich Wert darauf gelegt, die wenige Zeit mit meinem Mann zu genießen, mich beim Abendessen mit ihm auszutauschen und den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. An den Wochenenden, in der Regel alle 14 Tage, gern und oft auch zwischendurch, kam der Sohn meines Mannes zu uns. Ich glaube, dass ich in dieser Zeit viel unternommen habe, um meinen Gedanken zu entfliehen.

      Mit der Behandlung häuften sich auch wieder die Arzttermine. Meine Konsequenz, immerzu der Zeit hinterherzujagen und meinen persönlichen Anforderungen gerecht zu werden, war: meine Arbeitsstunden zu reduzieren. Ich empfand die Zeit dort als sehr kräftezehrend und versuchte, meine Wehwehchen und emotionalen Konflikte zu ignorieren. Ich konzentrierte mich auf den immer näher rückenden Tag, an dem die Behandlung für mich einen noch aktiveren Part übernahm.

      Ich bekam zur Stimulierung der Eierstöcke Hormone, die ich mir über mehrere Tage in einem durchkalkulierten Zeitfenster und genauer Dosierungsvorschrift selbst injizieren musste. Die erste Spritze kostete überraschend viel Überwindung. Zudem nahm ich weitere Präparate ein, die meinen Körper auf eine anstehende Schwangerschaft vorbereiten sollten. Die Hormone zeigten ihre Wirkung und ich kann nicht sagen, dass es mir während der Einnahme schlecht ergangen wäre. Ich bemerkte Veränderungen in meinem Körper, die sich aber nicht negativ auf mein Befinden auswirkten. Dass ich mein Umfeld etwas gefühlsbetonter, sensibler wahrgenommen habe, musste nicht zwangsläufig auf die Hormone zurückzuführen sein. Es gab keine Anhaltspunkte für Komplikationen. Der Verlauf war wie gewünscht mit sichtbar wachsenden Eibläschen, die planmäßig punktiert werden konnten. Hierbei gilt es, eine größere Anzahl an Eizellen zu gewinnen, damit sich die Chance auf Zellen erhöht, die auch zu befruchten sind. Nicht alle Eizellen erreichen den Grad der Reife, um sich befruchten zu lassen. Wenn sich im Ergebnis immerhin ein paar dieser Zellen befruchten und weiterkultivieren lassen, kann von einem Erfolg gesprochen werden.

      Die herangewachsenen Eizellen wurden unter Narkose vom Eierstock abgesaugt. Exakt 36 Stunden vor dieser Punktion, auf die errechnete Minute genau, musste ich mir eine Spritze injizieren, die den Eisprung auslösen würde. Das Sperma meines Mannes wurde zuvor aufbereitet und für die Verschmelzung bereitgestellt. Ich konnte nach der komplikationslosen Punktion und einer gut überstandenen Narkose wieder nach Hause, wo ich, kaum angekommen, körperliche Veränderungen spürte: Binnen kürzester Zeit nahm ich Spannungen in allen Gliedmaßen wahr. Über Nacht nahm der Wasseranteil meines Körpers so enorm zu, dass ich am nächsten Morgen kaum aus dem Bett kam. Mein Körper war total aufgequollen. Meine Haut spannte. Es fühlte sich an wie tausend Nadelstiche. Jedes Körperglied kribbelte bis auf die Knochen. Ich kam weder in meine Hose noch in meine Schuhe. Mein Bauch war stark gewölbt. An den Beinen war kaum noch ein Gelenkknochen zu erkennen. Mir war nur noch zum Weinen zumute, ohne Kontrolle darüber zu haben. Mein Mann, rat- und hilflos, beschloss kurzerhand, wieder mit mir in die Praxis zu fahren.

      In einer weit ausgedehnten Jogginghose meines Mannes und ausgelatschten Hausschuhen saß ich im Auto und wusste nicht, wie mir geschah. All meine Mühe, mich zusammenzureißen, brach mit dem ersten Schritt

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