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du Teufelsfratze, rühre dich! Suche!« schrie plötzlich Denissow mit drohender Gebärde dem Burschen zu. »Der Beutel muß her, oder ich lasse alle auspeitschen!« Rostow gürtete den Säbel um und setzte die Mütze auf.

      »Ich sage dir, der Beutel muß her!« schrie Denissow.

      »Denissow, lasse ihn los! Ich weiß, wer ihn genommen hat«, sagte Rostow und ging zur Tür. Denissow bedachte sich, und als er begriff, was Rostow meinte, faßte er ihn an der Hand.

      »Unsinn!« schrie er so heftig, daß die Adern wie Stricke an seinem Hals hervortraten. »Ich sage dir, du bist toll geworden! Aber das erlaube ich nicht. Der Beutel ist hier! Ich ziehe dem Strolch das Fell über die Ohren, er muß gefunden werden!«

      »Ich weiß, wer ihn genommen hat«, wiederholte Rostow mit zitternder Stimme und ging zur Tür.

      »Ich sage dir, unterstehe dich nicht, das zu tun!« rief Denissow und stürzte auf den Junker zu, um ihn zurückzuhalten. Aber Rostow riß seinen Arm los und blickte Denissow wütend an, als wäre er sein größter Feind.

      »Weißt du, was du sagst?« fragte er mit bebender Stimme. »Außer mir war niemand im Zimmer. Also, wenn es nicht so ist, so …«

      Er konnte nicht zu Ende sprechen und stürzte aus dem Zimmer. »Alle sollen zum Teufel gehen!« waren die letzten Worte, welche Rostow vernahm.

      Rostow ging gerade in das Quartier Teljanins.

      »Der Herr ist nicht zu Hause, er ist zum Stab geritten«, sagte ihm der Bursche Teljanins. »Oder ist etwas vorgefallen?« fragte er, verwundert über das aufgeregte Gesicht des Junkers.

      »Nein, nichts!«

      Der Stab befand sich in einem Dorf, drei Kilometer von Salzeneck. Ohne nach Hause zurückzukehren, nahm Rostow ein Pferd und ritt dahin. In dem Dorfe, wo der Stab lag, war ein Wirtshaus, das von den Offizieren besucht wurde. Dort stieg Rostow ab. Vor der Tür sah er Teljanins Pferd. Im zweiten Zimmer saß der Leutnant bei Würstchen und Wein.

      »Ah, Sie sind auch gekommen, junger Mann?« fragte er lächelnd.

      »Ja«, erwiderte Rostow mit Anstrengung und setzte sich auf den nächsten Stuhl. Beide schwiegen. Im Zimmer saßen zwei Deutsche und ein russischer Offizier. Es herrschte allgemeines Schweigen, das nur von dem Klappern der Messer und Teller unterbrochen wurde. Als Teljanin mit seinem Frühstück fertig war, nahm er aus der Tasche einen Beutel, schob mit seinen kleinen weißen Fingern den einen Ring zurück, nahm ein Goldstück heraus und gab es dem Diener mit hochgezogenen Augenbrauen.

      »Aber schnell!« sagte er.

      Es war ein neues Goldstück. Rostow stand auf und ging auf Teljanin zu.

      »Erlauben Sie mir, den Geldbeutel zu besichtigen«, sagte er mit kaum hörbarer Stimme.

      Als Teljanin ihm den Beutel übergab, schweiften seine Augen umher. »Ja, ein sehr hübscher Geldbeutel!« sagte er. »Ja … ja … sehen Sie ihn an, jedermann ist entzückt davon, ja …«, sagte er, und plötzlich erbleichte er. Rostow betrachtete den Geldbeutel und das Geld, das darin war, dann sah er Teljanin scharf an. Der Leutnant blickte umher und schien plötzlich sehr aufgeräumt zu werden.

      »Wenn wir nach Wien kommen, dann werde ich alles dort lassen«, sagte er, »aber in diesen gräulichen Nestern weiß man nicht, was man mit Geld anfangen soll. Nun geben Sie her, junger Mann, ich gehe!«

      Rostow schwieg.

      »Und wonach sind Sie gekommen? Auch um zu frühstücken? Man speist hier ganz anständig«, fuhr Teljanin fort. »Aber geben Sie her!« Er streckte die Hand aus und ergriff den Beutel, den Rostow ihm überließ. Dann steckte er ihn in die Tasche mit einer Miene, als ob er sagen wollte: »Ja, ich stecke den Beutel in die Tasche, das geht niemand etwas an.«

      »Nun, was haben Sie noch, junger Mann?« sagte er und blickte Rostow an. Wie ein elektrischer Funke sprühte es aus den Augen Teljanins in die Rostows und wieder hinüber und herüber, alles in einem Augenblick.

      »Kommen Sie hierher!« sagte Rostow, indem er Teljanin an der Hand faßte und ihn beinahe mit Gewalt zum Fenster zog.

      »Das ist Denissows Geld, Sie haben es genommen!« flüsterte er ihm ins Ohr.

      »Wie … wie … wie wagen Sie es? …« rief Teljanin, aber diese Worte klangen kläglich, wie eine verzweifelte Bitte um Vergebung. Als Rostow diese Stimme vernahm, fiel der Stein des Zweifels von seinem Herzen. Er empfand eine Freude und zugleich Mitleid mit dem Unglücklichen, der vor ihm stand, aber er mußte das begonnene Werk zu Ende führen.

      »Hier können die Leute Gott weiß was denken«, murmelte Teljanin, »aber wir müssen uns aussprechen!« Er griff nach der Mütze und ging nach einem kleinen leeren Zimmer.

      »Ich weiß es und werde es beweisen«, sagte Rostow. In dem bleichen, erschrockenen Gesicht Teljanins zuckten alle Muskeln.

      »Graf, stürzen Sie nicht einen jungen Menschen ins Verderben! Hier ist dieses Unglücksgeld, nehmen Sie es!« Er warf es auf den Tisch. »Ich habe einen alten Vater und eine Mutter!«

      Rostow nahm das Geld und verließ, ohne ein Wort zu sagen, das Zimmer, aber vor der Tür blieb er stehen und wandte sich wieder um.

      »Mein Gott«, sagte er, »wie konnten Sie das tun?«

      »Graf«, sagte Teljanin, auf den Junker zutretend.

      »Rühren Sie mich nicht an!« rief Rostow zurücktretend. »Wenn Sie in Not sind, so nehmen Sie das Geld!« Er warf ihm den Beutel zu und stürzte aus dem Wirtshause hinaus.

      27

      Am Abend dieses Tages fand im Quartier Denissows eine lebhafte Besprechung der Offiziere der Schwadron statt.

      »Ich sage Ihnen, Rostow, Sie müssen sich entschuldigen bei dem Regimentskommandeur«, sagte ein hochgewachsener Stabsrittmeister mit ergrauenden Haaren und mächtigem Schnurrbart zu Rostow, der dunkelrot vor Aufregung zuhörte. Stabsrittmeister Kirsten war zweimal wegen Ehrensachen zum Soldaten degradiert worden und hatte sich zweimal wieder aufgedient.

      »Ich erlaube niemand zu sagen, ich habe gelogen!« rief Rostow. »Er hat mir gesagt, ich habe gelogen, und ich sagte ihm, er lüge selbst, und dabei bleibt es. Man kann mich in den Arrest setzen, entschuldigen werde ich mich nicht; denn wenn er als Regimentskommandeur es seiner nicht für würdig hält, mir Genugtuung zu geben, so …«

      »Warten Sie, Väterchen, hören Sie mich an«, unterbrach ihn der Stabsrittmeister mit seinem tiefen Baß, indem er ruhig seinen langen Schnurrbart strich. »Sie haben in Gegenwart anderer Offiziere zum Regimentskommandeur gesagt, ein Offizier habe gestohlen!«

      »Es ist nicht meine Schuld, daß das Gespräch in Gegenwart anderer Offiziere stattfand. Vielleicht hätte ich damals nicht sprechen sollen, aber ich bin kein Diplomat! Ich bin darum unter die Husaren gegangen, weil ich dachte, hier seien keine Winkelzüge nötig.«

      »Das ist ganz schön, niemand glaubt, daß Sie ein Feigling seien, aber darum handelt es sich nicht. Fragen Sie Denissow! Ist das erhört, daß ein Junker Genugtuung von seinem Oberst verlangt?«

      Denissow hörte mit finsterer Miene zu, augenscheinlich wollte er sich nicht einmischen. Auf die Frage des Stabsrittmeisters schüttelte er den Kopf.

      »Sie müssen sich jedenfalls entschuldigen!«

      »Auf keinen Fall!« rief Rostow.

      »Das hätte ich von Ihnen nicht erwartet«, sagte ernst und streng der Stabsrittmeister. »Sie wollen sich nicht entschuldigen, obgleich Sie nicht nur ihm gegenüber, sondern dem ganzen Regiment und uns allen gegenüber sich vergangen haben! Was soll der Regimentskommandeur nun tun? Soll er einen Offizier vor Gericht stellen und das ganze Regiment dadurch beschimpfen – wegen eines einzigen Nichtswürdigen das ganze Regiment entehren? Ist das etwa Ihre Ansicht? Unsere Ansicht ist es nicht, und der Oberst hat richtig gehandelt, als er Ihnen sagte, Sie reden die Unwahrheit! Sie sind selber

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