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Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада
Читать онлайн.Название Wolf unter Wölfen
Год выпуска 0
isbn 9783753126494
Автор произведения Ханс Фаллада
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Und mit einer wunderbaren Inkonsequenz, indem er völlig vergaß, was er eben erst gesagt: Warte nur – laß mich erst einmal den großen Schlag tun! Eine wirkliche Summe, die sich lohnt! Dann sollst du sehen, was wir anfangen! Dann sollst du sehen, daß ich kein Spieler bin! Nie wieder gehe ich denen auf den Leim! Warum denn auch – es ist die gemeinste Viecherei, die es gibt – wer wird denn freiwillig zu so was hingehen, wenn er kein Spieler ist –?!
Derweilen sah sie ihn heimkommen, nachtaus, nachtein, mit hohlen Schläfen, feuchtem Haar, glänzenden Augen.
Beinahe war es soweit, Peter! rief er.
Aber seine Taschen waren leer. Dann versetzte er alles, was sie hatten, behielt nur, was er auf dem Leibe trug (sie war in solchen Tagen zu Bettruhe verurteilt), ging fort, grade genug Geld in der Tasche, um das Minimum an Spielmarken kaufen zu können. Kam wieder, mit einem ganz kleinen Gewinn oder auch einmal – sehr selten – die Taschen gestopft voll Geld. Wenn alles zu Ende schien, das mußte sie zugeben, brachte er immer Geld, wenig oder viel, aber er brachte Geld.
Er hatte da irgendein ›System‹ über das Rollen der Roulettekugel, ein System der Systemlosigkeit, ein System, das darauf aufgebaut war, daß die Kugel oft nicht das tat, was sie aller Wahrscheinlichkeit nach hätte tun müssen. Er hatte ihr dies System hundertmal erklärt, aber da sie nie ein Roulette gesehen hatte, konnte sie sich von all dem, was er erzählte, kein rechtes Bild machen. Sie bezweifelte auch, daß er sich immer an sein eigenes System hielt.
Aber wie dem auch war, er hatte es noch stets geschafft. Längst brachte sie es – im Vertrauen darauf – fertig, sich ruhig schlafen zu legen, nicht auf sein Kommen zu warten. Ja, es war sogar besser, sich schlafend zu stellen, wenn sie zufällig einmal wach war. Denn kam er, heimkehrend vom Spiel, heiß vom Spiel, erst einmal ins Reden, gab es die Nacht keinen Schlaf.
Wie de det nur aushältst, Mächen, konnte manchmal die Thumann, die Pottmadamm, kopfschütteln. Imma alle Nächte wech und imma alle eure Pinke in de Tasche! Und es soll ja da von Edelnutten nur so wimmeln! Ick ließe meinen nich!
Aber Sie lassen Ihren doch auch auf den Bau, Frau Thumann! Eine Leiter kann auch mal abrutschen oder ein Brett durchknacken. Und Nutten gibt es überall.
Gott, verred es nur mit meinem Willem, wo se jrade in't fünfte Stock mauern! Wo ick mir so schon so ängstje! Aba es is doch ein Schiedunta, Mächen! Bauen muß sein, aber Spielen muß nich sein.
Wenn er's doch aber braucht, Frau Thumann!
Braucht, braucht! Ick hör imma braucht! Meiner erzählt mir ooch imma ville, wat er braucht. Skat und 'ne Zigarre und Molle kräftig und womöglich noch kleene Mächen (aber det erzählt er mir nich!). Aber ick sare ihm: wat du brauchen tust, is 'en festet Kommando und freitags die Lohntüte vor'm Baubüro in meine Hand! Det brauchste! – Du bist ebent zu jut, Mächen. Aber jut kommt von schwach, und wenn ick dir so ansehe, morjens, wenn ick euch den Kaffe hinserviere, und ick sehe, wie du ihm die Oogen zurollst, bloß, er merkt es jarnich, denn weeß ick ooch, wie dies ausjeht. Spielen als Arbeit – wenn ick det bloß höre! Spielen is nich arbeeten und Arbeeten is nich spielen. Und wenn du es wirklich jut mit ihm meinst, Mächen, nimmst de ihm det Jeld wech, und er jeht mit Willem uffn Bau. Steinetragen wird er ja wohl noch können.
Gott, Frau Thumann, nun reden Sie ja schon genau wie seine Mutter! Die meinte auch, ich sei zu gut und unterstütze ihn noch in seinem Laster, und hat mir deswegen sogar eine Knallschote gegeben.
Knallschote is ooch wieda nich richtig! Denn bist du die Schwiejatochta? Nee, du machst es gewissermaßen nur zu deinem Vajniejen, und wenn es dir zu dumm wird, denn türmste. Nee, Knallschote war ooch nich fein, auf Knallschote kannste sojar klagen!
Aber es hat ja gar nicht weh getan, Frau Thumann. Solche Fingerchen, wie seine Mutter hat. Da war meine Mutter anders. Und überhaupt ...
4
Es teilt eine Holzbarriere den Raum der Berliner Schnitter-Vermittlung in zwei Hälften, zwei sehr ungleiche Hälften. Der vordere Teil, in dem jetzt der Rittmeister von Prackwitz steht, ist ganz klein, und die Eingangstür schlägt auch noch hinein. Prackwitz kann sich kaum rühren.
Die hintere, größere Hälfte hat ein kleiner, fetter, schwärzlicher Mann inne – der Rittmeister kann nicht genau sagen, wirkt der Mann so schwärzlich wegen seines dunklen Haarwuchses oder wegen Unsauberkeit? Der schwärzliche Fette im dunklen Tuchanzug redet heftig, wild gestikulierend, mit drei Männern in Manchesteranzügen, die graue Hüte auf dem Kopf und Zigarren im Mundwinkel haben. Die Männer antworten ebenso heftig, und obwohl sie nicht laut reden, wirkt es doch wie Geschrei.
Der Rittmeister versteht kein Wort, natürlich sprechen sie Polnisch. Wenn der Neuloher Gutspächter auch jedes Jahr ein halbes Hundert Polen beschäftigt, Polnisch hat er darum doch, von ein paar Kommandos abgesehen, nicht gelernt.
Ich gebe dir zu, konnte er zu Eva, seiner Frau, sagen, die Polnisch radebrechte, ich gebe dir zu, daß ich es schon aus praktischen Erwägungen lernen müßte. Trotzdem, ich weigere mich, für heute und immer, diese Sprache zu lernen. Ich lehne das ab. Wir sitzen hier zu nahe der Grenze. Polnisch lernen – ah bah!
Aber die Leute machen die unverschämtesten Bemerkungen dir grade ins Gesicht, Achim!
Nun – und? Soll ich Polnisch lernen, damit ich ihre Unverschämtheiten auch noch verstehe –?! Ich denke gar nicht daran! Was also diese vier da im Winkel so heftig verhandelten, verstand der Rittmeister nicht, es interessierte ihn auch nicht. Aber er war kein sehr geduldiger Warter; was getan werden mußte, sollte rasch getan werden. Er wollte mittags nach Neulohe zurück, mit fünfzig oder sechzig Leuten, eine Bombenernte stand draußen auf den Feldern, und die Sonne schien, daß er das Prasseln des Weizens im Ohr zu hören meinte – Kundschaft! Wirtschaft! rief der Rittmeister.
Die redeten weiter, es sah genau so aus, als stritten sie auf Leben und Tod, gleich würden sie sich wohl an die Hälse gehen.
Heh! Sie da! rief der Rittmeister scharf. Guten Tag habe ich gesagt. (Er hatte nicht Guten Tag gesagt.) Grade die richtige Gesellschaft! Vor acht Jahren noch, ach, vor fünf Jahren noch hatte das vor ihm gewinselt und sklavisch versucht, ihm die Hand zu küssen –! Verdammte Zeiten, verfluchte Stadt – wartet nur! Wenn ich euch erst draußen habe!
Herhören, ihr da! schrie er mit seiner schärfsten Kommandostimme und schlug mit der Faust auf die Barre.
Jawohl – und wie sie herhörten! Diese Art Stimme kannten sie! Für diese Generation bedeutete solche Stimme noch etwas, der Klang rief Erinnerungen wach. Sofort hatten sie aufgehört mit reden. Innerlich lächelte der Rittmeister. Jawohl, das alte Ruck-Zuck, es tat doch und noch immer seine Wirkung – bei solchen Verlotterten am meisten. Fuhr ihnen vermutlich wie eine Vorposaune des Jüngsten Gerichts ins liederliche Gebein! Hatten eben immer ein schlechtes Gewissen.
Ich brauche Schnitter! sagte er zu dem dicken Schwärzlichen. Fünfzig bis sechzig. Zwanzig Männer, zwanzig Frauen, der Rest Mädchen und Burschen.
Jawohl, Panje, verbeugte sich der Dicke, höflich grinsend.
Ein tüchtiger Vorschnitter – muß Kaution im Werte von zwanzig Zentnern Roggen stellen können. Die Frau hat für Frauenlohn die Leute zu bekochen.
Jawohl, Panje, grinste der andere.
Hinreisegeld und Ihre Provision zahle ich; bleiben die Leute bis nach der Rübenernte, wird ihnen das Reisegeld nicht abgezogen. Sonst ...
Jawohl, jawohl, Panje ...
So – und nun ein bißchen dalli! Um 12 Uhr 30 geht der Zug. Dalli! Printgo! Verstehen? Der Rittmeister nickte, eine Last vom Herzen, sogar den