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Zwanzig Monate in Kriegsgefangenschaft. Bernhard Domschcke
Читать онлайн.Название Zwanzig Monate in Kriegsgefangenschaft
Год выпуска 0
isbn 9783738086881
Автор произведения Bernhard Domschcke
Жанр Документальная литература
Серия Zeitzeugen des Sezessionskrieges
Издательство Bookwire
Wären die Esswaren, welche die Sanitätskommission uns schickte, gerecht verteilt worden, so hätte mancher von uns nicht zu hungern brauchen. Jene Gesellschaft, welche viel Gutes tat und an allen Orten zur Linderung der Leiden unserer verwundeten, kranken und gefangenen Soldaten wesentlich beitrug, sendete uns große Mengen von Kleidungsstücken und Esswaren, deren Verteilung die Rebellen-Beamten der "königlichen Familie" übertrugen. Wenn aber jemals Ungerechtigkeiten begangen wurden, so geschahen sie bei dieser Verteilung. Manche, welche die Günstlinge der "Familie" waren, erhielten im Überfluss und andere nichts; wer keinen Freund in der "Familie" hatte, ging leer aus. Es galt unter uns als eine ausgemachte Tatsache, dass die Rebellen-Beamten des "Libby" einen Teil der Sendungen der Sanitätskommission erhielten und dass die "Familie" selbst sich am reichlichsten bedachte, namentlich mit Esswaren. Als Agent der "Familie" fungierte ein gewisser Captain Forbes, welcher in strikter Übereinstimmung mit den Instruktionen von Sanderson und dessen Spießgesellen handelte und sich, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, arrogant gegen diejenigen benahm, welche sich nicht des Schutzes oder der Empfehlung eines Mitgliedes der "Familie" zu erfreuen hatten. Letztere stellte sich so an, als ob sie es sei, welche die Waren geliefert habe. Es grämte uns arg, dass der gute Zweck, welchen die Sanitätskommission im Auge hatte, auf diese Weise zum Teil vereitelt wurde. Wir hatten schon früher bei anderen Gelegenheiten die Beobachtung gemacht, dass es bei der Verteilung der Waren nicht mit rechten Dingen zuging und im "Libby" hatten wir nur ein weiteres flagrantes Beispiel. Fast bei allen wohltätigen Unternehmungen wissen sich korrupte, unsaubere Burschen heranzudrängen und sich in die Verwaltung einzuschleichen, um ihrer angeborenen Unehrlichkeit ein neues Feld zu öffnen oder um Gelegenheit zu haben, ihre erschlichene Autorität fühlen zu lassen.
Wie im "Libby", so waren auch unter der Bevölkerung von Richmond Teuerung, Not und Hunger an der Tagesordnung. Fast täglich versammelten sich Kinder und Erwachsene vor dem "Libby", um ein Stück Maisbrot von uns zu erhalten. Der Ärmere bettelte bei dem Armen. In der Stadt war freilich die Ansicht verbreitet, dass wir mindestens hinreichende Lebensmittel hätten, denn die Lügenzeitungen ließen keine Gelegenheit vorübergehen, ohne dem Publikum das Märchen aufzutischen, dass das Kommissariat uns bestens verpflege und dass unsere Freunde im Norden uns außerdem die reichsten Vorräte sendeten. Der "Examiner" erzählte eines Tages mit der größten Unbefangenheit, dass das "Libby" zwar ein Gefängnis sei, in Bezug auf die Verpflegung der Gefangenen aber einem guten Hotel keineswegs nachstehe, denn die Gefangenen hätten Überfluss nicht nur an gewöhnlichen Nahrungsmitteln, sondern auch an den ausgesuchtesten Delikatessen. Ein anderes Mal wurde darauf hingewiesen, dass es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit sei, die gefangenen "Barbaren", welche den heiligen Boden des Südens widerrechtlich betreten hätten, um zu plündern, zu sengen und zu brennen und die Unschuld der südstaatlichen Damen zu gefährden, human zu behandeln und gut zu füttern, während die konföderierten Soldaten, welche die Freiheit des Südens und die Sicherheit des häuslichen Heeres verteidigten, in schlechter Kleidung am Rappahannock River und in Tennessee lagern und darben müssten. Diese öfter wiederkehrenden Äußerungen der Presse mochten viele zu der Meinung geführt haben, dass das "Libby" eine große Vorratskammer sei und wir im Überfluss schwelgten. Dass die Teuerung und Not in Richmond groß war, erfuhren wir umständlich von den Wachen, mit welchen einzelne von uns des Abends von den Fenstern der Küche aus verstohlen sprachen. Sie erzählten, dass die meisten von ihnen kaum genug erhielten, um ihr eigenes Leben zu fristen, während ihre Familien geradezu dem Elend preisgegeben seien. Die Wachen nahmen gern Brot von uns und einige durstige Offiziere tauschten mit ihnen Maisbrot gegen schlechten Apfelbranntwein, dessen schlimme Wirkungen bei den Betroffenen nicht ausblieben. Auch die Zeitungen konnten, obschon sie über unangenehme Dinge nicht gern zu sprechen pflegten, nicht umhin, gelegentlich die herrschende Teuerung, die armseligen Finanzverhältnisse des Südens überhaupt und den Schaden und die Verluste zu erwähnen, welche die Konföderation durch den Krieg erlitten hatte. Was sie als eine ganz besondere Kalamität ansahen, war, dass so viele Neger mit ihren "heuchlerischen Freunden" auf und davon gingen, wodurch die Arbeitskraft vermindert und der Weiße gezwungen wurde, selbst zu arbeiten, wenn er sein Leben erhalten wollte. Im "Examiner" vom 7. Dezember '63 war eine Mitteilung über Suffolk enthalten, in welcher besonders hervorgehoben wurde, "dass die weißen Herren und Damen alle Arbeit verrichten müssten, welche früher von den Dienstboten verrichtet wurde." Wäre nicht die bleiche Not bei diesen "Damen und Herren" erschienen, so hätten sie gewiss nicht zur Arbeit gegriffen, denn Arbeit war nach den Begriffen der Südstaatler eine Schande, namentlich solche Arbeit, welche zuvor von den Negern verrichtet worden war. "Not lehrt beten" heißt es im alten deutschen Sprichwort, aber im Süden heißt es: "Not lehrt arbeiten".
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