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den Trendzug weniger wichtig. Doch auch dort existieren sie und werden von Verlagen erkannt und bedient.

      In der Praxis: Verlagsautorin Vera hat einige Ideen für einen neuen Thriller. Doch worum soll es in dem Thriller gehen? »Die Finanzkrise in Europa«, so sagt ihr Agent, »ist immer noch trendy. Das als Thrillerstoff, das suchen die Verlage, wie mir gestern zwei Lektorinnen unabhängig voneinander gestanden haben.« Vera interessiert sich nicht sonderlich für Wirtschaft. Ihr schwebt als Thema des Romans eher etwas anderes vor: Gewalt in der Ehe. Doch ihr Agent rät ihr ab. »Das Thema ist durch, dazu sind vor drei, vier Jahren einige schöne Romane zu erschienen. Momentan will das keiner haben.« Vera aber beharrt darauf, und ihr Agent zieht schließlich mit. Sie einigen sich darauf, dass der Antagonist der Heldin, ihr Ehemann, als Investmentbanker mit Hedgefonds arbeitet, sodass die Krise zumindest am Rand mit in den Roman hineinspielt – und von der PR-Abteilung des Verlags als Aufhänger benutzt werden und in den Klappentext einfließen kann.

      In der Praxis: Volkers Lektor Rüdi hat den Verlag verlassen, und er schreibt seinen Roman, den er zusammen mit Rüdi entwickelt hat. In dem historischen Roman geht es um die ersten Bergleute im Saarland und das harte Leben am Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Doch als man Volker endlich einen neuen Ansprechpartner im Verlag zur Seite stellt, ist die Rohfassung des Romans längst fertig. Die neue Lektorin, Gerti, ist nicht begeistert. »Nein, die Gegend ist unsexy, außerdem hat Zola das Thema schon vor hundert Jahren abschließend behandelt. Ich glaube nicht, dass ich das im Verlag durchkriege, tut mir leid.« Volker ist frustriert. Soll er es bei einem anderen Verlag versuchen? Oder das Buch irgendwie durchboxen? Oder etwas ganz anderes schreiben?

      Themen und Trends sind ein kitzliges Thema vor allem deshalb, weil sie mehr auf Meinungen, Hoffnungen, Erwartungen, Hörensagen und in die Zukunft fortgeschriebenen Erfolgen aus der Vergangenheit fußen als auf Fakten. Was in dem einen Verlag als Trendthema gilt, kann für den anderen schon ein alter Hut sein und kaum verkäuflich.

      Gerade Agenten, die sich auf ihre Kenntnis des Marktes einiges einbilden, senden ihren Autoren in kurzer Zeit schon mal gegensätzliche oder schlicht falsche Signale. Eine mögliche und fatale Folge: Sie bringen den Autor vom Schreiben eines Buchs ab, das für ihn das richtige Buch zur richtigen Zeit gewesen wäre.

      Die Wahrheit über Trends ist: Sie lassen sich erst im Nachhinein erkennen, frühestens währenddessen und im Zweifel zu spät. Nicht unbedingt für den Autor eines knappen Sachbuchs oder Ratgebers, schon eher jedoch für einen Romanautor. Obwohl das nicht einmal am Autor liegen muss.

      Ironischerweise waren es gerade die den Trends hinterherjagenden Publikumsverlage, die am unbeweglichsten darauf reagieren konnten. Doch das ändert sich. Immer mehr Verlage bringen spezielle E-Book-Reihen auf den Markt oder pushen kürzere und damit schneller zu schreibende Publikationsformen wie Kurzromane und Novellen, um eben dieses Tempo mitzumachen. Harte Konkurrenz für Selfpublisher!

      Hinzu kommt: Große Verlage haben die Macht, Trends – zumindest in Grenzen – selbst anzustoßen. Wenn etwas in der Branche als »heiß« hochgeredet wird, ist es häufig heiß, weil in dem Fall viele Verlage genau nach dem Manuskript suchen, welches den heraufbeschworenen Trend oder das Thema bedient.

      Wer bei einem solchen Verlag mit im Trendboot sitzt, hat gute Karten. Etwa dabei, dass sein trendiges Buch vom Verlag gepusht und mit mehr Werbegeld unterstützt wird.

      Andererseits helfen dem Selfpublisher Kontakte in die Branche fast ebenso viel – und dann kann er schneller sein als der Kollege mit Verlagsvertrag.

      Spannend ist es für Hybrid-Autoren, die beide Publikationsformen nutzen. Einer mag im Verlag einem Trendthema hinterherschreiben, während er als Selbstverleger auf Trends pfeift. Ein anderer macht es genau umgekehrt.

      In der Praxis: Unbeeindruckt von Trends – tatsächlichen, zukünftigen, herbeigeredeten, heraufbeschworenen – kann sich auch Selbstverlegerin Selma fühlen. Sie hat da diese Idee mit diesem Märchenbuch, irgendetwas mit chinesischen Märchenfiguren, die in einer futuristischen Version von Berlin auftauchen, und da ist keiner, der ihr sagt, dass Märchen out sind, in jeder Form, oder dass man gefälligst in einem festen Genre schreiben solle, wenn man gelesen werden will. Selma konzentriert sich auf die Geschichte, die sie erzählen will. Sie zu erzählen, ist für sie eine Flucht in eine Parallelwelt. Eine Flucht, die ihr nicht mehr gelänge, wenn sie andauernd daran denken müsste, ob sie auch den richtigen Trend zur richtigen Zeit bedient oder daran, ob ihr Roman wohl einen Verlag findet. Selma schreibt einfach – und das trägt nicht unerheblich zur Qualität ihrer Texte bei.

      Für die Mehrzahl der Autoren wäre dieses Vorgehen der sichere Weg in finanzielle Verluste. Doch vielen davon ist das wurscht. Sie schreiben einzig, weil es ihnen Freude macht, sie schreiben, weil sie schreiben müssen, um sich wohlzufühlen. Ihr Brotjob und ihr Familienleben fordern ihnen genug ab. Dazu soll das Schreiben einen Ausgleich schaffen.

      Nein, für viele Autoren ist das Lustschreiben genauso wenig ein finanzieller Verlust wie es für andere die Jahresgebühr im Tennisverein oder das Abonnement der Flugrevue ist – für sie ist es normal, dass ein Hobby Geld kostet. Selbst für die, die Bücher veröffentlichen, die gerne Bücher verkaufen würden.

      Trends? Interessieren sie nicht. Und wenn, dann zufällig: Weil jeder gerade über Drohnen schreibt, tun sie das auch – weil sie schlicht eine Menge über Drohnen gelesen haben.

      Themen? Sie nehmen die Themen, die sie schon lange umtreiben, oder sie nehmen Themen, die sie aktuell beschäftigen. Die Energiewende? Warum sollte man darüber nicht noch ein weiteres Sachbuch schreiben, wenn man eine fundierte Meinung dazu hat?

      Das Gegenteil eines Trends ist das Risiko. Für manche Autoren hat das Wort etwas Bedrohliches, sie denken daran, was sie alles verlieren können, wenn sie mit ihrem Projekt scheitern, weil es komplett am Markt, am Zeitgeist, am Trend vorbeigeht: Zeit, Geld, Mut, Anerkennung, Selbstvertrauen.

      Vielleicht haben Sie auch Angst, sich mit Ihrem Thema in die Öffentlichkeit zu begeben, Angst vor Spott, davor, falsch verstanden zu werden, Angst, verletzt zu werden, wenn Sie sich öffnen, Angst vor Kritik, vor Ausgrenzung, vor Neid.

      Wenn Sie zu den risikoscheuen Autoren gehören, sollten Sie hinter das Wort Selfpublishing ein großes Fragezeichen setzen. Gehören Sie zu den Autoren, die von den beschriebenen Ängsten beherrscht werden, gehört das Fragezeichen sogar hinter das Wort Publishing.

      Bedeutet Risiko für Sie aber vor allem die Aussicht auf große Gewinne oder zumindest auf Abenteuer und das Entdecken neuer Welten, haben Sie eine Eigenschaft, die Sie zu einem Kandidaten fürs Selfpublishing macht.

      Selbst wenn der Selfpublisher letztlich über dasselbe Thema schreibt wie der Verlagsautor, selbst wenn er demselben Trend hinterherschreibt, so tut er das doch häufiger aus eigenem Antrieb. Und vielleicht entstehen dadurch authentischere Bücher, Bücher mit mehr Leidenschaft – und wenn das auf ein solides Handwerk trifft, können auch im Selfpublishing Bücher erscheinen, die sowohl trendig als auch gut sind.

      Da wäre noch die Sache mit der Flexibilität. So schnell wie ein Selfpublisher kann kaum ein Verlag, nicht mal ein kleiner, ein bestimmtes Thema bedienen, das gerade die Menschen bewegt. (Auch wenn sich das allmählich ändert, siehe oben.) Der Selfpublisher empfängt Schwingungen aus seiner Umgebung, aus News-Portalen im Web und Nachrichten im Fernsehen. Er leitet das durch seine eigenen Gedanken und Ideen und Erfahrungen und destilliert daraus ein Buch hochprozentiger Aktualität. Wenn er dann noch schnell und ansprechend schreibt, landet das Buch als eines der ersten mitten im Herz eines Trends.

      Leider ist das nicht alles. Solange niemand

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