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was er angestrebt hatte! Es war eine Dimension, die mein Arzt mit der Reproduktionsmedizin – das ist das medizinische Fachgebiet der künstlichen Fortpflanzung – verglich.

      Er erläuterte mir das Risiko, unter diesen Voraussetzungen auf natürliche Weise schwanger zu werden, und riet eindringlich davon ab.

      „Elflinge sind hoffentlich nicht in Ihrem Sinne!“, fasste er, etwas scherzhaft betont, zusammen.

      Die Gefahr einer Mehrlingsschwangerschaft war sehr groß, ja sogar bedrohlich.

      Wirklich traurig war ich darüber aber nicht. Ein solches Ergebnis mit nur einer einzigen Tablette erzielt zu haben, weckte vielmehr meine Zuversicht, überhaupt eine Schwangerschaft erzielen zu können, vielleicht sogar ohne langwierige Prozeduren.

      Mit dem zweiten Anlauf und diesmal lediglich einer Vierteltablette waren die Voraussetzungen optimal. Für meinen Mann und mich war das der Startschuss, unseren Part zu erfüllen. Kleine Vernarbungen an den Eierstöcken zeigten den Sprung der gereiften Eizellen an.

      Die Hoffnung wuchs mit jedem Tag – ohne allerdings erfüllt zu werden!

      Mit dem Scheitern des zweiten Versuches schlichen sich neben dem Ausbleiben der Regelblutung aufflammende Enttäuschungen ein. Mein Frauenarzt probierte unterdessen, meinen Zyklus mit einer Art Antibaby-Pille hormonell in ein besseres Gleichgewicht zu bekommen.

      Der erhoffte Erfolg weiterer Versuche blieb jedoch weiterhin aus.

      Beruflich war ich als kaufmännische Angestellte in einer kleinen Filiale eines landwirtschaftlichen Unternehmens tätig, das mehrere Zweigstellen im Münsterland hatte. Die vielen Arztbesuche habe ich dort nicht mit der Überschrift „Kinderwunsch“ erklärt. Andere körperliche Beeinträchtigungen standen offiziell im Vordergrund. Bislang fielen die Termine ja auch nicht zum Nachteil meiner Arbeitszeit oder -leistung aus.

      Die Behandlung setzte monatsweise aus: Zyklusstörungen und eine Blinddarm-OP schoben sich dazwischen. Ich stürzte mich in die Arbeit und übernahm nach Verlängerung meines Vertrags, für mich ziemlich überraschend, die Leitung des kleinen Standortes.

      Während sich meine berufliche Perspektive stark veränderte, versank ich emotional in erhebliche Unzufriedenheit.

      Mein Leben war nie darauf ausgerichtet gewesen, Karriere machen zu wollen; meine endgültige Berufswahl hatte einen rein pragmatischen Ursprung, eine Entscheidung, die sich gegen meine eigentlichen Vorstellungen richtete. Ich sah mich nie in einem kaufmännischen Beruf, fand aber genau darin, überraschenderweise, mein Arrangement mit mir selbst.

      Einen Großteil meiner Freizeit widmete ich meinen häuslichen Verpflichtungen, meiner Familie und vor allem dem Sohn meines Mannes. Mein Mann war beruflich sehr eingespannt und viel unterwegs. Meinen Urlaub und Überstundenausgleich richtete ich nach den Tagen oder Wochen, die sein Sohn bei uns sein wollte. Er war so gern bei uns, dass es mir eine große Freude war, meinen Anteil daran zu haben. Mein Mann bekundete sogar scherzhaft, dass sein Sohn offenbar lieber mich als ihn besuchen käme.

      Wir Frauen sind uns inzwischen auf einer Toleranzebene begegnet, an der wir stetig arbeiten mussten – jede auf ihre ganz eigene Weise.

      Die nächsten Versuche scheiterten ebenfalls trotz nahezu perfekter Bedingungen: ein halbwegs geregelter Zyklus, Aufbau der Gebärmutterschleimhäute, heranwachsende Eizellen und zu beobachtende Eisprünge.

      Es wurde zunehmend schwieriger für mich, einem Kind, das nicht meins war, Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken, ohne ein Gefühl der Traurigkeit zu verspüren. Es zu umarmen und zu Bett zu bringen, herumzutollen und zu toben, zu lachen und zu kuscheln: Das alles wurde von einem lachenden und einem weinenden Auge begleitet.

      Es mag sein, dass ich insgesamt dünnhäutiger wurde.

      Ich ärgerte mich zusehends über einzelne Personen, die meine Fürsorge und Verantwortung mit Dreck beschmutzten. Der Klatsch und Tratsch ging mir sehr nah. Eine Schleife mit System, die ich anfangs nicht einzuschätzen wusste. Im Grunde genommen hätte es mir eigentlich gleichgültig sein müssen, weil es an unserer Beziehung nichts änderte und ich einen Großteil Menschen um mich herum hatte, die meine Zuwendung sehr zu schätzen wussten. Aber ich bin ein Mensch der Harmonie und Fairness. Auf Ungerechtigkeiten und Machenschaften reagiere ich sehr sensibel und revolutionär.

      Die Kehrseite der Medaille!

      Ein Disput, der nie offen mit mir ausgetragen wurde.

      Das Innehalten meiner Wut verwandelte sich in überflüssige Streitigkeiten zwischen mir und meinem Mann. Ich hatte das Gefühl, dass mein Mann sich nicht so positionierte, wie er es mir als Partner an meiner Seite schuldig gewesen wäre. Ich solle doch das Gerede nicht so wichtig nehmen. Jeder Widerstand wäre ein weiterer Anlass, Öl ins Feuer zu gießen. Ich würde mit meiner Offensive nur das Gegenteil von dem erzielen, was ich beabsichtigte. Mein Kopf konnte seine Zurückhaltung nachvollziehen, aber meinen Emotionen hätte es manchmal gutgetan, wenn er lauter und bestimmter Stellung bezogen hätte. Der persönliche Anspruch mir selbst gegenüber, mich auf das Wesentliche zu besinnen, war stärker, als mich unterkriegen zu lassen. Ich versuchte, mich darüber hinwegzusetzen und eine überlegenere Haltung einzunehmen.

      Die Unzufriedenheit mit meinem Körper, der in keiner Weise mehr so funktionierte, wie ich es gern wollte, war wie eine Hülle, in der ich mich gefangen fühlte.

      In meinem Freundeskreis gewann das Thema Kinderkriegen immer mehr an Präsenz. Vielleicht war es ein Selbstschutz, mir, meinen Freundinnen und anderen gegenüber nicht eingestehen zu wollen, dass sich Eifersucht in mich hineinfraß. Ich fand Gründe dafür, unseren Treffen aus dem Weg zu gehen, und suchte nach Ausreden, mit denen ich mich besser fühlte.

      Die Arbeit war ein Ort des Rückzugs. Doch als meine Kollegin, die eigentlich gar keine Kinder haben wollte, plötzlich schwanger wurde, traf mich diese gefühlte Ungerechtigkeit mitten ins Herz. Wir sprachen offen darüber, denn ausgerechnet ihr hatte ich mich anvertraut.

      Meine glückliche Arbeitssituation war Geschichte: ein Kollege gerade gekündigt, meine Kollegin schwanger und in absehbarer Zeit im Mutterschutz.

      Eine andere Zweigstelle sollte generalüberholt und mein neuer Arbeitsplatz werden.

      Ich fand keinen Ort der Zuflucht mehr, außer in meinen Gedanken. Mir ist erst sehr viel später bewusst geworden, dass mich diese Phase bereits sehr verändert hat.

      Sex verlor immer mehr von der Bedeutung körperlicher Leidenschaft und Anziehung. Den perfekten Zeitpunkt zu erwischen, nach Kalender und Befruchtungsphase, mehr Muss als Lust. Ein verheizter Akt der Begierde, weil nur noch der Kinderwunsch im Vordergrund stand.

      Mit der Umgestaltung der neuen Arbeitssituation wurde mein Arbeitsvertrag entfristet. Doch ein sehr tragisches Ereignis, das sich binnen kürzester Zeit, nachdem ich die Zweigstelle gewechselt hatte, aufgetan hatte, brachte bald wieder eine berufliche Veränderung: Der Chefbuchhalter war an Leberkrebs erkrankt und starb nach wenigen Wochen – eine Dramatik, auf die ich besonders empathisch regierte, weil der Krebs meine Mutter erst kurz zuvor zur Witwe gemacht hatte. Ich wurde ins Büro der Hauptstelle eingebunden und fand meinen Platz unter Kollegeninnen und Kollegen in der Buchhaltung. Es war eine Position, an der ich mehr Gefallen finden konnte als an der vorigen. Es ging lustig zu, eine Atmosphäre, die mir wieder sehr gut tat. Umso wichtiger war es, nun mit offenen Karten zu spielen. Ich wollte nicht riskieren, dass die vielen Arztbesuche einen Eindruck vermittelten, der sich leicht fehlinterpretieren ließ.

      Auf Anraten meines Frauenarztes unterzog ich mich nach fast anderthalb Jahren Behandlung einer Gebärmutter- und Eileiterspiegelung.

      Mein Mann hatte sich kurz zuvor untersuchen lassen, ob das Ausbleiben einer Schwangerschaft vielleicht auch an ihm liegen konnte, allerdings ohne Befund. Demnach war der Eingriff, der unter Narkose in der Praxis vorgenommen werden würde, unumgänglich.

      Insgeheim hoffte ich, dass sich eine Ursache finden ließe, damit diese ewige Ungewissheit endlich ein Ende finden würde. Völlig in der Luft zu schweben und nicht zu wissen, was mit einem ist oder woran man ist, konnte und kann ich mit mir schlecht vereinbaren. Ich bin ein Mensch der Antworten

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