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wurde ungehalten und wieherte: „Schluss jetzt, das da ist eine ganz gewöhnliche Maus. Weg mit ihr. Sie hat auf dem Stein der Rede nichts zu suchen. Wir haben uns schließlich um wichtigere Dinge zu kümmern!“

      Das Mäuschen wandte sich erneut Veilchenauge zu, sein Piepsen klang verzweifelt. Veilchenauge schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, ich verstehe dich nicht“, sagte sie bedauernd. „Ich weiß nicht, was du mir sagen willst. Was bedeutet das, Landsa… Selin?“

      Nebelstreif ging auf die beiden zu. Sofort wandte sich die kleine Haselmaus von Veilchenauge ab und empfing den Hengst mit verzweifeltem Piepsen. Fragend sah er die junge Stute an. Diese schüttelte aber nur den Kopf und sprach: „Ich verstehe nicht, was sie sagt. So habe ich noch nie eine Haselmaus reden hören. Sie versucht mir etwas mitzuteilen, hat aber nicht die passenden Wörter dafür.“

      Prüfend sah Nebelstreif die kleine Maus an. Diese stellte sich auf die Hinterbeine und erwiderte seinen Blick.

      Nun wurde es ganz still. Die Einhörner warteten gespannt, was als nächstes passieren würde. Lange sahen sich die beiden tief in die Augen. Als Nebelstreif mit seiner Nüstern noch ein wenig näher kam breitete die kleine Maus ihre winzigen Pfötchen aus, als wolle sie ihn umarmen. Dann drückte sie ihr winziges Köpfchen an sein weiches Maul. Dabei zitterte ihr kleiner Körper, als würde sie dabei weinen.

      Und plötzlich neigte der alte Hengst zum Erstaunen aller sein Haupt und sprach: „Ich grüße dich Landaselina, Prinzessin der Elfen! Sei willkommen im ‚Palast des Lichts‘!“

      Landaselina

      Einen Moment lang war es totenstill. Dann ging ein Raunen durch die Reihen der Herde. Ein Einhorn, das einer Maus die Ehre erwies? Dazu noch das Älteste vom Rat der Einhörner! War Nebelstreif am Ende verrückt geworden? Aber noch seltsamer war, dass die Haselmaus diesen Gruß auf Elfenart erwiderte, mit vor der Brust gekreuzten Pfoten und einer würdevollen Verbeugung.

      Da zerriss ein lautes Wiehern die Stille. Es war Blauhorn, der sich ausschütten wollte vor Lachen. „Das ist gut!“, rief er, „ein Mäuschen ist die Prinzessin der Elfen. Das da ist Landaselina! Das ist wirklich gut. Ha, ha, ha…!“

      „Schweig!“, donnerte ihn Nebelstreif an. „Ja, das ist Landaselina, davon bin ich überzeugt! Ich würde sie in jeder Gestalt wiedererkennen, denn ich habe mehr Zeit mit ihr verbracht, als du Sommer in Enophasia erlebt hast.

      Und überhaupt muss ich mich sehr über dich wundern, Blauhorn! Die ganze Zeit über hast du nicht viel dazu beigetragen, dieses Problem, das uns alle angeht, gemeinsam mit uns zu lösen. Im Gegenteil! Als der Baumzwerg von einem Drachen sprach, hast du ihn ausgelacht. Als du selbst dieses seltsame Geräusch gehört hast, hast du behauptet, es sei nur der Wind gewesen. Und nun, wo Landaselina verzaubert vor uns steht, versuchst du, sie und auch mich der Lächerlichkeit preis zu geben. Wenn das alles ist, was du zur Bewältigung dieser Krise beizutragen bereit bist, dann halte dich lieber zurück!“

      Blauhorn hörte abrupt auf zu lachen und sah Nebelstreif wütend an. So eine Zurechtweisung vor den Augen und Ohren der Herde war eine unglaubliche Beleidigung. Er legte die Ohren an und wäre am liebsten auf Nebelstreif losgegangen. Aber da stand Silberstreif schon neben seinem Vater und auch Weißrose stellte sich neben das alte Einhorn. Blauhorn spürte die Augen der ganzen Herde auf sich gerichtet. Er drehte sich auf der Stelle um und galoppierte wortlos hinaus in den Wald.

      Inzwischen waren Rosenblüte und Schneekristall herangekommen und betrachteten voll kindlicher Neugier den kleinen Gast. Aber auch die Maus war neugierig, stellte sich auf die Hinterbeine und schnupperte an Rosenblütes Nüstern. Dann sprang sie auf ihre Nase und huschte zwischen ihre Ohren. Die kleine Stute kicherte: „Das kitzelt!“, rief sie.

      Schneekristall stand daneben und sah den beiden ein bisschen neidisch zu, denn es sah so aus, als habe Rosenblüte soeben eine neue Freundin gefunden.

      Morgenröte rieb tröstend ihre Nüstern an seiner Mähne und sagte: „Es ist schon seltsam. Da suchen wir tagelang nach den Elfen und am Ende finden sie uns.“

      Während der nächsten Tage und Wochen verlebten die Geschwister eine schöne Zeit. Der Sommer war da und brachte Wärme und Sonne mit. Die Zwillinge hatten eine unbeschwerte Zeit und erlebten mit ihren Freunden jeden Tag neue Abenteuer. Rosenblüte und Landaselina waren oft bei Veilchenauge. Es zeigt sich, dass Rosenblüte ein Talent dafür hatte, die Sprachen der Tiere des Waldes zu verstehen. Veilchenauge freute sich über die gelehrige Schülerin und brachte ihr vieles von dem bei, was sie wusste. Gemeinsam gelang es ihnen, Landaselina immer besser zu verstehen. Die beiden brachten ihr im Grunde die Sprache der Haselmäuse bei, die sie ja nie erlernt hatte. Allerdings konnten die Einhörner nicht das Rätsel ihrer Verwandlung in eine Haselmaus ergründen, denn dieses Ereignis war aus Landaselinas Erinnerungen wie ausgelöscht. Auch hatte niemand eine Idee, wie man diesem Mäuschen seine wahre Gestalt wiedergeben konnte.

      Nebelstreif war nun oft mit seinen beiden Enkeln zusammen. Mal tollte er mit ihnen herum, dann wieder lehrte er sie die Geheimnisse des Waldes oder erzählte Geschichten von früher, als er selbst noch ein kleines Fohlen war.

      Silberstreif, der gerne dabei zusah, tat es mit wehmütigem Herzen. Gerne hätte er es seinem Vater gegönnt, die beiden aufwachsen zu sehen. Aber er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb und so freute er sich mit ihm über jeden Moment, den sein Vater mit den beiden Kleinen verbringen konnte.

      Nebelstreif liebte es, mit den beiden Fohlen und Landaselina den Sonnenuntergang anzusehen. Dann saß die Maus zwischen seinen Ohren und beide verhielten sich ganz still, bis die Sonne untergegangen war. Silberstreif wusste, dass die beiden schon seit jeher eine innige Freundschaft verband und er fragte sich, ob sie, wenn sie so dastanden, nicht insgeheim ihre Gedanken miteinander austauschten. Auch kam es ihm so vor, als verabschiedete sich Nebelstreif jeden Abend ein bisschen mehr von seinen Enkeln und von der Elfenprinzessin.

      Eines Abends trat Blauhorn hinzu und entschuldigte sich bei Nebelstreif für sein Verhalten. Nebelstreif nickte ihm wohlwollend zu und nahm die Entschuldigung an.

      „Wie wäre es“, fuhr Blauhorn fort, „wenn wir den Kleinen und auch Landaselina einmal unser Land von oben zeigen würden?“

      Die beiden Fohlen blickten Blauhorn erwartungsvoll an. Dieser lächelte und sprach: „ Wir könnten doch alle zusammen einmal auf die Felsenkuppe steigen und unser schönes Enophasia von oben ansehen!“

      Die Felsenkuppe war ein großer Berg in der Nähe. Er war bewaldet, bis auf den Gipfel. Dort war nur nackter Fels und daher hatte der Berg auch seinen Namen. Die beiden Fohlen bestürmten ihren Großvater. „Oh ja, bitte Großvater!“ „Auf die Felsenkuppe, bitte!“ Nebelstreif lächelte und versprach, dass sie am nächsten Tag dorthin gehen würden.

      Am nächsten Morgen wachte Rosenblüte auf und vermisste ihre Freundin „Landa“, wie sie sie inzwischen liebevoll nannte. Sofort halfen ihr Schneekristall und Simnil bei der Suche, aber ohne Erfolg, obwohl sie alle Plätze, an denen sie gemeinsam gewesen waren, sorgfältig absuchten. Es war Morgenröte, die das kleine Mäuschen eher zufällig am kleinen See entdeckte, als sie dort trinken wollte.

      Landaselina saß am Ufer und betrachtete lange ihr Spiegelbild im Wasser. Sie drehte den Kopf leicht hin und her und betrachtete dann ihre kleinen Pfötchen. Ihr kleiner Körper bebte und Morgenröte kam es so vor, als weine sie. So leise wie sie gekommen war, zog sich die Stute zurück, um sich mit Silberstreif zu beraten.

      Der aber ließ hilflos den Kopf hängen und sagte: „Wir wissen wirklich nicht, wie wir ihr helfen können. Wir haben alles versucht. Unsere besten Heilkundigen wissen auch keinen Rat mehr. Wir können nichts für sie tun.“

      Rosenblüte, die auf ihrer Suche immer noch die Umgebung durchstreifte, war gerade zufällig in der Nähe und hatte die letzten Worte ihres Vaters mitbekommen. Ihre dunklen Augen füllten sich mit Tränen. Dann lief sie blindlings in den Wald hinein und rief laut:“ Landa, Landa wo bist du?“

      Plötzlich spürte sie, wie etwas auf ihrem

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