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      Ich betrete den Korridor und erleuchte mit meiner Fackel die niedrigen Gewölbe. Als Talisman habe ich die uralte »Schrift der verborgenen Kammer« dabei. Die Zeichnungen an den Wänden sind verblasst, aber sonst vollständig erhalten. Ich suche die Pharaonenkartusche. Sie muss hier irgendwo sein. Ich entziffere »Seht meine Werke, Mächt’ge, und erbebt!« Ozymandias? Aber das Grab von Ramses dem Großen wurde hier im Tal der Könige doch schon längst gefunden! Vielleicht liegt hier einer seiner Söhne.

      Meine Überlegungen werden unterbrochen: Ein dumpfer Laut lässt mich und meine ägyptischen Helfer herumfahren. Der Boden unter uns erzittert. Die gigantische Steinplatte, über deren Zweck wir beim Ausschachten noch gerätselt haben, ist hinter uns heruntergeglitten. Der Zugang ist verschlossen. Selbst mit Dynamit kämen wir hier nicht mehr heraus.

      Meine Helfer sinken nach kurzer, verzweifelter Panik wimmernd zu Boden. Ich jedoch schreite voran. Eine ungeöffnete Gruft, die den Grabräubern der letzten Jahrtausende entgangen ist – und ich bin der Entdecker! Solange die Atemluft noch ausreicht, will ich in Erfahrung bringen, ob die Grabbeigaben tatsächlich unberührt sind. Vielleicht bekomme ich die erhofften Schätze noch mit meinen eigenen Augen zu sehen, bevor meine Fackel für immer verlischt.

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      [Die geisterhaften Begegnungen im Zimmer 27 und Hotelkoch Pascal, auf die Kommissar Albo und dem Profiler in den Kapiteln 55 und 158 Bezug nehmen, finden Sie im E-Book Korridorium – der SciFi-Fraktor. Anm. d. Hrsg.]

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       13.12.2011

      Ich betrete den Korridor, den die Set-Designer plastikbunt auf der Showbühne errichtet haben, im heißen Licht der Scheinwerfer. Das Studiopublikum hält den Atem an. Dabei ist es wie immer: Hinter einer der Türen eine Luxuslimousine – und hinter allen anderen jeweils eine Ziege. Und wie immer öffnet der Showmaster, wenn ich meine Wahl getroffen habe, eine der anderen Türen, und wie immer befindet sich eine Ziege dahinter. Ob ich meine Wahl nun noch einmal überdenke oder darauf beharre: Den Hauptpreis zu erwischen schaffe ich natürlich trotzdem wie immer nicht.

      Ich will ja nicht meckern, aber: Was soll ich nur mit all den Ziegen?

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       17.12.2011

      »Ich betrete den Korridor« sei einfach kein guter erster Satz, heißt es in vielen der Ablehnungsschreiben, selbst und gerade denen der tendenziell künstlerisch ausgerichteten Verlage. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Dieser Satz ist a) schlicht und unmissverständlich, b) voller Bewegung, ruft c) ein Bild im geistigen Auge des Lesers hervor und weckt d) die Erwartung kommender Ereignisse. Damit hat er doch – oder täusche ich mich da? – sogar mehr Potenzial als beispielsweise

      • »flusslauf, vorbei an Ev’ und Adams, vom küstenknick zum bug der bucht, bringt uns auf kommodem vicus zirkl wieder zurück zu Howth Castells Engrer umgebung« – wo sich über a) streiten ließe – oder

      • »Ich befinde mich im Büro, umgeben von Körpern und Köpfen« – bei dem b) wohl eher gering ausgeprägt ist – oder etwa

      • »Es war spät abend als K. ankam« – ein Eingangssatz, der wiederum für c) ein wenig zu schlicht ist.

      Bleibt d) und damit die Hoffnung, vielleicht ja doch noch irgendwo Anklang zu finden …

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       18.12.2011

      »›Ich betrete den Korridor.‹ Gefreiter?«

      »Jawohl, Herr Oberst. Sie betreten den Korridor.«

      »Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind.«

      »Jawohl, Herr Oberst.«

      »Also?«

      »Äh, was? Herr Oberst.«

      »›Ich betrete den Korridor.‹«

      »… ist ein Hauptsatz, Herr Oberst.«

      »Im ganzen Satz gefälligst!«

      »›Ich betrete den Korridor.‹ ist ein Hauptsatz, Herr Oberst.«

      »Und weiter? Muss ich Ihnen alles einzeln aus der Nase ziehen, oder was?«

      »›Ich betrete den Korridor.‹ ist ein Hauptsatz ohne Inversion mit einem Akkusativobjekt sowie einem Prädikat in der 1. Person Singular Präsens Aktiv Indikativ, Herr Oberst.«

      »Ist das alles, Gefreiter?«

      »Oder mit einem …«

      »Im! Ganzen! Satz!«

      »›Ich betrete den Korridor.‹ könnte gegebenenfalls, je nach Zusammenhang, auch ein Verb im Konjunktiv I haben.«

      »Na also, geht doch, Gefreiter.«

      »Jawohl, Herr Oberst.«

      »Wegtreten.«

      »›Wegtreten‹ ist ein Verb im Infinitiv, das hier als Imperativ …«

      »Wegtreten!!!«

      »Jawohl, Herr Oberst.« Salutiert und tritt ab.

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       19.12.2011

      Ich betrete den Korridor und sei mit der Auswahl an Türen überfordert, heißt es in gewöhnlich gut informierten Kreisen. Aber was wissen die schon! (Außerdem müssten sie wegen der Verwechslungsgefahr von Indikativ und Konjunktiv I in diesem Fall eigentlich den Konjunktiv II, »beträte«, verwenden …)

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       20.12.2011

      Ich betrete den Korridor. Seine Wände bestehen fast zur Gänze aus Buchrücken. (Die Bände sind hier nicht wie in den Installationen von Matej Krén oder im Antiquariat von Ishwori Sapkota in Kathmandu fugenlos quergestapelt und womöglich noch durch Spiegel zu einem endlosen begehbaren Buchtunnel verlängert, sondern drängen sich hier senkrecht übereinandergestellt.) Ich lege meinen Kopf schräg und studiere verblüfft die Titel. Hier scheint sich jemand einen selbstreferenziellen Scherz gemacht zu haben.

      Rücken an Rücken stehen dort unter anderem

      • Im Korridor der Sterne von Alexander Kaiser,

      • Le deuxieme couloir von Georges Barguet,

      • Corridor of Storms von William Sarabande,

      • The Corridors of Time von Poul Anderson neben

      • Corridors of Time: 1,700,000,000 years of earth at Grand Canyon mit einer Einleitung von Carl Sagan,

      • Harlan Ellison's Dream Corridor Volume 2 (wo ist Band eins?),

      • Korridor der Blicke von Camill Leberer,

      • Corridors of Light von Eleanor G. Brown, Ph. D.,

      • Petits bruits de couloir von Philippe Guillard,

      • Il decimo corridoio von Marco Meini,

      • L'ultima stanza in fondo al corridoio von Alessandra Brisotto,

      • Corridor de Vie von Camille Sabatier,

      • Corridors of the Mind

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