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Ruck geht durch Roberts Körper, das Feuer in seinen Augen ist wieder erloschen. „Eben!“, motzt er mich an. „Und darum ist es eine Verschwendung, wenn du Born in the U.S.A. singst, was ja noch nicht einmal stimmt, und dafür deine ganze Zukunft riskierst.“

      „Jetzt ist es jedenfalls passiert. Da hilft es Tilo auch nichts mehr, wenn du auf ihm herumhackst.“, versucht Sirko mich in Schutz zu nehmen.

      „Und ob das was hilft!“, rechtfertigt sich Robert vehement. „Aus unseren Fehlern müssen wir dir richtigen Lehren ziehen – hat schon Lenin gesagt. Und unsere Lehre muss sein, dass es Augenblicke wie diesen geben kann, und wir müssen darauf vorbereitet sein. Wenn ich schon mein Leben verpfusche, dann soll es wenigstens einen Sinn gemacht haben.“

      „Ist dein Leben jetzt verpfuscht?“, wendet sich Sirko halb besorgt, halb amüsiert an mich.

      Ich hebe verlegen die Schultern. „Sie haben nur gesagt, dass ich mir das Abitur abschminken kann.“

      Robert bricht in ein befreiendes Lachen aus. „Der war gut.“, japst er. „Du und Abitur? Bevor das passiert, bricht die Mauer zusammen.“

      Sirko schaut sich aufgeschreckt um. „Pssst! Nicht so laut!“

      Robert hat sich wieder im Griff und räuspert sich verlegen. „Jedenfalls hab ich mir was überlegt. Mein Onkel Herbert will mir doch einen alten Trabi besorgen.“

      Sirko wirft mir einen begeisterten Blick zu.

      „Ist ja irre!“, bricht es aus mir heraus.

      Robert macht eine beschwichtigende Geste. „Nichts Großes. Er schraubt doch gern und hat eine alte Karre vom Schrott wieder fit gemacht. Er meint, nächste Woche sollte sie laufen.“

      „Einen rundgelutschten?“, frage ich ehrfürchtig.

      Robert nickt gönnerhaft. „Rundgelutscht. Und Kombi!“, fügt er in vorgezogenem Besitzerstolz mit breiter Brust hinzu.

      „Wahnsinn!“, kommentiert Sirko.

      „Genau!“, stimmt ihm Robert zu. „Und ich lade euch zur Jungfernfahrt ein.“ Er strahlt mit der Sonne um die Wette.

      „Hast du denn schon die Fleppen gemacht?“, fragt Sirko und schaut ihn skeptisch von der Seite her an.

      „Klar.“ Robert klopft sich selbstbewusst auf die Brusttasche. „Was denkst du denn, warum ich in den Ferien so wenig Zeit hatte. Hab ständig bei der GST gesessen und Auto fahren gelernt.“

      „LKW-Schein?“, frage ich besorgt.

      „Äh, ja, wieso?“ Robert ist der Wandel in meiner Stimme nicht entgangen.

      „Na, da musst du doch dann drei Jahre zur Fahne.“, gebe ich zu bedenken.

      Robert guckt mich an, als hätte ich ihm dargelegt, dass im September die Schule wieder anfängt. „Ja und? Muss ich doch sowieso.“, mault er. „Außerdem ist noch ein Jahr Zeit, da kann viel passieren.“, orakelt er vor sich hin. „Aber das muss ja auch nicht eure Sorge sein.“, unterbindet er weitere Diskussionen. „Jedenfalls will ich am letzten Ferienwochenende nach Gera fahren und ihr kommt mit.“, ruft er und legt seine Arme um unsere Schultern.

      „Gera?“, fiepst Sirko.

      „Was wollen wir denn da?“ Ich lege so viel Verachtung wie möglich in diese Frage. Die erste Ausfahrt mit dem eigenen Auto, und dann soll es ausgerechnet in dieses Kaff gehen?

      „Dort spielen Blitzz.“, erzählt uns Robert mit leuchtenden Augen.

      „Blitzz? Nie gehört.“, wirft Sirko emotionslos ein.

      „Kannst du auch nicht. Bis vor kurzem hießen sie noch Prinzz.“, klärt Robert uns Kulturbanausen auf.

      „Aha, Prinzz.“, entfährt es mir. „Nie gehört.“, ergänze ich nach kurzem Grübeln.

      „Das ist Heavy Metal vom allerfeinsten.“ Robert versucht durch pure Energieentladung seine Begeisterung auf uns zu übertragen.

      „Heavy Metal?“, hakt Sirko nach. „So Krach mit langen Haaren?“

      „Und Lederklamotten.“, werfe ich auch einen qualifizierten Kommentar ein, um zu zeigen, dass ich nicht ganz hinterm Mond lebe, auch wenn mir weder Blitzz, noch Prinzz, noch Heavy Metal viel sagen.

      „Ja, auch das.“, bestätigt Robert, der gar nicht zu merken scheint, wie wenig wir von seinem Vorschlag halten. „Also, seid ihr dabei?“, fragt er aufgeregt wie ein kleiner Junge, der seine Freunde zu einem frechen Streich überreden will.

      Wir wollen ihm die Freude nicht verderben. Wozu hat man denn Freunde? „Also gut.“, ergebe ich mich in mein Schicksal. „Ich komme mit.“

      „Von mir aus.“ Auch Sirko gelingt es nicht, echte Begeisterung zu heucheln. „Aber dann muss auch Olaf mitkommen.“

      „Gute Idee!“, ruft Robert. „Für vier Leute ist doch locker Platz. Das wird ein Spaß!“

      Ich bin mir da nicht so sicher, aber das behalte ich in diesem Augenblick echter Männerfreundschaft lieber für mich.

      Run for your life - Blitzz

      Ehrfürchtig stehen wir am frühen Samstagmorgen um Roberts hellblauen Trabant 600 Kombi herum. Olaf, der nur in T-Shirt und Jeans angerückt ist, versucht, sich durch Trampeln und das Reiben der vor der Brust verschränkten Arme warm zu halten. Sirko fallen vor Müdigkeit ständig die Augen zu, aber der bloße Anblick dieser unglaublichen Rarität, die sich in Roberts Besitz befindet, hält ihn wach genug, um permanent „Ich liebe dich, Alter!“ zu murmeln. Es wird nicht ganz klar, ob er damit Robert oder seinen Trabant meint, aber das ist uns im Augenblick auch völlig gleichgültig.

      Olaf kramt umständlich in der Arschtasche seiner Jeans herum und fördert endlich ein paar weiße Papierstreifen zutage. Ohne ein Wort zu sagen geht er zur Heckklappe des Trabant und beginnt, die weißen Streifen mit Klebeband am Fenster des Autos festzukleben. Neugierig folgen wir ihm und schauen ihm stumm bei der Verschönerung von Roberts fahrbarem Untersatz zu.

      Als er fertig ist, macht er einen Schritt zurück, breitet die Arme aus und ruft begeistert „Tadaaa!“

      Sirko und ich glotzen blöd auf das riesige weiße A, das sich uns präsentiert.

      „Bist du total bescheuert?“, brüllt Robert, stürzt auf sein Auto zu und reißt den unschuldigen Buchstaben mit brachialer Gewalt wieder herunter.

      Ich blinzle verwirrt, Sirko verzieht das Gesicht in echter Verwirrung und Olaf läuft rot an. „Jetzt hör mal!“, versucht er sich in lahmem Widerstand. „Hättest auch einfach sagen können, wenn es dir nicht gefällt. Ich wusste ja nicht, dass du so eitel bist.“ Bockig steckt er die Fäuste in die Hosentaschen.

      „Eitel?“, ereifert sich Robert. „Eitel?“

      „Nicht so laut!“, ermahnt Sirko die beiden Streithähne mit einem ängstlichen Blick auf die umliegenden Fenster. „Die Leute schlafen noch.“

      Robert atmet einmal tief durch und flüstert dann aufgebracht weiter: „Hast du überhaupt eine Ahnung, was das bedeutet?“

      Olaf zuckt unschuldig die Schultern. „Klar. Anfänger. Meine Mutter hat auch so ein A hinten drankleben. Schon seit Jahren.“

      „Anfänger! Anfänger!“, regt sich Robert erneut auf. Man kann ihm förmlich ansehen, wie schwer es ihm fällt, die Stimme nicht wieder zu erheben. „Auf der Fahrerseite, ja, aber doch nicht auf der Beifahrerseite, wo du es hingeklebt hast.“, weist er Olaf zurecht.

      „Nicht?“, fragt der verlegen.

      „Ist doch egal, auf welcher Seite das klebt.“, versuche ich, Olaf beizuspringen. „Er hat es doch nur gut gemeint.“

      „Wohnt ihr denn alle hinterm Mond?“, keucht Robert nun und schlägt sich mit der Hand vor die Stirn. „Es ist ganz und gar nicht egal, wo es klebt. Ein A auf der Beifahrerseite steht für Ausreiseantrag. Wenn die Bullen mich

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