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sarkastische Bemerkung hören mussten, die sich oft auf die bekannten, aber unwahren Berichte über das Verhalten der deutschen Truppen in der Schlacht bei Chancellorsville bezog. [Anm. d. Hrsg.: Das XI. Corps der Army of the Potomac, das zu etwa 50 Prozent aus deutschen Truppen bestand, hatte zum Zeitpunkt der Schlacht von Chancellorsville mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Übergang des Corpskommandos vom deutschstämmigen General Franz Sigel auf General Oliver O. Howard hatte der Moral der deutschen Soldaten einen schweren Schlag versetzt, zudem verfügten viele der Regimenter noch über keinerlei Kampferfahrung und es bestanden erhebliche Kommunikationsprobleme zwischen den deutschen und den amerikanischen Soldaten des Corps. In der Schlacht von Chancellorsville bildete das glücklose Corps die mangelhaft positionierte rechte Flanke der Unionsarmee und wurde von General Jacksons überraschendem konföderierten Sturmangriff nach geringer Gegenwehr überrannt. Obgleich den Soldaten hierfür schwerlich ein Vorwurf zu machen war, hatten "Howard's Cowards" (Howards Feiglinge) fortan ihren schlechten Ruf weg.]

      Hatte mancher Amerikaner schon von Haus aus eine unüberwindliche Antipathie gegen die Deutschen, so glaubte er sich aufgrund jener aus dem Hooker'schen Hauptquartier stammenden Berichte noch mehr berechtigt, mit Geringschätzung auf die Deutschen herabzublicken und seiner Abneigung gelegentlich in beleidigender Weise Ausdruck zu verleihen. Er dachte nicht daran, dass jene Berichte unwahr sein könnten, sondern nahm sie als gesicherte Zeugnisse entgegen, um sich damit in seinen unliebsamen Ansichten zu bestärken. Nach und nach milderten der gegenseitige Verkehr und der tägliche Austausch der Meinungen diese Härte und Ungerechtigkeit des Urteils, wozu außerdem das fast ohne Ausnahme musterhafte Betragen der deutschen Offiziere wesentlich beitrug. An den Unanständigkeiten und Rohheiten, welche sich häufig wiederholten, hatten die deutschen Offiziere keinen Teil und so konnte es nicht fehlen, dass zwischen uns und den anständigen und wohlmeinenden Amerikanern ein freundschaftliches Verhältnis hergestellt wurde, welches sich in vielen Fällen bis zum Ende der Gefangenschaft erhielt und natürlich dazu beitrug, manches Vorurteil zu vernichten und bessere Ansichten über den Charakter der Deutschen zu verbreiten. Ich erinnere mich noch heute mit großem Vergnügen an einzelne Amerikaner, welche an Klarheit des Verstandes, wie an Wohlwollen des Herzens und gesellschaftlichem Anstande gleichermaßen ausgezeichnet waren. Leider ist mancher von ihnen den Leiden der Gefangenschaft erlegen und ruht jetzt, fern der Heimat, im Boden des feindlichen Landes.

      Um die Zeit zu verkürzen, begannen die amerikanischen Offiziere allerhand geistige Übungen. Die Anregung dazu kam von dem Prediger Beaudry, welcher Kaplan bei einem New Yorker Kavallerieregiment war, einem Mann von vielseitiger Bildung und etwas freierer religiöser Anschauung. So wie jede neue Bewegung unter den Amerikanern mit Blitzesschnelle um sich greift, so war es auch im vorliegenden Falle. Kaum hatte Beaudry darauf hingewiesen, dass es sowohl zur Ausbildung selbst, wie auch zur Vertreibung der Langeweile notwendig sei, einige Stunden des Tages geistigen Exerzitien zu widmen, als sich die Amerikaner mit fieberhafter Hast dieser Idee bemächtigten und alle nur möglichen Clubs organisierten. Alle wollten lernen und studieren und es tat sich ein Eifer kund, welcher denjenigen, der mit dem Volkscharakter nicht vertraut ist, hätte glauben machen können, dass das "Libby" binnen kurzem eine Universität werden würde. Zuerst wurde ein Debattierclub gebildet, in welchem zuweilen sehr kuriose Themen behandelt und höchst sonderbare und komische Ansichten zu Tage gefördert wurden. Einer der Sprecher versuchte einmal nachdrücklich zu beweisen, dass die Rebellion der Sklavenhalter ihren Grund in der Unmäßigkeit habe, während ein anderer, ein stets kampfbereiter Debattierkrieger, die Kunstfertigkeit besaß, in wenigen Minuten über Moses, Julius Cäsar, McClellan, Mohammed, General Grant, Jesus Christus, Shakespeare, Lincoln und die Königin Elisabeth zu sprechen, ohne auch nur im Geringsten das zu erörternde Thema zu berühren. Wie alle derartigen Gesellschaften, deren Mitgliedern es an genügender Bildung, an dem Geschick, geeignete Themen aufzustellen und an dem Eifer für gehörige Vorbereitung zur Diskussion fehlt, so ging auch der Debattierclub des "Libby", nachdem sich die wenigen Redner von einiger Bedeutung ermüdet hatten, zugrunde, ohne irgendwelchen Nutzen gestiftet zu haben.

      Zu gleicher Zeit wurde eine französische und eine stenographische Klasse unter der Leitung des schon genannten Predigers Beaudry gebildet. Beide Klassen waren anfangs sehr gut besucht; man übte unverdrossen die den Amerikanern etwas schwer fallenden Nasallaute der französischen Sprache und alle Bleistifte wurden in Bewegung gesetzt, um die geheimnisvollen Zeichen der Stenographie zu erlernen, aber bald verminderte sich die Zahl der Schüler und die stenographische Klasse ging ein, während die französische nach Beaudrys Austausch zwar noch von dem Offizier Charlier fortgesetzt wurde, aber augenscheinlich ohne großes Interesse. Nicht viel besser erging es der spanischen Klasse, welche Lieutenant-Colonel Cavada, ein gebürtiger Kubaner, leitete. Cavada war ein Mann von hoher Bildung; er sprach die spanische, französische und englische Sprache korrekt und war ein sehr guter Zeichner, aber das Spanische kam den Amerikanern eben sehr spanisch vor und so blieben Cavada nur einige Schüler treu. Einige Offiziere begannen auch, die deutsche Sprache zu erlernen.

      Nächstdem wurden von Beaudry und einigen anderen Predigern jeden Tag religiöse Versammlungen abgehalten, die aber sehr oft fast unerträglich waren. Niemandem kann das Recht bestritten werden, eine derartige Versammlung anzufangen oder derselben beizuwohnen und ich selbst kann gelegentlich einen Sermon hören, wenn derselbe klar gedacht ist, beredt gehalten wird und einen praktischen Zweck verfolgt; aber in jenen Versammlungen machten sich sehr oft die seichtesten Schwätzer breit und außerdem wurde jene augenverdrehende Frömmelei zur Schau getragen, welche für jeden vernünftigen und aufrichtigen Menschen höchst widerwärtig ist. Beaudry hielt einige Reden, welchen wir mit Interesse folgten, aber andere, Prediger wie Laienprediger, gefielen sich in jener religiösen Theaterspielerei, welcher nichts Reelles zugrunde liegt. Beaudry kleidete seine Reden in ein durchweg religiöses Gewand, aber er verdrehte weder die Augen, noch verrenkte er seine Gliedmaßen und deshalb glaube ich, dass er viel religiöser war als diejenigen, welche durch ihr geflissentlich zur Schau gestelltes angeblich frommes Gebaren gerade das entwürdigten, was ihrer eigenen Anschauung nach ihnen das Heiligste sein sollte. Was das Ansehen dieser Leute noch mehr beeinträchtigte, war, dass sie immer die ersten waren, wenn es galt, einen Unfug oder etwas Schlimmeres anzustellen.

      Auch über andere Gegenstände wurde gesprochen. Einer hielt zum Beispiel eine Rede über den Mesmerismus, ein anderer deklamierte in haarsträubender Weise, nach der Manier des Schauspielers Forrest, Stücke aus Shakespeares Tragödien und in den ersten Monaten erschien wöchentlich unter dem Titel "Libby Chronicle" eine geschriebene Zeitung ernsten und humoristischen Inhalts. [Anm. d. Hrsg.: Edwin Forrest (1806-1872) war ein ob seines emotionsgeladenen Vortrags vielgerühmter US-amerikanischer Shakespeare-Darsteller.] Schließlich artete sie aus und die letzte Nummer enthielt eine höchst obszöne Dichtung.

      Unsere Lektüre beschränkte sich anfangs auf die Rebellenzeitungen und einige Bücher, unter den letzteren die von einem Rebellenoffizier herausgegebene Lebensbeschreibung Stonewall Jacksons, der von den Südstaatlern wie ein Gott verehrt und von seinem Biographen als der hervorragendste Mann, der jemals gelebt hat, geschildert wird. [Anm. d. Hrsg.: Hierbei handelt es sich um John Esten Cookes "Stonewall Jackson: A Military Biography".] Es ist nicht zu leugnen, dass sich in Jackson Elemente wahrer Größe fanden und dass ein Mann, in welchem, wie in Jackson, Heldenmut mit einer gewissen religiösen Schwärmerei gepaart ist, großen Einfluss ausüben und die Gemüter gleichsam magnetisch an sich ziehen muss, aber der Personenkult, die blinde Bewunderung und Verehrung, die einseitige Hervorhebung der Lichtseiten kann den vernünftigen und leidenschaftslosen Beurteiler niemals befriedigen und hat zumeist einen ganz anderen als den gewünschten Effekt. In jener Biographie wird oft die einfältigste Kleinigkeit benutzt, um daraus einen Kranz für Jacksons Stirn zu winden. Dadurch verliert das Buch fast allen historischen Wert. Jackson war ein ernster, in sich gekehrter Charakter, ein Mann mit schroffen Manieren, ein Sonderling, der von den Zöglingen der Militärakademie von Lexington in Virginia, an welcher er Professor war, "Old Jack" genannt wurde und ihnen durch sein sonderbares Wesen nicht selten zu großer Belustigung diente. Als die Rebellion ausbrach, forderten ihn seine Studenten auf, eine Rede zu halten, worauf er Folgendes erwiderte: "Soldaten halten kurze Reden. Wenn Bürgerkrieg droht, so zieht das Schwert nur langsam, aber wenn ihr es zieht, so werft die Scheide weg." Ungemessener Jubel folgte diesen Worten. In außerakademischen Kreisen sowie bei der konföderierten Regierung galt Jackson als ein Mann, der zwar viel gelernt habe,

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