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zu sehen und ich entscheide mich für den Himmel als mein heutiges Dach. Außerdem wartet meine neue Stelle als Haushaltshilfe noch auf mich und so, wie ich im Moment rieche, kann ich dort nicht auftauchen. Meine Beine tragen mich zum Bahnhof, dann zu den Schließfächern.

      Ich ziehe einen Schlüssel aus meiner Hosentasche, mein Pfefferspray und das Butterflymesser streifend, und schließe ein kleines Fach auf. Eine schwarze Sporttasche füllt jede Ritzte aus, die sie finden kann. Ich runzle die Stirn, als ich mit allen Kräften an dem losen Henkel ziehen muss, um sie freizubekommen. Ein größeres Schließfach muss her oder ich muss mich von ein paar Sachen trennen. Mein Herz zieht sich zusammen. In den Monaten auf freiem Fuß hat sich ein bisschen was zusammengesammelt. Aber nichts davon will ich wegwerfen.

      Ich packe alles, was mir in der Welt geblieben ist, mit beiden Händen so fest, dass meine Fingerknöchel weiß durch meine Haut scheinen. Den Kopf schüttelnd, werfe ich mir die schwere Tasche über die Schulter und mache mich auf zum Schwimmbad. Traurig Seufzend, ziehe ich ein letztes Mal meine Zehnerkarte durch den Automaten, erinnere mich an den 50 Euroschein in meinem Dreckwäschebeutel und grinse. Es gibt kein besseres Versteck als ungewaschene Socken und Unterhosen.

      Ich ziehe einen billigen Badeanzug aus der Tasche und mein ein Euro-Handtuch. Es ist klein, doch es erfüllt seinen Zweck. Dann stelle ich mich unter die Dusche, drücke auf heiß, um dann langsam zu kalt herunterzudrehen, und warte. Eine alte Dame betritt den Duschbereich. Ihre Haut hängt lederig von ihrem Körper, wackelt beim Gehen hin und her, wie die Höcker eines watschelnden Kamels. Ich grinse bei dem Bild und zwänge meine Lippen in ein freundliches, entschuldigendes Lächeln.

      „Verzeihen Sie, aber könnte ich mir etwas von Ihrem Shampoo und Ihrer Duschseife leihen? Ich habe meine Kulturtasche leider zuhause liegen lassen.“ Skeptisch beäugt mich die Alte, doch ich lächle unbeirrt weiter, bis ihr grimmiges Gesicht sich zu so etwas wie einem Lächeln verzieht. Alte, faltige Haut glänzt in den Wassertropfen, die sich in den tiefen Gräben gefangen wiederfinden. Kurz leuchtet ihre Haut grün auf und ich glaube, Schuppen zu sehen, statt Poren. Meine Augen weiten sich, ich schüttelte den Kopf und trete einen Schritt zurück. Es braucht meine ganze Selbstbeherrschung, damit ich nicht schreiend davonlaufe.

      Es legt sich gleich, spricht eine innere Stimme mir zu. Doch sie zittert verräterisch und so auch meine ausgestreckten Finger. Ich wende meinen Blick zu Boden und atme tief ein und aus, versuche mein pochendes Herz zu beruhigen. Es ist nicht das erste Mal, erinnere ich mich. Was immer ich auch sehe, welche Monster sich nur mir offenbaren, sie haben mir nie etwas getan. Noch nicht. Diejenigen, die mich verletzt haben, sind immer menschlich gewesen. Meine rechte Hand fährt zu meiner linken Armbeuge und streichelt über die vielen kleinen Narben. Einstiche … Mir entgeht der giftige Blick der Alten nicht. Ich weiß, was sie denkt, was jeder denkt, der die kleinen Löcher sieht.

      „Es sind Einstiche von Insulinspritzen“, presse ich unter zusammengebissenen Zähnen hervor. Als ich hochblicke, streckt mir die alte Frau zwei Plastikbehälter entgegen. Sie hat den Anstand zu erröten, während sie murmelt: „Ausnahmsweise …“ Ich drücke auf die Shampoo Dose, nehme mir nur ein wenig und massiere die cremig Flüssigkeit schnell in mein Haar ein. Dann bediene ich mich ein wenig von dem Duschgel und reiche ihr beides dankend zurück. Lange lasse ich das wohltuende Wasser auf meinen Körper rieseln, bevor ich mich dazu aufmachen, meine üblichen Bahnen zu schwimmen. Ich vergesse die Welt, spüre nur das Wasser auf meiner Haut, atme ein und aus.

      Als ich aus dem Becken steige, ist mein Körper erschöpft vom stundenlangen Schwimmen. Doch es ist eine angenehme Müdigkeit, die ich mir verdient habe. Erneut stelle ich mich unter die Dusche, bediene mich schnell an verlassenem Duschzeug, wasche mich ausgiebig und versuche nicht an die Zeit zu denken, in der meine Haut wochenlang keinerlei Kontakt mit irgendeiner Art Seife hatte. Automatisch wandern meine Gedanken zu meinem Aufbruch. Wie lange kann ich noch in dieser Stadt bleiben, ohne entdeckt zu werden? Ich schüttle die dunklen Gedanken ab. Endlich habe ich einen kleinen Job als Haushälterin gefunden. Ein paar Mal möchte ich ihn machen. Das Gefühl von einem Hauch Gewohnheit und Alltag kosten. Ein wenig Geld für schwarze Tage zusammenkratzen.

      Ein heiseres Lachen erreicht meine Ohren. Angereichert von Hohn und Unglauben über meine Dummheit. Es ist meine eigene Stimme und ja, es ist lächerlich. Wenn meine Tage noch schwärzer werden, würde ich wieder angekettet in dem sterilen Zimmer liegen. Ich glaube, den Druck der Lederbänder um meine Arm- und Fußgelenke spüren zu können. Kräftige Hände die mich nach unten drücken und ein Stich in meiner Armbeuge, der mich in die bedrohliche Dunkelheit des Nichts schickt. Ich schüttle die Gefühle ab, die Gedanken, baue eine Mauer um die dunkle Verknotung in meiner Seele, trockne mich ab, ziehe mich an und föhne mein Haar.

      Ein letzter Blick in den Spiegel und auf geht es, frisch gewaschen, in ein neues Leben.

      Die Adresse, die man mir am Telefon genannt hat, führt mich zu einem Gebäudekomplex. Ein riesiges Haus, mit Mittelklasse Apartments. Sarah und Achim Steinbaum, lese ich auf der Klinge und drücke sie.

      „Wer ist da?“, ertönt eine flötende Frauenstimme.

      „Nadja Maurer. Wir haben telefoniert wegen der Stelle als Haushaltshilfe“, erwidere ich und packe so viel Honig wie möglich auf meine Stimmbänder.

      „Ah, Nadja, kommen Sie hoch! Wir sind im fünften Stock.“ Ein Surren erklingt und ich steige die Treppen hoch, den Fahrstuhl keines Blickes würdigend. Meine Knie sind weich, als ich eine Stufe nach der anderen erklimme. Was soll ich sagen, wenn sie mich nach meinen Ausweis fragen? Wenn sie Zeugnisse haben wollen oder Empfehlungsschreiben? Mein Herz klopft unrhythmisch, als ich oben ankomme.

      „Sie hätten doch den Fahrstuhl nehmen können!“, sagt die Stimme aus der Sprechanlage vorwurfsvoll.

      „Jeder Schritt fördert den Herzschlag und stärkt die Lungen. Außerdem sind Treppen gut für den Hintern“, witzle ich und gehe mit ausgestreckter Hand der blonden Frau entgegen. Sie sieht nicht älter aus als 33 und ihre Lippen wölben sich zu einem zustimmenden Bogen. Ihr Blick gleitet von meinen alten Turnschuhen, über meine verwaschene Jeans zum einfachen T-Shirt. Nicht modisch, dafür aber sauber. Sarah lässt mich in die Wohnung und ich erkenne auf den ersten Blick, dass sie wirklich Hilfe braucht. Wollmäuse rennen über den Flur, wirbeln Zentimeter dicken Staub auf. In der Küche türmt sich ein Berg Geschirr und über das Bad verliere ich besser kein Wort.

      „Ist die Wohnung noch zu retten?“, fragt Sarah, während sie mit geröteten Wangen auf ihre frisch lackierten Nägel blickt. Pink mit weißen Blümchen und Glitzer.

      „Natürlich, in drei Stunden ist alles wie neu und die Wäsche gewaschen“, erwidere ich lächelnd.

      „Können Sie zwei daraus machen? Ich zahle auch für drei.“ Ich nicke immer noch lächelnd.

      „Gut, hier haben Sie die Schlüssel. Die Waschmaschine ist im Keller, die dritte von links. Sie können sie nicht verfehlen.“ Sie drückt mir Schlüssel in die Hand und sagt: „Ich habe einen Termin beim Friseur hier um die Ecke. Ich bin in zwei Stunden wieder da.“ Kaum habe ich ungläubig die Schlüssel entgegengenommen, winkt sie und geht in ihren pinken Pumps zum Fahrstuhl.

       Ich werfe einen Blick auf die Digitaluhr an der Wand und mache mich an die Arbeit. Zuerst hieve ich den Wäscheberg in den Keller. Die Maschine ist wirklich leicht zu finden. Pink mit einer dicken Staubschicht, aber niegelnagelneu. Kein Waschpulver hat diese Maschine je berührt. Ich stopfe die Hälfte hinein und stelle auf Kurzwaschgang. Vielleicht schaffe ich so zwei Wäschen in zwei Stunden. Dann renne ich wieder die Treppen hoch. Der Geschirrspüler wird eingeräumt, der Boden freigeräumt. Das Summen eines noch nie benutzen Staubsaugers erfüllt das Apartment, bevor ich mich über Toilette, Bad und den Boden mit einem Wischmopp hermache.

      Nach zwei Stunden ist die zweite Wäscheladung im Trockner, das Geschirr eingeräumt und die Fliesen blitzten. Sarah kommt pünktlich, nickt zufrieden und drückt mir einen Fünfziger in die Hand. Mein Herz klopft und ich lächle, als sie sagt: „Danke für Ihre Arbeit. Kommen Sie nächste Woche um die gleiche Zeit.“ Mein Herz hüpft vor Freude, als ich die Treppen hinunterstürme. Ich habe einen regelmäßigen, gut bezahlten Job! 100 Euro an einem Tag!

      Sollte

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