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Mysterien des Alltags. Andreas A.F. Tröbs
Читать онлайн.Название Mysterien des Alltags
Год выпуска 0
isbn 9783847609988
Автор произведения Andreas A.F. Tröbs
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
So rollten das junge Pärchen durch die Landschaft und der heiße Wind zerteilte alle Gedanken, die warnten und am Ende nur noch störend waren.
Obwohl Sybilles Körpersprache ihrem Gegenüber mehr von sich verriet als tausend Worte, hatte sie beschlossen ihm noch nichts von ihrem „Bauch voller Ameisen“ zu verraten und schlug schließlich einen Ton an, der eher beiläufig klang: „Wie lange kennen wir uns denn eigentlich“? Siegfried ging auf das Spiel ein. Er beendete elegant die leicht angeschnittene Kurve und schaute angestrengt zur Uhr. „Oh, schon sehr lange“, erklärte er in gespieltem Ernst, „wir kennen uns jetzt genau 23 Stunden und warte“, er schaute noch mal auf seine Uhr, „41 Minuten“. „Es ist so ein tolles Gefühl,“ begann sie ungeniert zu schwärmen,“ es scheint so unwirklich gestern mit dir in der Disco und ist doch wahr“. „Und erst die letzte Nacht“, erwiderte er, „schien auch so unwirklich“, „und doch wahr“, hauchte die junge Frau und schaute verführerisch zu dem jungen Mann, der mit seinen 22 Jahren schon bedeutend reifer wirkte. „Mir ist, als ob ich Dich schon seit Ewigkeiten und nicht erst seit knapp 24 Stunden kenne“. „Meinst Du“, entgegnete er und sah sie tiefgründig an. Sie begegnete diesem Blick. Plötzlich schien neben ihr ein anderer Mann zu sitzen, der in keine ihrer bekannten Erscheinungen passte. Es war nicht Siegfried sondern ein greiser Mann, der in einer Kleidung steckte, die ihr total eigentümlich und fremd anmutete. Sein langnasiges, verhärmtes Gesicht war umrahmt von einem struppigen Bart, der in vielen kleinen Löckchen gekräuselt und genauso weißgrau wie sein Haar war und oberhalb des Gürtels endete. Aus dem langen Haar schauten zwei sorgsam geflochtene Zöpfe hervor, die sich gemeinsam mit der restlichen Haarfülle unter einem nach vorn spitz zulaufenden Filzhut von olivgrüner Farbe verbargen. Das gleichfarbige Gewand verführte seine Betrachterin, trotz seines einfachen Schnittes, zu der Annahme, dass sein Besitzer von nobler Herkunft sein muss. Dieses Gewand hatte der Greis einfach und ungeniert über den Körper geworfen, an Brust und Armen leicht gerafft, und endete in weitausladenden Ärmeln, aus denen zwei kräftige Unterarme schauten. Sybille wurde von dieser Erscheinung seltsamerweise kaum berührt. Kein schlagartigen Gefühle der Angst oder gar der Hysterie, die vielleicht bei solch eine prekäre Situation unabdingbar wäre, nein, das Mädchen war erfüllt mit Ruhe und Gelassenheit. Sie besaß obendrein noch die Fähigkeit, diese Situation zu beurteilen. Sie dachte übermütig: „Hops, machen wir jetzt auf David Copperfield?“.
Doch war diese Reaktion normal?
Und: von der Körperlichkeit des Greises ging ein sonderbarer Duft aus, der Sybille fast den Atem nahm. Und der Duft glich dem einer Lotusblühte nur noch um ein vielfaches Intensiver. Er war einzigartig, er war verführerisch. Sie konnte gar nicht anders als sich im Sitz zurückzulehnen und die Augen zu schließen „Ja, ich bin deine Edelfrau“ flüsterte sie als ob sie eine Frage beantwortete. Ihr Busen begann sich schneller zu heben und zu senken. Kleine spitze Schreie entflohen ihrem Mund. Sie warf den Kopf hin und her und begann noch heftiger zu atmen. Sie sog diesen Duft ein, dessen Quelle sie nicht kannte, und von dem sie trinken wollte - trinken bis zur totalen Erschöpfung. Willenlos gab sie sich den Geschehnissen hin.
Konnte sie dem noch entfliehen? Ja, wollte sie denn überhaupt?
Sie spürte wie die Säfte aus jeder Faser ihres Körpers zu fließen begannen, wie sie wild durch ihren gespannten Leib rasten, um sich im übererhitzten Zentrum ihres Ichs zu sammeln, dorthin, wo sie, wie in einem Geysir bereit standen, um heiß und explosionsartig auszubrechen.
Ihr Leib zuckte, wie unter tausend Qualen!
Das Herz pulsierte heftig in ihrem Schoß aus dem sich wohlige Strömungen (gleich glühendem Magma aus dem Inneren eines Vulkans) in ihre steigende Flut der Leidenschaft ergossen! Mit weit übergestrecktem Kopf, glich sie einer Ertrinkenden, die, wie dieser Flut entstiegen, nun dem Leben wiedergegeben war. Sie atmete ganz schnell, sie schrie kehlig laut, temperamentvoll und immer heißblütiger! Immer ungestümer und heftiger. Sie flüsterte, klammerte sich mit der linken Hand fest an Siggis Arm, warf den Kopf vor-zurück und wand sich unter wilden, erregten Schreien. Die Schenkel waren ihr auseinandergeglitten. Wild hob und senkte sich ihre Brüste, die drohten, das leichte Sommerkleid zu zerreißen. Dann durchfuhr ihr Körper ein stummer Schrei, dessen Echo sich vieltausendfach in ihrem Leib brach! Sie hielt die Luft an. Und mit einem mächtigen Zittern entspannten sich Seele und Leib, wie in vielen, kleinen Explosionen! Sybille hatte jedes Zeitgefühl verloren. Sie wusste nichts mehr, hatte die Augen geschlossen und genoss einfach das Abklingen dieses wilden Szenarios. Sie hatte keine Gedanken mehr und trieb wie eine leblose Puppe in die beginnende Ebbe dieser Erregung! Sie wollte auch gar nicht wissen. Der Greis hatte sie nicht einmal berührt! Egal, es war hundert Mal schöner gewesen als in der vergangenen Nacht! Wie konnte das nur geschehen? Doch Sybille war nicht mehr in der Lage darüber nachzudenken. Sie wollte auch nicht! Es war wunderschön. Nur das zählte.
Ermattet lehnte Sie sich zurück. Doch nicht lange und sie erschrak plötzlich wie eine, die aus einem Traum gerissen wird oder wie eine, die blind war und nun sah: „Was ist nun mit diesem alten Mann, der plötzlich den Wagen fährt? Wo ist Siggi?“ Ihr saß die pure Angst im Nacken! Oder war es Scham? Oder war alles nur ein irrsinniger Traum? Sybille wagte nicht ihre Augen zu öffnen. Sie spürte, wie der Wagen fuhr. Nur die Geräusche des Motors und die Rollgräusche der Pneus auf der Straße waren zu hören. Sie überwand ihre Furcht und schaute vorsichtig zu ihm rüber. War sie nun erleichtert oder enttäuscht? Diese Frage konnte sie sich selbst nicht beantworten: am Steuer saß Siggi und verschwunden war der Alte mit seinem süßen Duft. Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt.
Mit hochrotem Kopf sinnierte sie: „ Hier so ein Zirkus aufzuführen, hier neben meinem neuen Freund. Ich glaube ich muss mich jetzt bei ihm entschuldigen“ Sie nahm allen ihren Mut zusammen und begann: „Du Siggi, entsch...“ Doch die Stimme erstarb ihr im Satz, denn er zeigte keine Regung, die irgendeine Anteilnahme an den Geschehnissen in sich barg. Nichts, kein Wimpernschlag, kein Wort, keine Körperbewegung oder -Haltung ging von ihm aus. Hatte sie alles nur geträumt? Ein wilder orgastischer Traum? Sie schloss irritiert die Augen und hörte nur von ihm: „Manchmal lernt man sich in 24 Stunden besser kennen, als in einem ganzen Leben“! Bingo - voll daneben! So schien es ihr, sie verstand diese Worte nicht und quittierte, diese für sie vollkommen deplatzierten Laute mit einem gequälten Lächeln.
„Was meint er wohl damit“, dachte sie, „hat er etwa nicht bemerkt, hat er nicht gesehen, wenigstens gespürt oder gehört, wie ich mich aufgeführt habe? Es ist schon klar, dass er mein Gefühl in diesem Augenblick nicht teilen konnte. Wie auch?“ Sie zuckte verständnislos mit den Schultern! „Aber er muss doch bemerkt haben, wie ich fast vergangen bin vor Wohlgefühl?“ Sie nagte an ihrer Unterlippe und sann über das Geschehene nach. „War Siggi dafür verantwortlich? Wie hätte das denn funktionieren sollen - bei voller Fahrt? Was ist nun mit dem Greis? Habe ich das alles nur geträumt oder bin ich jetzt schon verrückt!“ Sie verwarf aber sofort wieder ihre Gedanken und setzte sich betont lässig die Sonnenbrille vor die Augen, schwieg und der Wagen rollte weiter. „Wollen wir den nächsten Feldweg abbiegen, um uns ein schattiges Fleckchen auf einer Wiese zu suchen?“, fragte sie und war im selben Augenblick verwundert über ihre Frage, eine Frage, die sie eigentlich gar nicht stellen wollte. „Eine gute Idee“, erwiderte er „ich glaube da vorn biegt schon einer ab. Es ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen ist das nicht herrlich, los das machen wir!“.
Gesagt getan. Der Wagen bog von der, vor Hitze fast schmelzenden, Asphaltdecke ab und lenkte auf einen sehr holprigen und staubigen Feldweg ein. „Dort hinten ist eine saftige Wiese und gleich dahinter beginnt ein schattiges Wäldchen“, erklärte Siegfried, der diese Gegend zu kennen schien, und er schnalzte so seltsam mit der Zunge. Sybille durchfuhr dieses Schnalzen total eigentümlich und sie spürte, wie irgendetwas Unsichtbares von hinten über ihren Hals zu kriechen begann. Im ersten Augenblick dachte sie: „was ist denn jetzt schon wieder los?“ Doch sie achtete nicht weiter darauf, sondern erklärte nur: “Du hast Recht, das wird ein gutes Fleckchen für uns sein“, und erschauerte im selben Augenblick über ein neues völlig unbekanntes Gefühl in ihrer Brust. Sie begann nun ernsthaft über diese seltsamen und ihr fremd anmutenden Angewohnheiten dieses Menschen, der sich