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Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Simone Stöhr
Читать онлайн.Название Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft
Год выпуска 0
isbn 9783847651505
Автор произведения Simone Stöhr
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Cathy, kommst du bitte mal mit?“, sagte er freundlich als wäre nichts vorgefallen.
Sie ging mit ihm nach draußen und Jasmin war die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Sie feuerte ihre warnenden Blicke Cathy hinterher, selbst wenn sie Zweifel an deren Wirkung ohne ihre Anwesenheit hatte. Sie musste hier dringend verschwinden, koste es was es wolle. Letztlich blieb nur noch der letzte Aufpasser und sie beobachtete ihn aufmerksam, um Lücken zu entdecken und diese nutzen zu können. Doch für den Moment gab es keine, wie sie leidvoll feststellen musste.
Cathy dagegen saß mit Mike auf der Hollywoodschaukel, die wie früher immer noch auf der Terrasse stand. Als Kinder verbrachten sie viel Zeit auf der Schaukel und redeten über alles Mögliche. Aber am meisten erinnerte sie die Schaukel an die Träume von einem Leben mit Mike. Wann immer sie hier saß, stellte sie sich vor, wie schön sie als Ehepaar hier Händchen haltend säßen und den Kindern im Garten beim Spielen zusehen würden. Ein Bild, das so real für sie gewesen war, dass sie nie daran gezweifelt hätte, dass es nicht so kommen würde. Aber rückblickend gesehen war nichts auch nur annähernd an ihre Wünsche und Phantasien herangekommen. Es war nur einem unglücklichen Desaster zu verdanken, dass sie überhaupt hier mit ihm saß. Stumm schaukelten sie hin und her und Cathy schlang hastig die Sandwiches hinunter, die er ihr reichte. Sie hatte ganz vergessen, wie hungrig sie war. Eine der vielen Nebenerscheinungen der Drogen. Man vergaß einfach zu viel um sich herum! Aber genau das war es, was ihr bisheriges Leben nur annähernd erträglich gemacht hatte. Wenn sie an die vielen Kerle dachte, mit denen sie schlafen musste, wäre es ohne Drogen gar nicht vorstellbar gewesen. Mike sagte kein Wort und Cathy war ihm dankbar dafür. Sie konnte ihm nichts sagen, selbst wenn sie es wollte. Das Leben ihrer Mutter stand auf dem Spiel und nicht zuletzt, ihr eigenes Leben, wenn Matthew sie in die Finger bekam.
„Cathy, weißt du noch, wie wir früher immer hier gesessen haben?“, fragte Mike sie völlig unerwartet und riss sie damit aus ihren Gedanken. Sie wusste nicht, worauf er hinauswollte und nickte unsicher.
„Mir ist vorhin wieder eingefallen, was wir uns früher immer ausgemalt hatten“, fuhr Mike fort. „Wie unser Leben einmal sein sollte. Ich war so auf die Leitung des Konzerns versteift gewesen, dass ich mir nie einen Plan B überlegt hatte. Ich glaube, das war der größte Fehler, den ich in meinem Leben gemacht hatte. Seit Jahren habe ich mich in meinem Selbstmitleid verkrochen und einfach nur gelebt, aber ohne einen Sinn darin zu sehen. Erst in den letzten Tagen ist mir aufgegangen, dass ich so nicht weiter machen will. Also habe ich es vor zu ändern! Ob ich es schaffe, weiß ich nicht, aber ich werde es auf jeden Fall versuchen.“
„Warum erzählt du mir das alles?“, unterbrach Cathy ihn. Was wollte er ihr damit sagen?
„Ich dachte es interessiert dich. So wie früher, als wir über alles noch reden konnten. Da hatten wir uns auch alles anvertraut. Warum kann es nicht mehr so sein, wie früher?“
„Weil wir mittlerweile in völlig verschiedenen Welten leben. Du kannst alles haben, was du willst und ich verkaufe meinen Körper. Schau uns doch an! Mehr Unterschiede kann es nicht geben!“, warf sie ihn ärgerlich an den Kopf.
Sie lebte mittlerweile am Abgrund und es war ihr auch nicht mehr zu helfen. Er dagegen hatte jämmerliche Sorgen über eine Position im Familienunternehmen, obwohl er auch ohne diese Stellung genug Geld und Einfluss hatte. Es war ihr nie im Leben die Unterschiede zwischen ihnen so bewusst, wie in diesem Moment. Sie spürte, wie ihr Körper nach den Drogen verlangte. Der Arm schmerzte und auch das Zittern hatte sie längst nicht mehr unter Kontrolle. Sie musste dringend an Heroin herankommen. Unerwartet für Cathy zog Mike sie an sich heran.
„Du frierst ja! Reiche ich dir aus oder soll ich uns noch eine Decke holen?“, sagte er mitfühlend.
Einerseits wollte sie sich an ihn heran kuscheln. Das wollte sie schon immer! Andererseits wusste sie auch, dass er von ihr Informationen wollte. Informationen, die sie ihm nicht geben konnte, wenn sie das Leben ihrer Mutter nicht gefährden wollte. Sie konnte sein Aftershave riechen und spürte seinen warmen Arm um ihre Schultern. Es war einfach zu verführerisch ihn so nah bei sich zu haben. Sie vergaß ihre Vorsicht und schmiegte sich eng an ihn, jedoch ohne ihn anzusehen.
„Ist schon gut so!“
„Cathy, kann ich mit dir über ein Thema reden, über das wir schon lange sprechen hätten sollen?“
„Was meinst du?“, fragte sie verwirrt.
„Ich meine deine Gefühle für mich.“
Dieses Thema kam völlig unerwartet für Cathy und gleichzeitig erstaunte sie seine Direktheit bei diesem Thema. Warum wollte er in einer Situation wie dieser, ausgerechnet über dieses Thema sprechen?
„Ich habe natürlich davon gewusst, aber ich bin dem ganzen bisher immer lieber aus dem Weg gegangen. Doch ich denke jetzt, das war falsch! Ich möchte dir gerne meine Sicht zeigen, wenn du mich lässt“, erklärte er den Themenwechsel.
Cathy war überrumpelt und verwirrt, weswegen sie kein Wort herausbrachte.
„Du warst mir immer wichtig und es macht mich traurig, wenn ich sehe, wie die Drogen dich fertig machen. Du kannst Martha fragen, wie oft ich mich, immer wieder nach dir erkundige. Aber meine Art der Liebe, die ich für dich empfinde ist anders, als deine. Für mich wirst du immer meine kleine Schwester sein. Ich weiß, dass wir keine Geschwister sind, aber so sind wir aufgewachsen und so fühle und empfinde ich es. Als ich merkte, dass es für dich darüber hinaus ging, hatte ich geglaubt, dass es sich legen würde, wenn wir uns seltener sehen und du dich mit anderen Männern triffst. Doch heute weiß ich, dass es der völlig falsche Ansatz war. Wir haben unsere Freundschaft durch mein Verhalten kaputtgemacht und geklärt hat sich dabei noch lange nichts. Das war dir gegenüber nicht fair und ich möchte mich dafür entschuldigen. Kannst du mir verzeihen?“
Seine Worte verwirrten sie. Sie wusste nicht, ob er es ernst meinte oder ob er sie mit dieser Thematik nur verunsichern wollte. Da Cathy weiterhin schwieg, stand er auf und ging vor ihr in die Hocke, damit er ihr in die Augen schauen konnte.
„Cathy, es tut mir wirklich wahnsinnig leid und ich möchte es unbedingt wieder gut machen. Wenn ich dir helfen kann, von den Drogen wegzukommen oder es anderweitig wiedergutmachen kann, tue ich es. Du musst es mir nur sagen! Ich möchte, dass es wieder so wird, wie früher.“
Seine demütige Haltung vor ihr und seine braunen Augen, die sie unablässig anschauten, ließen sie glauben, dass er es wirklich ernst meinte. Das war endgültig zu viel für Cathy und sie brach in Tränen aus. Mike setzte sich wieder neben sie auf die Hollywoodschaukel und zog Cathy an sich heran. Er streichelte ihr über das Haar und ließ ihr Zeit zum weinen. Sie hasste ihr Leben, das sie die letzten Jahre geführt hatte. Sie hatte immer den Traum Mrs. Carrington zu werden und hatte die Ablehnung von Mike nie verstanden, geschweige denn verarbeitet. Jeden Mann, den sie kennenlernte, verglich sie mit ihm und keiner konnte ihm nur annähernd das Wasser reichen. Am meisten litt sie momentan darunter, dass sie Schuld an der Entführung ihrer Mutter hatte, auch wenn sie direkt nichts damit zu tun hatte. Am liebsten wollte sie einfach nur ein kleines Mädchen wieder sein, hier mit Mike auf der Hollywoodschaukel sitzen und über sinnlose Träume plaudern. Das Weinen tat ihr so gut, auch wenn sie vor Kälte zitterte. Mike spürte, wie sie zitterte und hob sie hoch.
„Komm, ich bring dich nach oben ins Bett. Schlaf dich erst einmal aus.“
Sie sah ihn erstaunt an.
„Willst du nicht wissen, was ich von der Entführung weiß?“
„Es ist mir nicht wichtig! Wir zahlen morgen das Geld und dann wird Martha zurückkommen. Du musst nichts sagen.“
„Ihr wollt einfach so das Lösegeld zahlen?“