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Die unglaublichen Fälle des Harry Hell. Alexander Besier
Читать онлайн.Название Die unglaublichen Fälle des Harry Hell
Год выпуска 0
isbn 9783738013054
Автор произведения Alexander Besier
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Nimm das, du Arschgeige. Ich hab ...“ Ein harter Fußtritt in die Körpermitte schleudert ihn durch den Raum. Zakky bleibt würgend und zuckend liegen. Ich will ihn in den Polizeigriff nehmen, doch Cas hält mich auf.
„Bitte, Harry, es ist gut. Keine weitere Gewalt. Er ist erledigt.“
Meine Hand pumpt Blut. Eine von Cas Mitarbeiterinnen hat einen alten Verbandskasten organisiert und versorgt mich und das Mädchen. „Hier Mister, du hast was verloren.“
Ein Mädchen reicht mir das Bild der Toten vom Müll. Die pechschwarzen Haare sind verfilzt, die abgewetzten Trainingshosen viel zu groß und die Augen müde. Mit durchgestrecktem Rücken und verschränkten Armen wartet sie scheinbar auf eine Belohnung.
„Danke. Wie heißt du?“
„Salome. Alle nennen mich Sal.“
Ich beschließe, die Gelegenheit gleich zu nutzen:
„Hey Sal, hast du das Mädchen auf dem Bild vielleicht schon mal gesehen? Ich möchte gerne wissen, wie es heißt.“
Sie grinst von Ohr zu Ohr, als hätte ich einen guten Scherz gemacht.
„Nee. Keine Ahnung, wer das ist. Nie gesehen. Gwen?“
Sal wendet sich einer Gruppe Halbstarker zu. Auf ihren Zuruf dreht sich ein größeres Mädchen um. Es sieht aus wie eine Bordsteinschwalbe: Enge, kurze Oberbekleidung, die Lippen signalrot und kunstvoll gefärbtes, langes Haar. Die Große schielt kurz auf die Kleine herunter und wendet sich wieder den Kumpels zu.
„Du nervst, Sal. Ich bin gerade mitten im Gespräch. Hier reden Erwachsene.“ Mit Nachdruck schiebt sie Sal beiseite. Die ist gar nicht beeindruckt.
„Gwen, hast du die hier schon mal gesehen?“
Wütend dreht sich die Große um und wirft einen Blick auf das Bild. Ohne Vorwarnung scheuert sie der Kleinen eine.
„Spinnst du? Hab dir doch gesagt, du sollst den Bullen keine Antwort geben, oder?“
Sal duckt sich in Erwartung einer zweiten Ohrfeige, stattdessen schiebt Gwen sie aus dem Weg und baut sich vor mir auf.
„Hör auf meine Schwester zu diggen. Bin mir sicher, dass die Fresse hier keiner kennt. Du wirst hier keinen finden, der dir eine Antwort geben wird, kapiert?“
Sie schreit es mir ins Gesicht. Ich merke, dass der letzte Satz vor allem eine Drohung an die Anwesenden ist, sich nicht mit mir einzulassen.
„Ist heut nicht Ihr Tag, Mister.“ Sal zuckt mit den Schultern und trollt sich.
Cas steht plötzlich neben mir. „Wie geht es deiner Hand? Ist die Wunde tief?“ Der Verband hat sich mit Blut vollgesogen.
„Wird schon gehen. Sag mal, passiert das häufiger, dass hier einer ausrastet?“ Sie sieht erschöpft aus: Die Ringe unter den Augen sind dunkler geworden, die Wangen wirken eingefallen und selbst ihre Locken scheinen an Spannkraft verloren zu haben.
„Nicht selten. Wir dulden hier keine Drogen und manche von den Kindern sind Schwerstabhängige. Zakky beispielsweise ist erst zehn. Er ist einer der gefährlichsten Fälle. Für Drogen macht er alles: auf den Strich gehen, klauen, abziehen und betteln. Er kommt nur hierher, wenn ihn der Hunger treibt. Bevor er hier herein darf, wird er gründlich gefilzt. Weder Sozialarbeiter noch Polizei haben ihn unter Kontrolle bringen können, dazu kommt, dass seine Tage gezählt sind, denn durch das Fixen hat er eine tödliche Immunschwächekrankheit bekommen.“
Beinahe hätte mir also ein zehnjähriger, schwindsüchtiger Junkie den Bauch aufgeschlitzt. Ich frage Cas nach den beiden Schwestern.
„Die beiden sind Stammgäste hier. Die Ältere hat eine gewisse Autorität bei den Kindern hier. Gwen kümmert sich aufopfernd um Sal. Die beiden leben auf dem heruntergekommenen Indus-triegelände der alten Stahlfabrik unten am Hafen. Einmal in der Woche schicken wir einen Wagen hin, der Decken, Kleidung und Essen verteilt. Selbst die Polizei wagt sich nur selten dorthin.“
„Ich habe den Eindruck, die Große hat das Mädchen auf dem Bild wiedererkannt. Sie behauptet das Gegenteil und hat scheinbar eine Warnung an alle Anwesenden ausgesprochen mir Informationen zu geben.“
„Die werden dir nichts sagen. Für sie bist du ein Spitzel, eine Gefahr, einer mehr, dem sie nicht vertrauen. Sie würden keine anderen Kids verraten. Die halten zusammen wie Pech und Schwefel.“
In der Zwischenzeit versammelt sich die Horde wieder im Aufenthaltsraum. Mich treffen misstrauische Blicke aus traurigen Augen. Ich fühle mich wie ein Affe im Zoo.
„Warum kümmert sich eigentlich niemand sonst um die Kinder? Es gibt doch Waisenheime und Pflegefamilien, Sozialarbeiter, Polizei und was weiß ich noch alles.“
Mich trifft ein mitleidiger Blick.
„Es gibt ein offiziell gut ausgebautes Netz von Fürsorge-einrichtungen. Derzeit dürften es mehrere Tausend Kinder und Jugendliche sein, die so versorgt werden. Ich habe darüber einige Studien ausgearbeitet. Es mangelt nicht unbedingt am Geld. Allerdings gibt es auch eine andere Seite des Systems: Missbrauch, Versklavung und Verwahrlosung. Seit sich das Bürgertum hinter seine Stacheldrahtzäune verkrochen hat und der Slum im Süden der Stadt stetig wächst, hat sich die öffentliche Fürsorge in einen Sumpf aus Ausbeutung und Korruption gewandelt. Es sind zu viele Fälle. Die Eltern, Behörden und Einrichtungen sind schlicht überfordert. Zudem sind die Kinder und Jugendlichen häufig in verschworenen Gemeinschaften organisiert, auf die wir keinen Zugriff haben, vor deren Brutalität wir zurückschrecken.“
Ich habe vorerst genug und verabschiede mich von Cas. Die beiden Schwestern sind von einem Augenblick zum anderen im Gewühl verschwunden.
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