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Umgang mit den Diplomanden kritisierte er als für einen Postdoc nicht angemessen. Ein böser Kampf begann, weil ich nicht hinnahm, was er mir vorwarf. Im ersten Monat bekam ich wie in der Doktorandenzeit nur eine Halbtagsstelle bezahlt, aber er erwartete von mir, trotzdem den ganzen Tag im Labor zu verbringen mit der Begründung, dass für die Phase der Einarbeitung eine halbe Bezahlung genügt. Dabei erhielt ich aber gar keine Einarbeitung. Nach einer Weile bat ich den MoP, mir einen freien Tag zu genehmigen, nachdem ich trotz halbtägiger Bezahlung zwei Wochen ganztägig auf meiner neuen Arbeitsstelle zugegen gewesen war. Aber er lehnte meine Bitte ab, weil ich nach seiner Meinung das Messgerät noch nicht richtig zum Funktionieren gebracht hatte. Das Seltsame daran war, dass das Gerät vor meiner Ankunft bereits über ein Jahr „gelaufen“ war, ohne dass es verwertbare Ergebnisse ausgespuckt hätte. Ich sollte dies nun mittels Zauberhand in Windeseile bewerkstelligen. Der Naturwissenschaftler als Sklave von Geräten, Projekten und Professoren; etwas anderes schien er hier nicht zu sein. Da nützen kein fünfjähriges Studium, keine Promotion mit resultierendem Doktortitel, kein berufsbegleitendes Aufbaustudium, keine glänzenden Zeugnisnoten, keine Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften. Nichts.

      Die Beschimpfungen und Beschuldigungen, die mir MoP besonders gern im Beisein der Doktoranden und Diplomanden zu schenken pflegte, nahmen groteske Züge an. So bezeichnete er mein im vorherigen Kapitel beschriebenes unglückliches und unverschuldetes Ende meiner vorherigen Postdoc-Anstellung als Rausschmiss, obwohl der Institutsleiter in meinem Arbeitszeugnis die von mir unverschuldeten Gründe exakt hervorgehoben hatte. Einmal musste sogar die Sekretärin schriftlich protokollieren, wie er mich beschimpfte. Als ich mich hinterher bei ihr erkundigte, was mit dem Protokoll geschieht, erwiderte sie, es würde offizielle Wege gehen. Bei diesem erquicklichen Zusammensein warf mir MoP unzählige Details vor, weswegen er mit meiner Arbeit nicht zufrieden war. Ein Hauptpunkt dabei war, dass ich ihm diverse Fragen zum Messgerät und dessen Software nicht beantworten konnte. Diesen Vorwurf hätte ich ebenso gut umkehren können, denn die offenen Fragen hätte ich auch gern von ihm beantwortet bekommen. Schließlich besaß er das betroffene Gerätesystem schon einige Jahre. Er hatte es sogar aus einer anderen Stadt mitgebracht, wo er vorher als Laborleiter gewirkt hatte. Doch auf Fragen, die ich ihm stellte, erwiderte er entweder „das weiß ich doch nicht“ oder er ignorierte sie völlig. Stattdessen warf er mir als Nächstes vor, ich wäre nicht in der Lage, sowohl die Spektren, die ich aufnehme, zu interpretieren als auch generell Ergebnisse zu produzieren. Das Ganze bezog sich auf einen Zeitraum weniger Wochen meiner Tätigkeit auf einem für mich völlig neuen Forschungsfeld. Und schließlich wäre ich seinen Aufforderungen, mit Ergebnissen zu ihm zu kommen, nie gefolgt. Wie sollte ich ihm seine ersehnten Ergebnisse auf seinem Schreibtisch servieren, wenn sein Konzept, das er mir auflud, keine hervorbrachte? Ich ließ mich von seinen Vorwürfen nicht in die Enge treiben, sondern legte ihm meine Unzufriedenheit und das Verständigungsproblem, das ich mit ihm hatte, in vollem Umfang dar. Dies trieb ihn zur Weißglut und mich an den Rand des Zusammenbruchs.

      Eines Abends wagte ich es, die von MoP überwachten Räume eine halbe Stunde eher als erlaubt zu verlassen, da ich beabsichtigte, bei einer Nachwuchsgruppenleiterin fachlichen Rat zu ersuchen, die in einem anderen Gebäude tätig war. Doch zu allem Unglück passend, hatte sich mein MoP mit dieser jungen Dame, welche auf ähnlichem Fachgebiet wie wir tätig war, seit geraumer Zeit verstritten. Im Zuge der ursprünglichen Einrichtung ihrer Nachwuchsforschungsgruppe war es geplant gewesen, dass sie die in MoP`s Laboren vorhandenen Messgeräte für ihre Forschungszwecke mit benutzen dürfte. Dies aber wollte MoP nicht. Ein ordentlicher Professor duldet nämlich keine jüngere weibliche Konkurrenz in seinem Herrschaftsgebiet. Ganz ähnlich benahm sich viele Jahre später mein Habilitationsinitiator, wovon an anderer Stelle noch zu berichten sei. An jenem Abend auf dem Gang des Institutes versuchte MoP zu verhindern, dass ich die junge Frau besuchte. Zum Zwecke des wissenschaftlichen Austauschs ging ich trotzdem zur besagten Kollegin, welche mir an diesem Abend und auch zu späteren Gelegenheiten stets offen, hilfsbereit und freundlich gegenübertrat. Doch diesen fachlichen Kontakt verbot mir MoP, weshalb ich ihn verheimlichte. Als ich eine Weiterbildungsveranstaltung einer geräteproduzierenden Firma in einer anderen Forschungseinrichtung besuchte, traf ich dort eine ehemalige Mitarbeiterin meines MoP`s aus seiner Vergangenheit weit im Westen Deutschlands. Sie nahm auch am Seminar teil. Als ich ihr berichtete, dass ich seit Kurzem zum neuen Arbeitskreis des MoP gehöre, schaute sie mich entsetzt an und empfahl mir mit warnender Stimme: „Suchen Sie sich schnellstmöglich eine andere Stelle! Der macht Sie fertig!“ Dann berichtete sie mir noch von zwei seiner ehemaligen Doktoranden, die außer ihr unter ihm gelitten hatten. Die an mich gerichtete unglückliche Prophezeiung erfüllte sich recht bald. Ich hielt die täglichen Anfechtungen und Degradierungen nicht mehr aus und musste mich krankschreiben lassen. Wie mir die Diplomanden berichteten, verlautete MoP im Labor, dass er meine Krankschreibung nicht anerkennen werde. Zuvor hatte ich bei diversen Personen, welche verantwortungsvolle Funktionen an der Universität ausübten, um Hilfe gesucht. So erzählte ich meine gravierenden Probleme dem Ombudsmann für wissenschaftliches Fehlverhalten, welcher ein Physikprofessor war, der Gleichstellungsbeauftragten der Chemischen Fakultät, welche eine Chemieprofessorin war, und gar der Frauenbeauftragten der ganzen Universität. Auch stellte ich mich bei der Geschäftsführerin des Forschungszentrums vor, wozu MoP`s Abteilung gehörte. Doch alle von der Universität mit den genannten gewichtigen Ämtern betrauten Personen redeten nur einher. Die Frauenbeauftragte der Universität erzählte mir von ihrer gescheiterten Ehe und wie auch sie unter den Männern leiden musste. Die Gleichstellungsdame der Fakultät ermahnte mich, die ihr geschilderten Zustände bloß nicht weiter zu erzählen. Und der Ombudsmann riet mir tatsächlich, meine Freizeit mit den anderen Institutsangehörigen zu verbringen. Auf das ich mich der verdorbenen, feindseligen Atmosphäre auch nach der Arbeitszeit noch aussetzte! Ansonsten übernahm er weitgehend die Positionen des MoP, die ihm jener unter vier Augen zu übermitteln pflegte. Zwar hörten sich die genannten Ansprechpartner meine Sorgen an, aber eine echte Hilfestellung leistete mir keiner. Es wurde keine dringend notwendige Aussprache mit dem MoP einberufen. Niemand wagte sich an ihn heran. Also konnte er sich weiter austoben, und ich blieb ihm völlig unterstützungslos ausgeliefert, obwohl es in der Satzung der Universität zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis einen Paragraphen mit folgendem Wortlaut gab: „Nachwuchswissenschaftler haben Anspruch auf regelmäßige wissenschaftliche Betreuung, Beratung und Unterstützung.“ Das Gegenteil aber spielte sich ab. Ich nahm noch einmal Kontakt auf mit der ehemaligen Mitarbeiterin des MoP, die ich auf dem Firmenseminar kennen gelernt hatte. Sie warnte mich erneut, dass es dem MoP in keinster Weise daran gelegen sei, dass es für mich gut ausgeht und dass er alles versuchen wird, mich über den Tisch zu ziehen und mich in einem ganz schlechten Licht dastehen zu lassen. Sie kannte ähnliche Fälle...

      Auf einer Tagung, die in einer anderen Forschungseinrichtung stattfand, ließ mich mein vorgesetzter Professor von einem extra dazu geschickten Kollegen aus einer Diskussion mit anderen Tagungsteilnehmern herausholen. Sein unwirsches Vorgehen begründete er damit, dringend einen Beisitzer für einige studentische Diplomprüfungen zu benötigen. Diese Aufgabe hätte zwar ebenso mein unfreundlicher Abholer übernehmen können, wobei er gleichzeitig noch das Benzin für die halbstündige Fahrt zum Tagungsort und zurück hätte sparen können. Aber er duldete keine Diskussion und raunzte mich an: „Komm jetzt!“ Der Anweisung meines Vorgesetzten folgend verließ ich die Tagung, für die ich immerhin meinen Tagungsbeitrag bezahlt hatte. Kaum im MoP-Institut angekommen, eilte ich zum Prüfungszimmer. Doch es kam nicht so weit, dass ich es betreten konnte. Die Sekretärin eilte mir entgegen, um zu verkünden, dass ein Professor aus einem Nachbarinstitut den Prüfungsbeisitz übernimmt. Das ganze eilige Theater, mich von der Tagung wegzuholen, schien umsonst zu sein; oder doch nicht, sondern um mich wieder einmal zu degradieren und zu schikanieren. Proben eines externen Kooperationspartners, die seit etwa einem Jahr in der Tiefkühltruhe lagerten, und an denen sich schon ein Doktorand die Zähne ausgebissen hatte, sollte ich augenblicklich und erfolgreich vermessen. Bis heute, das heißt neun Jahre nach meiner Flucht aus der Arbeitsgruppe des MoP, taucht keine einzige Veröffentlichung über die damals mir übergebene Thematik in der Publikationsliste des MoP auf. Dies bedeutet, dass auch nach mir niemand Erfolg damit hatte, was ich aufgrund der meinem Eindruck nach zum Scheitern verurteilten Herangehensweise auch erwartete. Aber bis zum Anschlag drangsalierte er mich deswegen, und dies angesichts meines einjährig befristeten Arbeitsvertrages. In einer unserer Diskussionen herrschte er mich

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