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zu erforschen. Auch dagegen ist nichts einzuwenden, solange sich die amourösen Aktivitäten auf das heimische IKEA-Bett beschränken. Die Kampfzone auf öffentliches Terrain zu verlegen ist umstritten. Badesee, Blumenwiese und Kinderspielplatz sind okay als Tummelplatz für Liebende – ein Restaurant dagegen sollte tabu sein.

      Umfragen zufolge ist ein Beitritt im „Mile High Club“ gerade mal wieder total „In“. Kaum zu glauben, wenn man Fluggäste erlebt, die sich in 10.000 Metern Höhe lieber ängstlich an die Armlehnen ihres Sitzes klammern, als gemeinsam mit dem Partner die Bordtoilette aufzusuchen. Die Furcht, zusammen auf der Damentoilette eines Restaurants beim Tête-à-tête erwischt zu werden, scheint dagegen gering. Das fällt eher unter Mutprobe oder Kavaliersdelikt. So manchem Paar, welches in einem vollen Lokal ungehemmt die Zungen ineinander verknotet, möchte ich zurufen, dass sich schräg gegenüber von unserem Gasthaus ein Stundenhotel befindet. Können die sich ihre wilde Leidenschaft nicht bis zu Hause aufsparen?

      Bei anderen, vornehmlich männlichen Gästen, scheint es sich noch nicht herumgesprochen zu haben, dass weibliche Bedienungen kein Freiwild sind. Vielleicht haben sich diese Herren hinsichtlich ihres Frauenbildes zu sehr an der „Curly Maids“-Reihe in diversen Herrenmagazinen orientiert (von denen ich selbstverständlich nur gehört habe). Eine Serviererin, die euch freundlich anlächelt, ist nicht automatisch unsterblich verliebt, und das ändert sich auch nach deinem achten Bier nicht. Euch gutmütig zugrinsende Wesen kennt Ihr wahrscheinlich nur von der Arbeit im Kuhstall, aber das ist hier nicht das Thema.

      Benötigt Ihr professionelle Zuneigung und Bewunderung, so begebt Euch bitte in die Häuser mit den roten Lampen und hört auf, die Kellnerinnen zu belästigen. Die Hände gehören auf den Tisch und nicht (aus Versehen) an den Hintern der jugendlichen Aushilfsbedienung. Das Gleiche gilt für die Fraktion der Möchtegern-Millionäre. Die Designer-Hirsche mit dem toughen Auftreten glauben, es reicht vollkommen, den Porsche-Schlüssel auf den Tresen zu knallen und augenblicklich fällt jede Serviererin in Begattungsstarre. Als ob die Kellnerinnen, dank des üppigen Trinkgeldes, heutzutage nicht selbst einen Porsche vor der Tür stehen hätten.

      Der Zorn

      Einige Gäste fassen ein „Nein“ des Geschäftsführers, auf die Frage nach einen freien Tisch, als persönliche Beleidigung auf. Ist deren Selbstbewusstsein solch ein fragiles Gebilde, dass sie manch exzessiven Auftritt im Restaurant nötig haben? Geht es dabei lediglich darum, die anderen Gäste zu beeindrucken oder sich selbst als Mr. Wichtig zu definieren? Vielleicht sind Sie in Ihrer Firma ein großes Tier, dass ständig das Alpha-Männchen raushängen lassen muss, um die Belegschaft klein zu halten. Schwer, dieses Verhalten nach einen 10-Stunden-Arbeitstag im Büro abzulegen. Gewiss. Versuchen Sie es trotzdem! Wahrscheinlich bewegen Sie sich mit der gleichen Attitüde im Supermarkt. Was sich der arme Filialleiter wohl anhören muss, wenn Ihr Lieblingsbier gerade ausverkauft ist? Das Essen dauert Ihnen zu lange? Bitte entschuldigen Sie.

      Wie Sie sicherlich schon bemerkt haben, ist das Lokal ausgebucht. Die Köche versuchen, trotz Stress, jeden Teller in ausgezeichneter Qualität an den Gast zu bringen. Auch die Kellner können nicht mehr tun, als zu laufen. Es gibt keinen Grund, unnötig laut zu werden.

      Bitte warten Sie geduldig auf Ihr Essen, so wie alle anderen Gäste auch. Sie waren nicht zufrieden mit Ihrem Steak? Es ist in Ordnung, das Essen zu reklamieren, aber auch eine berechtigte Beschwerde sollte in ruhigem Ton vorgetragen werden. Im Übrigen kann weder die Bedienung, noch der Geschäftsführer etwas für Mängel an den Speisen – dafür ist der Koch zuständig. Also schreien Sie nicht den Kellner an, sondern den Küchenmeister... wenn Sie sich trauen... und gegen Küchenmesser immun sind.

      Die Völlerei

      Kürzlich las ich von einem Restaurant, das jeden Freitagabend mit einer All-you-can-eat-Aktion warb. Das Lokal öffnete Punkt 18 Uhr seine Pforte und genauso pünktlich war auch ein Paar, Anfang 40. Die luden sich die Speisen auf, dass die Soße fast überschwappte bei jedem Gang. Zu trinken bestellten jeder nur ein kleines Mineralwasser, welches sie sich brav den ganzen Abend einteilten. Beim Büfett für 9,49 Euro dagegen schlugen die beiden zu, als gäbe es kein Morgen. Sie bezeichneten sich selbst als Stammgäste. Allerdings sah kein Mensch sie jemals außerhalb des Aktionstages. Als sich die zwei zum sechsten Mal ihre Teller vollmachten, reichte es dem Wirt. Kurzerhand erteilte er den nimmersatten Gästen Hausverbot. Der männliche Anteil des Duos versuchte, seine Gier noch zu verteidigen, indem er darauf hinwies, dass die Teller einfach zu klein seien und er deshalb öfter laufen müsse. Gäste wie diese zwei Exemplare gibt es mehr als genug. In freier Wildbahn trifft man sie gerne während des Urlaubs am Frühstücks- oder Abendbüfett. Kaum vorstellbar, dass diese Herrschaften auch Daheim einen solch immensen Appetit entwickeln. Ebenfalls darf man spekulieren, ob Zuhause auch so viele Überbleibsel auf dem Teller bleiben. Eher nicht, denn dort kostet das Essen schließlich etwas.

      Hier aber lädt man sich erst einmal seinen Teller voll, probiert und lässt den Rest der Speise stehen. Die Bedienungen werden das Geschirr schon abräumen, während man selbst von Neuem lossaust um die Prozedur ein weiteres Mal zu wiederholen. Stellt man die Gäste zur Rede, so bekommt man zweifellos die Antwort, man hätte doch schließlich dafür bezahlt. Weitere Diskussionen sind zwecklos.

      Auch bei Betriebsfesten neigen die Geladenen gerne zu übergroßem Hunger und Durst. Im 10- Minuten-Takt werden dann alkoholische Mischgetränke geordert, kurz genippt und die nächste Runde bestellt. Was kostet die Welt, wenn der Chef eh die Zeche zahlt? Wann immer ein Möbelhaus feierlich Neueröffnung feiert, sind sie nicht weit – die Pfennigfuchser und die Schnäppchenjäger. Haben sie in einer Zeitung Coupons für Schnitzel satt, inklusive Getränke, zum Sondertarif entdeckt, fahren sie Meilen um sich den Bauch vollzuschlagen. Es sind die gleichen Herrschaften, die auch einen 50-Kilometer-Umweg in Kauf nehmen, wenn die Tankstellen-App meldet, dass der Sprit bei ARAL 2 Cent billiger ist als bei BP.

      Was billig ist, muss gut sein und was gut ist, wird auch qualitativ hochwertig produziert – so die Vorstellungen unserer Rabatt-Junkies. Der Besuch in einigen Restaurantküchen, bei der Zubereitung des All-you-can-eat-Büfetts, könnte für Ernüchterung sorgen.

      Der Neid

      Jeder kämpft um seinen Platz an der Sonne. Welche Prioritäten man dabei verfolgt, hängt von persönlichen Interessen und Vorlieben ab. Allgemein bekannt sein dürfte die „Ich habe es geschafft“-Liste aus einem Sparkassenwerbespot. „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“. In diesem Clip wird der Nachbar des Besitzers dieser Reichtümer schier grün vor Neid, als er mit dem Erfolg des Konkurrenten konfrontiert wird. Rivalen sind all jene, die auf dem Weg nach der obersten Sprosse der Leiter im Weg stehen. Für den maximalen Erfolg ist manch einer bereit, seine Seele zu verkaufen, so diese denn jemand ersteigern möchte. Einigen sind bereits die kleinen Dinge des Lebens wichtig, um sich auf der Gewinnerstraße zu wähnen. Der Parkplatz in unmittelbarer Nähe zum Eingang des Firmengebäudes, der eigene Toilettenschlüssel auf der Chefetage oder der Familienname ganz oben auf der Spendenliste für die Rettung des Borkenkäfers.

      Beim Besuch eines Speiselokals spielen sich oft völlig identische Szenen wie in der Berufswelt ab. Deutsche Restaurantbesucher gelten allgemein als schwierig. Dank ihrer Trinkgeld-Tradition sieht man zähneknirschend über manches Fehlverhalten hinweg. Viele fühlen sich augenblicklich benachteiligt, wenn der Gast am Nebentisch eher sein Essen bekommt als sie selbst. Dass manche Speisen eine längere Zubereitungszeit als andere benötigen, scheint ihnen nicht bewusst zu sein. Warum unterhält sich der Kellner mit den Gästen an dem runden Tisch ewig und lacht gar herzlich? Bei ihnen hat er nur den Standard-Small-Talk abgespult, ohne jeglichen Esprit? Solche Kritiken über die Servicekräfte durfte ich schon des Öfteren auf TripAdvisor lesen. Meist kamen diese Kommentare von Gästen, die das Lokal zum ersten Mal besuchten und kein Verständnis dafür hatten, dass es Stammgäste gibt, mit denen die Kellner ein langes Vertrauensverhältnis innehaben. Warum hat der Gast dort vorne ein größeres Stück Fleisch auf dem Teller und weshalb bekommen die eine Kerze und wir nicht? Vor lauter neidischem Beobachten, wer eventuell in irgendeiner Weise bevorzugt wird, kommt manch einer kaum dazu, den Aufenthalt zu genießen.

      In vielen Restaurants gibt es Plätze, die, aus welchen Gründen auch immer, um einiges beliebter sind als andere. Manchmal ist das ein Fensterplatz, wegen der schönen Aussicht,

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