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um sich, dann kam ihm mit dem vollen Bewusstsein auch sofort Klarheit über den Ernst seiner Lage? Von Kind auf gewohnt, sich nur auf seine eigenen Hilfsmittel zu verlassen, dachte er nicht erst an fremde Hilfe, sondern überlegte sich, welche Möglichkeiten zu entkommen in seiner eigenen Macht lagen. Er wagte keinen Versuch, seine Fesseln zu zerreißen, solange ihn die Schwarzen trugen, damit diese sie nicht aus erweckter Befürchtung verstärkten. Als seine Häscher herausfanden, dass er bei Besinnung war, hatten sie keine Lust mehr, den schweren Menschen in der Dschungelhitze zu tragen, sie stellten ihn auf seine eigenen Beine und zwangen ihn zum Vorwärtsgehen, indem sie ihn ab und zu mit ihren Speeren stachen, wobei sie aber ihre abergläubische Scheu vor ihm nicht ganz verbergen konnten.

      Da sie entdeckten, dass das Stechen keine Zeichen von Schmerzen hervorrief, wuchs ihr Schauder noch, so dass sie die Quälerei bald sein ließen, weil sie schon halb und halb glaubten, dass der fremde, weiße Riese ein übernatürliches Wesen sei, dem man keinen Schmerz zufügen konnte.

      Als sie dem Dorf näherkamen, stießen sie ihren lauten Siegesruf aus, so dass um die Zeit, als sie das Tor tanzend und speerschwingend erreichten, eine große Menge von Männern, Weibern und Kindern zu ihrer Begrüßung versammelt war, um die Erzählung ihres Abenteuers zu hören.

      Die Augen der Dorfbewohner blickten starr auf den Gefangenen und die großen Mäuler standen ihnen vor Staunen und Ungläubigkeit weit offen. Seit Monaten lebten sie in ständiger Angst vor einem unheimlichen, weißen Dämon, und nur wenige, die ihn gesehen hatten, waren am Leben geblieben, um ihn zu beschreiben. Krieger waren schon in Sicht des Dorfes mitten auf dem Weg und aus der Mitte ihrer Kameraden so geheimnisvoll und spurlos verschwunden, als ob sie die Erde verschlungen hätte und später in der Nacht waren ihre Leichen wie vom Himmel herab auf die Dorfstraße gefallen.

      Dieses fürchterliche Wesen war nachts in den Hütten erschienen, hatte getötet und hatte beim Verschwinden außer den Getöteten in den Hütten noch erschreckende Anzeichen seines unheimlichen Sinnes für Humor hinterlassen.

      Aber jetzt war er in ihrer Gewalt und konnte sie nicht länger erschrecken! Langsam dämmerte ihnen die Erkenntnis dieser Tatsache. Ein Weib sprang mit einem Schrei vor und schlug den Affenmenschen in das Gesicht. Dann kam eine andere und wieder eine, bis Affentarzan von einem schlagenden, kratzenden, brüllenden Haufen der Wilden umgeben war.

      Aber der Häuptling Mbonga ging zwischen sie hinein und hieb kräftig mit dem Speer nach den Schultern seiner Leute, bis er sie von ihrem Opfer wegtrieb.

      »Wir werden ihn für heute Abend aufheben«, sagte er.

      Weit draußen im Dschungel stand Tantor, der Elefant, mit hochgestellten Ohren und pendelndem Rüssel. Seine anfängliche sinnlose Angst hatte sich gelegt. Aber was ging in den Windungen seines wilden Gehirnes vor sich? War es möglich, dass er nach Tarzan suchte? Konnte er sich an den Dienst, den ihm der Affenmensch geleistet hatte, erinnern und seine Bedeutung ermessen? Das steht außer Zweifel. Aber fühlte er wohl Dankbarkeit? Hätte er wohl sein eigenes Leben gewagt, um Tarzan zu retten, wenn er die Gefahr gekannt hätte, die seinem Freunde drohte? Daran kann man zweifeln. Jeder, der mit Elefanten vertraut ist, wird es bezweifeln. Auch die Engländer, welche in Indien viel mit Elefanten gejagt haben, erklären stets, dass kein Fall bekannt ist, in welchem ein solches Tier einem Menschen in der Gefahr zu Hilfe gekommen wäre, wie oft auch der Mensch sich ihm freundlich gezeigt hatte. Es war also mehr als zweifelhaft, ob Tantor versuchen würde, seine instinktive Angst vor den schwarzen Menschen so weit zu bezwingen, dass er Tarzan zu Hilfe kommen konnte.

      Die Schreie der wütenden Dorfbewohner drangen schwach an seine empfindlichen Ohren, er schwenkte wie erschrocken herum und dachte an Flucht. Aber irgendetwas hielt ihn zurück, er drehte sich wieder um, hob den Rüssel und ließ ein schrilles Trompeten ertönen.

      Dann blieb er lauschend stehen.

      In dem entfernten Dorf, wo Mbonga mittlerweile Ruhe und Ordnung wieder hergestellt hatte, war Tantors Stimme für die Schwarzen kaum vernehmbar, aber für das scharfe Gehör Tarzans brachte sie eine Botschaft. Seine Häscher führten ihn gerade nach einer Hütte, in der er bis zur nächtlichen Orgie seines martervollen Todes eingeschlossen und bewacht werden sollte. Als er Tantors Ruf hörte, hob er den Kopf hoch und stieß einen schauerlichen Schrei aus, dass es die abergläubischen Schwarzen kalt überlief und dass selbst die ihn bewachenden Krieger ein paar Schritte zurückwichen, obgleich dem Gefangenen die Arme auf dem Rücken gebunden waren.

      Mit erhobenen Speeren umgaben sie ihn. während er noch einen Augenblick lauschend stand. Ganz schwach ließ sich aus der Ferne ein anderes Trompeten als Antwort hören und Affentarzan drehte sich befriedigt um und ging ruhig nach der Hütte, in der sie ihn einsperrten.

      Der Nachmittag verging. Der Affenmensch hörte rund herum im Dorf geschäftige Geräusche zur Vorbereitung des Festes. Durch den Eingang der Hütte sah er die Weiber die Kochfeuer anzünden und ihre irdenen Töpfe mit Wasser füllen. Aber seine Ohren waren der Dschungel zugewendet und lauschten gespannt auf Tantors Kommen.

      Selbst Tarzan konnte nur halb daran glauben, dass er kommen würde. Er kannte Tantor beinahe besser als dieser sich selbst. Er wusste, welch feiges Herz in dem riesigen Körper steckte. Er wusste auch, welch sinnlose Angst die Witterung der Gomangani jener wilden Brust einflößte und je näher die Nacht kam, desto mehr erstarb in seinem Herzen die Hoffnung, und er bereitete sich mit der stoischen Ruhe des wilden Tieres, das er ja auch im Grunde war, darauf vor, seinem ihn erwartenden Geschick zu begegnen.

      Den ganzen Nachmittag hatte er an den Fesseln um seine Gelenke gezerrt, gezerrt, gezerrt. Ganz langsam gaben sie etwas nach. Vielleicht bekam er die Hände frei, ehe sie ihn zu der Schlächterei hinausführten, und dann - Tarzan lächelte kalt und grimmig. Sie sollten seinen Grimm zu kosten bekommen, ehe sie mit ihm fertig würden!

      Schließlich kamen sie - bemalte, mit Feder herausgeputzte Krieger - noch scheußlicher, als sie die Natur schon geschaffen hatte. Sie kamen und stießen ihn durch die Öffnung ins Freie, wo sein Erscheinen von dem versammelten Dorf mit wildem Gebrüll begrüßt wurde. Sie führten ihn nach dem Marterpfahl, gegen den sie ihn rau stießen, um ihn zunächst für den bald beginnenden Todestanz festzubinden. Da spannte Tarzan seine mächtigen Muskeln und zerriss mit einem einzigen, mächtigen Ruck die gelockerten Fesseln seiner Hände. Schnell wie ein Gedanke sprang er unter die nächsten Krieger. Ein Faustschlag streckte den einen zu Boden, während der Affenmensch knurrend und schnarrend dem nächsten an die Kehle sprang. Im Nu gruben sich seine Zähne in die Halsader des Gegners, und dann sprang ein halbes Hundert Schwarzer auf ihn und riss ihn zu Boden.

      Hauend, kratzend, beißend kämpfte der Affenmensch - er kämpfte, wie es ihn seine Pflegeeltern gelehrt hatten - kämpfte wie ein Raubtier, das in die Ecke gedrängt ist. Seine Stärke, seine Gewandtheit, sein Mut und seine Klugheit ließen ihn wohl einem halben Dutzend Schwarzer im Handgemenge gewachsen sein, aber selbst Affentarzan konnte es nicht auf die Dauer erfolgreich mit einem halben Hundert aufnehmen.

      Langsam überwältigten sie ihn, obgleich ein Dutzend von ihnen aus bösen Wunden blutete, während zwei schon ganz still unter den trampelnden Füßen und den herumrollenden Körpern der Ringer lagen.

      Überwältigen konnten sie ihn wohl. Aber ob sie ihn auch zum Binden festhalten konnten? Eine halbe Stunde der verzweifeltsten Anstrengung bewies ihnen, dass sie dazu nicht imstande waren, und Mbonga, der sich wie alle tüchtigen Anführer im sicheren Hintergrunde gehalten hatte, befahl einem, mit dem Speer dazwischen zu gehen und das Opfer zu durchbohren. Langsam näherte sich der Krieger durch den Strudel kämpfender Männer seinem Ziel.

      Er hob den Speer über den Kopf und wartete auf den Augenblick, der ihm einen Teil des Affenmenschen freigeben würde, ohne dass der Stoß einen Schwarzen gefährdete. Näher und näher drängte er sich zwischen die Bewegungen der ringenden, sich windenden Kämpfer. Bei dem Knurren des Affenmenschen lief es dem Krieger mit kaltem Schauer das Rückgrat hinab und er wollte erst recht vorsichtig sein, um nicht bei einem ersten Fehlstoß selbst den erbarmungslosen Zähnen und mächtigen Händen preisgegeben zu sein.

      Endlich erkannte er eine Blöße. Höher hob er seinen Speer, die Muskeln unter der glänzenden, glatten, schwarzen Haut spannten sich wie Seile - als aus der Dschungel gerade hinter

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