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zu lächeln, dachte Sebastian.

      „In Russland, wie in vielen anderen Ländern auch, bekommen Sie außerdem überhaupt keine verlässliche Information über den Gesundheitszustand der Kinder“, fügte Véronique Dumont eifrig hinzu. „Sie haben zum Beispiel keine Information darüber, ob die Mutter Alkoholikerin ist, in Russland eine weit verbreitete Krankheit, wie Sie vielleicht wissen. Und ein Kind mit fötalem Alkoholsyndrom, das möchten wir niemandem von Ihnen wünschen.“

      Sebastian fragte sich, ob Véronique Dumont mit diesen Erläuterungen ihre Zuhörer darüber hinweg trösten wollte, dass sie in Russland auf einer schwarzen Liste standen.

      „Kambodscha?“, fragte Julia.

      Aikiko Watanabe aus dem Labor, die so offen und scheinbar unbeschwert über ihre Fertilitätsprobleme redete, als wenn jemand anders davon betroffen wäre, hatte eine kambodschanische Anwältin an der Hand, die ihr schon mehrere Säuglinge angeboten hatte. In der letzten Minute hatte Aikiko doch immer der Mut verlassen. Noch hoffte sie, dass sie nach zehn Fehlgeburten in fünf Jahren irgendwann noch einmal schwanger werden und es bis zum Ende schaffen würde. Selbst stahlharte Japanerinnen hegten eitle Hoffnungen, wenn es um diese schwierige Frage ging.

      „Das können wir Ihnen überhaupt nicht empfehlen“, versetzte Véronique Dumont scharf. „In Kambodscha und Laos operiert organisierter Menschenhandel. Die Frauen werden dazu gezwungen oder wenigstens dafür bezahlt, Kinder zu bekommen. Das ist illegal.“

      „Die meisten Länder verlangen übrigens von Ihnen, dass Sie verheiratet sind“, erklärte Lambert weiter. Ob man denn im Verlauf des Adoptionsverfahrens noch heiraten könnte, wollte ein Paar wissen. Sebastian begannen die allein stehenden Frauen noch mehr leid zu tun als er sich selbst.

      „Ja, selbstverständlich“, sagte Lambert in einem Anflug von Pragmatismus und positiver Lebenshaltung. „In einigen afrikanischen Ländern können auch allein stehende Frauen adoptieren. In den meisten afrikanischen Ländern ist das Konzept der Adoption allerdings nicht bekannt.“

      Sebastian wusste dank des senegalesischen Freundes von einer von Julias Freundinnen, dass afrikanische Familien sich gegenseitig Kinder schenkten, zum Beispiel wenn eine von ihnen Probleme hatte, einen Sohn zu zeugen. Vielleicht konnte man die Afrikaner davon überzeugen, Julia und ihn in diesem System zu berücksichtigen.

      „Wenn Sie freilich bereit sind, ein älteres Kind zu adoptieren oder ein krankes“, sagte Lambert, „dann wird das Adoptionsverfahren jedenfalls sehr viel einfacher. Dann können Sie auch als Single auf ein Kind hoffen oder wenn Sie älter als 50 sind.“

      Julia lachte trocken und schloss sich den zahlreichen Männer und Frauen aus dem Publikum an, die ihren Arm gehoben hatten.

      „Nicht“, flüsterte Sebastian. Er zog vorsichtig Julias Arm wieder herunter. Sie entwand ihm unwillig ihre Hand. „Warum denn nicht?“, zischte sie. Schließlich gab sie nach.

      Lambert und seine Kolleginnen erklärten die nächsten Schritte für diejenigen, die sich von der Einführungsveranstaltung immer noch nicht hatten abschrecken lassen. Formulare waren auszufüllen, Gehaltsbescheinigungen und Steuererklärungen beizubringen. Die Adoptionswilligen mussten einen Arzt und einen Psychiater aufsuchen. Wenn alle ihre Unterlagen vollständig waren, würden sie zum Sechsaugengespräch zu Madame Matthieu oder einer ihrer Kolleginnen vorgeladen werden.

      Sebastian las sich ungläubig die stenographischen Antworten durch, mit denen Julia ihre Motivation für eine Adoption begründete. Warum wenden sie sich an den Pariser Adoptionstreffpunkt? -Kinderwunsch und Unfähigkeit, ein eigenes Kind zu zeugen, hatte Julia in ihrer kaum leserlichen Handschrift knapp kommentiert, dort wo Raum für mehrere Absätze herzzerreißender Bekenntnisse gewesen wäre. Wie stehen ihre Freunde und Verwandten zu ihrem Adoptionsprojekt? -Unterstützung, lautete Julias Antwort.

      „Na klar“, sagte Julia, als sie wieder draußen auf der Straße waren, „Adoptivkinder sind sehr verletzlich, die kann man nur den allerbesten und stabilsten Familien anvertrauen. Nur wenn sie ganz besonders verletzlich sind, weil sie schon jahrelang im Heim traumatische Erfahrungen gemacht haben oder krank sind, dann können sich auch Eltern mit kleinen Schönheitsfehlern um sie kümmern. So wie Singles oder Alte.“ Sie wandte sich Sebastian zu. „Bist du dir eigentlich darüber im Klaren, was die da geredet haben?“

      „Das geht eben alles nach Angebot und Nachfrage“, sagte Sebastian leise. Er fühlte sich, als wenn er gerade von einer Horde Skinheads zusammengeschlagen worden wäre. Julia nahm ihn in den Arm und streichelte ihm über die Haare.

      „Wir bekommen unser Kind“, sagte sie und sah ihm entschlossen in die vermeintlich kontaktlinsenkrisengeröteten Augen. „Dann muss ich eben versuchen, über das Institut in Entwicklungsländern Kontakte aufzubauen und wir machen das selbst. Spanisch kann ich doch. Oder es wird in Deutschland etwas. Oder wir versuchen eben die Eizellspende.“

      Sebastian drückte Julia fest an sich. „Du musst in die Klinik“, sagte er. „Um zwölf ist mein Samen fertig für die Insemination.“

      Julia lachte. Lambert und Kolleginnen hatten ihnen in der Einführungsrunde auf das Strengste klar gemacht, das Adoptionsverfahren und Bemühungen um ein eigenes Kind absolut unvereinbar waren. „Wahrscheinlich treffe ich die Hälfte der Leute im Wartezimmer wieder.“

      Die beiden küssten sich zum Abschied.

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