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die Hygienebestimmungen verschärft und die unpasteurisierte und daher potenziell verkeimte Limo durfte auf einmal nicht mehr verkauft werden. Stattdessen überschwemmte zuckrige Westbrause den Markt. Der Niedergang dauerte etwa zehn, 15 Jahre an, dann schlug der Patriotismus zurück. An der Spitze der »Anti-Colanizierungs«-Bewegung: Ein russisches Unternehmen, dessen Name übersetzt etwa so viel heißt wie »Nicht Cola«. Die Marketingkampagne war erfolgreich, bald floss wieder Kvas durch russische Kehlen. Und, Ironie der Geschichte, bald darauf auch durch amerikanische. »Dank Kvas konnte ich mein Geschäft vergrößern und vier neue Läden eröffnen. In ein paar Jahren wird es mich zum Millionär machen!«, zitiert ein 2010 veröffentlichter Artikel einen Ladeninhaber aus New York, dem die Kunden wegen der erfrischenden Limo förmlich die Bude einrennen. 20 oder 30 Jahre früher hätte ihm sein flottes Werbesprüchlein »ein tolles Produkt aus Russland« vermutlich den Bankrott beschert. In deutschen Reformhäusern wird seit Anfang der 1980er ein ähnliches Getränk verkauft, das allerdings aus Biozutaten und Quellwasser hergestellt wird und tatsächlich alkoholfrei ist. Massentauglich ist der Gesundheits-Drink damit hierzulande nicht geworden. Vielleicht ändert sich das mit Kvass. Russian Soda, das seit Kurzem in Hessen gebraut wird: Es hat laut Hersteller eine hohe »Mixability« und ist auch »mit Wodka oder Jägermeister ein echter Bringer«. Das wird sich das hippe Partyvolk nicht zwei Mal sagen lassen. Russen werden darüber nur den Kopf schütteln: Entweder Kvas oder Wodka.

      18 Farnspitzen als Gemüse: Wilde Locken auf dem Teller

       Name: Fiddleheads, Pikopiko, Kogomi, Gosarí, Juè-Cài

       Region: Kanada, USA, Neuseeland, Japan, Korea, China, Taiwan

       Verzehr: Blanchiert, als Rohkost

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       (c) Charles Royal / www.maorifood.com

      Auf dem Teller liegen grüne Gemüsekringel in ornamentalen Schnörkeln, die einem irgendwie bekannt vorkommen. Zumindest, wenn man gelegentlich im Wald spazieren geht. Farnspitzen? Kann man die essen? Man kann – allerdings nur einige wenige der etwa 12.000 Arten, die es weltweit gibt, und auch die nur zu einer bestimmten Jahreszeit. Die meisten Arten dieser Millionen Jahre alten Pflanze, die unsere Erde zu Urzeiten als riesige Wälder bedeckte, verursachen Magenschmerzen oder sind giftig, einige stehen auch im Verdacht, Krebs zu erregen.

      In Nordamerika, Neuseeland und einigen südostasiatischen Ländern gelten die zarten Spitzen, bevorzugt vom Straußen- oder Adlerfarn, als Delikatesse. Als eine sehr begehrte noch dazu: Nur die ganz jungen, noch zusammengerollten Blätter sind nämlich essbar und die können auf der Nordhalbkugel nur etwa zwei Wochen pro Jahr geerntet werden – etwa im April oder Mai. Dann in den Wald zu gehen und die erste Portion des Jahres zu sammeln, ist für viele Familien in Asien oder auch Nordamerika eine Frühjahrstradition. In Neuseeland ist die Ernte dank der unterschiedlichen Klimazonen zwischen Ende Juni und Ende Dezember möglich. Und noch etwas macht dieses Wildgemüse zu etwas Besonderem: Bislang wird es nicht kommerziell angebaut. Auch auf den Märkten in den jeweiligen Ländern bekommt man Farnspitzen nur während der sehr kurzen Saison und zu einem entsprechend hohen Preis, den Rest des Jahres muss man mit eingelegter Ware vorlieb nehmen.

      In Nordamerika heißen sie Fiddleheads, Geigenköpfe, weil ihr Aussehen an den Schnörkel am oberen Ende des Streichinstruments erinnert. Schon die Ureinwohner kannten sie als gesundes Gemüse, das nach einem langen Winter die Lebensgeister weckte. Genau wie die Maori in Neuseeland, wo es auch als »Buschspargel« bekannt ist. Sein Geschmack erinnert tatsächlich an das liebste Frühjahrsgemüse der Deutschen: Es hat eine leichte Bitternote und noch etwas Biss, nachdem es blanchiert wurde (da der junge Farn dicht über dem Boden wächst und Keime tragen kann, sollte er zunächst gründlich gewaschen und kurz abgekocht werden). Danach wird er einfach in Butter oder Öl geschwenkt und mit etwas Zitronensaft oder – vor allem im asiatischen Raum – mit Knoblauch, Sesam und Sojasoße verfeinert, um das Waldaroma nicht zu übertünchen. Er schmeckt auch zu Pasta, in Quiches oder als Topping für einen ganz besonderen grünen Salat.

      Im Zuge der Rückbesinnung auf regionale Zutaten haben es die Farnspitzen nun auch auf die Menüs der ersten gehobenen Restaurants geschafft. In Neuseeland beispielsweise experimentieren einige Köche mit Produkten, die schon die Ureinwohner kannten. Die Nachfrage ist bereits so groß, dass der Maori-Koch Charles Royal, der schon seit Jahren mit selbst gesammeltem Pikopiko und anderem Busch-Gemüse arbeitet, diese Zutaten nun auch an Kollegen verkauft. Und in Japan ist die Vorfreude auf die Kogomi-Saison so groß, dass sie sogar mit einer eigenen Hello-Kitty-Frühjahrsedition begrüßt wird: Das Kätzchen mit der Schleife am Ohr sitzt inmitten von Schaumstoff-Farnspitzen und lugt zwischen den Kringeln hervor. Entzückend. In Deutschland haben die wilden Kringel noch keine kulinarische Karriere gemacht, dabei wachsen Adlerfarne, die in Asien bevorzugt verspeist werden, auch hierzulande. Und so sind es bislang nur vereinzelt ausgewanderte Koreaner, Japaner oder Chinesen, die im Frühjahr in unseren Wäldern sammeln gehen.

      19 Granita: Schneematsch zum Frühstück

       Name: Granita

       Region: Sizilien, Italien

       Verzehr: Gefroren

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       (c) Alf Altendorf unter CC Lizenz

      Auf den ersten Blick scheint es dasselbe Getränk zu sein, das in Nordamerika so omnipräsent ist wie die Tankstellen und Fast-Food-Ketten, die sie verkaufen: Es handelt sich um einen sogenannten »gefrorenen Drink«, der im Land der unbegrenzten Geschmacksrichtungen zum Beispiel mit Erdbeer-, Orangen- oder Zitronenaroma verkauft wird. Wonach die eisige, Zunge und Rachen betäubende Pampe, die man kaum durch den Strohhalm geschlürft kriegt, tatsächlich schmeckt, lässt sich nicht genau sagen. Erdbeeren oder echter Orangensaft haben sich vermutlich nicht hinein verirrt. Sonst könnte man den Drink ja auch nicht als easy Rezeptur aus Pulver und Wasser verkaufen, gelingsicher selbst für Thekenpersonal mit zwei linken Händen und verkümmerten Geschmacksknospen. In einer speziellen Maschine mit aquariumähnlichem Aufsatz rotiert die Mixtur dann non-stop um einen unter null Grad gekühlten Zylinder und entwickelt dabei eine Konsistenz wie Schneematsch.

      Was dem Eisdrink an Geschmack fehlt, macht er durch Farbe wieder wett: Sein grelles Rot oder schreiendes Grün wird selbst von blinden Kunden zielsicher geortet. Manch einer bleibt vor den Mixarmen, die wieder und wieder und wieder durch die angefrorene Pampe pflügen, auch erst einmal wie hypnotisiert stehen. Auf Hemd oder Hose kleckern sollte man sich das Getränk allerdings nur, wenn man auf Batikmuster in Knallfarben steht. Im Internet finden sich nämlich Anleitungen zum Einfärben von Stoff mit jenem Pulver, das zum Anrühren der beliebten Schneematsch-Getränke verwendet wird – es ist günstiger als das eigentlich dafür gedachte Färbemittel aus der Drogerie. Gerüchten zufolge sollen sich auch schon Rockstars damit eine neue Haarfarbe verpasst haben.

      Längst hat das Getränk seinen Siegeszug um die Welt angetreten und ist mittlerweile auch in Geschmacksrichtungen wie Arctic Green Apple oder Berry Blue erhältlich, die nicht einmal mehr so tun als enthielten sie echtes Obst. Wem das alles bekannt vorkommt, wer womöglich sogar schon einmal seine Zunge arktisch Grün gefärbt hat, der sollte nun ja nicht glauben zu wissen, was es mit Granita auf sich hat.

      Granita stammt aus Sizilien und damit dürfte auch schon der größte Unterschied klar sein: Kein Italiener, der etwas auf sich hält, verarbeitet in seiner Küche etwas anderes als natürliche Zutaten. Im Zitronen-Granita ist selbstverständlich frisch gepresster Zitronensaft und etwas geriebene Zitronenschale. Und das kräftige Dunkelviolett oder satte Grün anderer Geschmacksrichtungen kommt von den untergerührten Maulbeeren, die vollreif gepflückt wurden (weshalb es diese Geschmacksrichtung auch nur zwei Monate im Jahr gibt), oder von fein gehackten Pistazienkernen.

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