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der Alditüte in der Hand, bis sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt haben, dann geht er langsam Richtung Theke, stellt die Tüte ab, schaltet den Zünder ein. Er denkt, dass noch genügend Zeit sei, ein Glas Rum zu trinken und sieht 34 Rumsorten im Regal, und entscheidet sich schließlich für Saint James Réserve Privée, aus Martinique. Als James dann auf dem Rückweg den Lieferantenausgang erreicht hat legt sich ihm ein Arm von hinten um dem Hals. James stampft mit der Ferse auf den Fuß und mit dem Ellenbogen gegen die Rippen des Angreifers und haut ihm mit dem Hinterkopf gegen die Nase, ganz schnell, und der Arm lockert sich und James dreht sich um.

      ‚James’? sagt Willem. Es klingt wie ‚Mbs’.

      Die Auswahl des Rums aus 34 Sorten hat länger gedauert als geplant, und James hat jetzt keine Zeit, seinerseits erstaunt zu sein, schon wieder Willem zu treffen. Er packt ihn am Arm.

      ‚Raus hier’ schreit er und sie rennen los, Willem trotz gebrochenem Zeh ohne zu humpeln, dann werden sie noch schneller, als die Druckwelle der Explosion die beiden von hinten erfasst und gegen die Fassade der gegenüberliegenden Schaufenster der Ladens für Literatur im Grenzbereich wirft. Die Scheibe hält dem Aufprall stand, nicht aber der Hinterkopf von Willem, der zu Boden sinkt. James prüft den Puls, stellt fest, dass er fest ist und es sich um eine vorübergehende Ohnmacht auf Grund besonderer Belastungen des Organismus handelt.

      ‚Tut mir leid’, murmelt er.

      Es ist das letzte Mal für mehr als 3 Jahre dass er seinen Bruder sieht.

      James geht nach Hause und teilt der Gruppe zorniger junger Männer und Frauen mit, dass er ab sofort aus dem Verein für surreale Satire austrete. Da aber surreale Satire nur wirkliche surreale Satire ist, wenn sie auch ernst genommen wird, landet James im Gefängnis*.

      James will die Welt anhalten, aber die Welt hält ihn an.

      *Um 5 Uhr 43 sitzt Helena auf der Toilette in James’ Wohnung, und weil die Toilette in der 9 Zimmer Altbauwohnung nicht beheizt ist lässt sie die Türe offen. James und die anderen vier Mitbewohner schlafen. Sie hört leise Stimmen vor der Wohnungstüre, beendet umgehend ihr Geschäft und weckt sofort alle auf. Sie raffen an Kleidern, was gerade greifbar herumliegt, und rennen zur Dienstbotentreppe, als an die Türe gehämmert wird und ‚Aufmachen Polizei’ gerufen wird.

      In einem Anflug von Opferbereitschaft, die er sich dann im Nachhinein nicht mehr erklären konnte, lässt James Hose und Jacke fallen und ruft ‚Sofort, ich zieh mir nur schnell was an.’ Dann hebt er Hose und Jacke wieder auf, holt das dazu noch erforderliche Hemd und zieht alles an. Er wartet, bis auch alle weg sind, und öffnet dann die Türe für die sofort hereinströmenden Polizisten. Er zählt 12 Stück und stellt später fest, als sie ihn abführen, dass vor der Türe an beiden Hauseingängen noch je 4 postiert sind.

      Seine Mitbewohner laufen derweil leise in nicht vollständiger Oberbekleidung über Schlafanzug oder Nachthemd, einer barfuß, zwei mit Hausschuhen und einer mit Socken und einem Halbschuh die Dienstbotentreppe hinauf, um vom Speicher ins Nachbargebäude zu gelangen und von dort über die Querstraße zu verschwinden, ein längst vorbereiteter Fluchtweg.

      *’Mögen Sie interessante Zeiten erleben’ gilt in China, ungeachtet oder aktuell auch gerade wegen der Realität, bis heute als beliebte Drohung.

      *gemeint ist Dieter Kunzelmann

      4 Der Hotelbesitzer friert und muss ebenfalls ins Gefängnis

      Der Besitzer des Grand Hôtel Bodensee sitzt im Wohnzimmer seiner Wohnung im Dachgeschoß des Hotels und friert. Noch vor nicht allzu langer Zeit ließ sich die Heizung nicht mehr drosseln, so dass der Gaszähler nur so ratterte. In den Zimmern hatte es mitten im Winter plötzlich über 30 Grad, und es mussten ständig alle Fenster geöffnet werden, aber 35 Grad innen und 5 Grad außen geben zusammen keine angenehme 20 Grad, sondern unangenehme 35 Grad und 5 Grad, gleichzeitig. Und jetzt springt die Heizung gar nicht mehr an, und 8 Grad bei geschlossenen Fenstern bleiben immer und ewig 8 Grad, zumindest bis zum nächsten Frühjahr.

      ‚Wenn Du so ernst bist schaust Du aus wie ein Dackel’, sagt seine Frau zu ihm, dann steht sie auf und geht in die Küche, um sich ein Glas Wein zu holen. Sie bleibt eine ganze Weile.

      ‚At the age of thirty seven, she'd realise she'll never ride through Paris, in a sportscar, with the warm wind in her hair*’, singt sie in der Küche.

      Sie kann wunderschön singen, wenn sie will, und wenn sie ein bisschen betrunken ist, denkt der Hotelbesitzer, aber dann fällt ihm ein, dass sie ja vor ihrer Ehe Barsängerin war und er sie kennen gelernt hatte, als sie im Hotel gesungen hatte. Als das Hotel noch ein Hotel war und keine Absteige.

      Warum aber das Hotel, das er vor vielen Jahren von seinem Vater geerbt hatte, jetzt eine Absteige ist, diese Frage hatte er bereits als nicht zu beantworten beantwortet. Er ist weder faul noch trinkt er. Er ist einfach nur da, und das reicht eben nicht, sagt seine Frau dazu. Ein Hotel muss gegen die Zukunft verteidigt werden, sonst besteht der Tafelaufsatz plötzlich aus Maggiflasche, Salz und Pfefferstreuer Langneseeiskarte und Aschenbecher. Der Hotelbesitzer, der Tafelaufsätze aus Maggiflaschen, Salz und Pfefferstreuer, Langneseeiskarte und Aschenbecher von den Tischen aus seinem eigenen Hotel gut kennt, weiß nicht, was daran falsch sein soll.

      ‚Eine Tafel ist ein Ort des erholsamen Verweilens und der Besinnung inmitten des aufregenden Alltagsgeschäftes, und in symbolischer und allegorischer Form bezieht sich dabei der Tafelaufsatz auf die anwesenden Persönlichkeiten und den Anlass der Veranstaltung, nicht allein dem ästhetischen Vergnügen wegen, er soll die Gäste zu tieferer Besinnung anregen und Tischgespräche in Gang setzen und lenken und dafür sind Maggiflaschen, Salz und Pfefferstreuer Langneseeiskarte und Aschenbecher gut geeignet’, entgegnet er ihr.

      Sie kommt mit dem Weinglas zurück. ‚So she sat there softly singing . .’ singt sie.

      ‚Ist das Leben denn ein Pop Song’? fragt er mehr sich selbst als sie.

      Die Frau des Hotelbesitzers lächelt wehmütig und kuschelt sich an ihn oder in das Sofa. Kurz darauf verlässt sie ihn.

      Er sieht ihr vom geöffneten Fenster aus noch nach, wie sie mit ihrem Golf auf die Hauptstraße von Lindau einbiegt und Richtung Festland aus dem Blickfeld verschwindet. Dann ist sie weg.

      Ihr Geruch liegt noch in der Luft. Er schließt die Fenster.

      Die Wohnung wirkt plötzlich leer und bedrohlich.

      Er geht hinunter in die Bar.

      Die Sängerin singt. Die Institution der Barsängerin mit Klavierspieler hat der Hotelbesitzer beibehalten, auch wenn die Barsängerin und der Rest seiner Gäste nicht mehr recht zusammenpassen wollen und der Klavierspieler nur ein älterer Mann ist, der für Kost und Logis spielt. Er hat es für seinen Vater getan, für sein Andenken.

      Er sagt der Sängerin, dass sie sich ab sofort bei ihm oben treffen können.

      Im Sommer darauf erschlägt der Hotelbesitzer einen Gast im Streit. Vor Gericht verteidigt er sich damit, dass sein Hotel nur mehr Gäste beherberge, die sich auf einen Streit mit dem Hotelbesitzer einlassen, etwas, was es zu seines Vaters Zeiten nicht gegeben hätte. Der Richter ist davon unbeeindruckt. Er verurteilt ihn wegen Totschlag zu 11 Jahren und 3 Monaten.

      *Shel Silverstein

      5 James sitzt jetzt im Gefängnis.

      James grübelt lange, welchen Fehler er bei der Inszenierung der Neuauflage des antiimperialistischen Kampfes gemacht hat, so dass er verhaftet wurde und in Untersuchungshaft gekommen ist. Er hatte bereits alle Telefonlisten und sein Adressbuch vernichtet, ein Smartphone, das damals noch Händi heißt und verräterische Bewegungsprotokolle liefert, hatte er nicht. Sofort bricht er jeden Kontakt zu allen ab, nach ein paar Tagen aber nimmt er dann aber doch wieder Kontakt mit seiner Exfrau auf und bittet sie, ihm Essen in die Untersuchungshaft zu bringen, da er das Gefängnisessen nicht für den menschlichen Verzehr als geeignet erachtet.

      Um

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