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den Tiefen seines Körpers kommende Drang, zum Ziel zu kommen. Er war eingeschnappt, auf eine dem Verstand kaum zugängliche Weise. Das falsche Wort zur falschen Zeit hatte irgendwo angedockt, etwas hatte ihn übernommen. Gleichzeitig spürte er das in einem Winkel seines Bewusstseins, es ärgerte ihn, dass er einschnappte, trotzdem fühlte er sich wie ein Zombie, eine sexuell ferngesteuerte Marionette. Er antwortete nicht, stierte nur an die Wand. Eine beleidigte Leberwurst.

      »Ach komm!« Charlotte stupste ihn an. Er sah etwas verletzt zurück. Sollte sie jetzt etwa nachgeben und sich hinlegen und die Beine breitmachen, dachte Charlotte. Das kann er wohl nicht erwarten. Er ist doch sonst so verständnisvoll und erwachsen. Das war auch nicht ihr Stil. So ging das nicht.

      »Komm, das war doch nichts Ernstes«, sagte sie schließlich. »Mit dir ist das wirklich was anderes. Weißt du, ich bin müde. Sollen wir uns nicht hinlegen und etwas schlafen? Du musst früh raus, morgen. Und ich hätte gern deine starken Arme um mich, du.« Sie zog sein Unterhemd aus, und die von ihrem Oberkörper ausgehende Duftwolke überwältigte Benjamins Widerstand, zusammen mit dem Beschützerinstinkt, den sie bei ihm geweckt hatte.

      »Ja. Ist doch schön, dass du hier bist«, sagte er leise zu ihr. »Ich freue mich wie ein Schneekönig, ehrlich.«

      Er zog sich ebenfalls bis auf seine Unterhose aus und legte sich neben sie, seine pochenden Lenden an ihr pralles Hinterteil gepresst und die Arme um sie geschlungen, kreuzweise, der linke Arm unter ihrem Leib hindurch auf ihrer rechten Brust, der rechte auf der linken, seinen Kopf in ihrem duftenden Haar.

      Fast wäre Charlotte schwach geworden, sie tastete kurz und unbewusst nach seinem Glied, als ob sie sich überzeugen wollte, ob es noch da wäre, oder ob er bereit wäre. Benjamin wollte ihre Hand dort festhalten. War das ein Angebot, eine Chance auf ein Weiterkommen? Charlotte zog ihre Hand wieder zurück. »Lass uns schlafen.« Sie löschte das Licht und lauschte seinem Atem, bis er eingeschlafen war.

      Der Überfall

      Benjamin hatte lange gebraucht, bis er sich sortiert hatte und erleichtert eingeschlafen war. Bald darauf sackte er wie ein Stein in einen traumlosen Tiefschlaf. Charlotte knipste einfach ihr Denken aus und war schon nach wenigen Minuten weg.

      Sie erwachte erfrischt beim ersten Morgengrauen, als sie die fremde Umgebung wahrnahm. Draußen sangen die Amseln; sie lauschte eine Weile. Nach und nach begrüßten weitere Vögel, die sie nicht kannte, den beginnenden Tag.

      Benjamin neben ihr schnarchte, wie er vorausgesagt hatte, auf dem Rücken liegend, aber leise genug, um sie nicht zu stören. Auch dabei hörte sie ihm eine Weile zu. Es war ein Geräusch des Vertrautseins.

      Charlotte legte ihm spielerisch die Hand auf den Oberschenkel, Ben schlief unbeirrt weiter. Für seine Größe war er ein ziemliches Sensibelchen, fand sie. Er war schüchtern und empfindlich. Wie konnte er nur darauf kommen, ausgerechnet Daniel als ernsthaften Konkurrenten zu empfinden? Sie spielte an seiner Unterhose herum, die einen Schlitz hatte, anders als ihre eigenen. Sofort regte sich jemand darin.

      Allzeit bereit, dachte sie. Gestern Abend auch; er hatte sie fast so weit gehabt. Sein Gejammere gestern war wohl nur dazu gedacht gewesen, sie rumzukriegen. Nur der Vollzug ist der Beweis, dass man besser ist als andere. Hätte er es nicht ihr, sondern Daniel damit gezeigt? Sie schüttelte den Kopf. Männer.

      Ein wenig ärgerte sie sich über sich selbst. Sie wollte ihn genauso wie er sie. Warum stellte sie sich so an? Hatte sie Angst, dass er ihr nach dem ersten Mal abhauen würde? Score! Wham bam, thank you, Mam? Aber so einer war er nicht, oder nicht mehr. Oder doch? Männer wollten besitzen, das war ihr nur zu bewusst. Sie wollten ein einmaliges Erlebnis, in einem anderen Wortsinn, als sie es sich wünschte.

      Demnächst würde sie ihn wecken müssen, er musste zu seinem Zug nach Düsseldorf und von dort nach Exeter in England. Er würde ein paar Tage weg sein. Sie schmiegte sich enger an ihn und spürte ihre eigene physische Reaktion auf seine Nähe.

      Charlotte hob ihre Hüfte an und strich mit der Linken an ihrem Po herunter, um sich ihres Höschens zu entledigen. Dasselbe, das Benjamin morgens nach dem Suff an sich entdeckt hatte. Das hatte sie kurz entschlossen ungewaschen angezogen und seitdem nicht mehr abgelegt. Sie strich über seine Brust, er schnarchte weiter. Was er wohl träumt, dachte sie, hoffentlich von mir. Und hoffentlich was Schönes.

      So einfach konnte sie ihn nicht weglassen. Wachrütteln, hey, Zen, dein Zug, du musst los, mit einem improvisierten Frühstück im Stehen oder nur einem Kaffee. Da wusste sie was Besseres. Sie würde ihn sanft in den Tag hineingleiten lassen.

      Im Zimmer war es warm, sie hatten sich ohnehin fast freigestrampelt. Charlotte schob die Decke vorsichtig zur Seite und sah sich den Mann neben ihr an. Er gefiel ihr.

      Mit den Fingerspitzen zog sie am Saum seiner Unterhose, langsam, in Zeitlupe, ohne Kraft. Er reagierte nicht, war in seinem Traum unterwegs.

      Schließlich hatte sie sein bestes Stück freigelegt. Die Hose konnte sie aber nicht weiter herunterziehen, ohne ihn zu wecken. Sie nahm vorsichtig in die Hand, was sie gerade befreit hatte. Nachhelfen musste sie nicht. Er hatte wohl die ganze Nacht von ihr geträumt.

      Sie kniete sich vorsichtig über ihn und strich mit ihren langen Haaren über seinen Brustkorb. Die Spitzen ihrer Brüste berührten ihn dort, wo sein Brusthaar in den muskulösen Bauch überging.

      Wenn er wach gewesen wäre, hätte er das mitbekommen.

      Er schlief weiter, grunzte kurz, setzte sein leichtes Schnarchen aber fort. So weit, so gut. Charlotte spürte ihre eigene Bereitschaft überdeutlich; ein Geruch von Malz und Hefe kräuselte sich an ihrem Bauch empor, wie ein junges Bier. Charlottes Seufzer ging in leises Stöhnen über. Sie selbst hatte auch länger keinen Sex mehr gehabt. Nun spürte sie schmerzhaft, wie ihr das gefehlt hatte. Fast hätte sie lauter aufgestöhnt, konnte sich aber noch beherrschen. Wecken wollte sie ihn auf keinen Fall, jetzt nicht. Es sollte eine Überraschung werden.

      Sachte schob sie ihr Becken nach vorn, bis sie sich über ihm befand. Dann ließ sie sich unmerklich herunterrutschen, bis sie Kontakt spürte. Dabei beließ sie es für eine Weile; er hatte sich nicht bewegt, und auch sein Schnarchrhythmus war unverändert.

      Charlotte atmete heftig, hoffentlich wurde er nicht davon wach. Vorsichtig drückte sie ihn nach oben, mit einem Finger. Jetzt atmete er etwas heftiger. Wach war er noch nicht. Charlotte hätte sich jetzt gern zurecht geruckelt, aber das hätte ihn bestimmt geweckt. Stattdessen bewegte sie ihr Becken so weit nach vorn, bis sich alles richtig anfühlte.

      In ihren Bemühungen, ihn nicht zu wecken, bewegte sie sich so langsam, wie sie irgend konnte. Zehntelmillimeter für Zehntelmillimeter schob sie sich über ihn, mit kleinen Korrekturbewegungen, wie eine Nacktschnecke, die sich über ein Stück Holz zog, ein wenig nach vorn, noch ein wenig, ein bisschen zurück, langsam, langsam, ohne Druck, unterstützt von winzigen, kreiselnden Bewegungen.

      Nach einer gefühlten kleinen Ewigkeit hatte sein Schiff Skylla und Charybdis passiert, es ging jetzt etwas leichter. Charlotte sie ließ sich weiter Zeit, um ihn noch nicht zu wecken. Sie schwebte nahezu regungslos über ihm und hielt ihn trotzdem fest.

      Vielleicht konnte sie ihn dahin bringen, dass er genau im richtigen Moment aufwachte; das wäre ein Kunstwerk, das zu vollenden sich lohnte, dachte sie. Hatte er das überhaupt verdient, dass sie sich so um ihn kümmerte?

      Langsam ließ sie sich weiter nach unten gleiten, mühelos, wie Harz am Baum. Die Hälfte hatte sie nun schon hinter sich. Er träumte immer noch, auch wenn sein Schnarchen heftiger geworden war und ab und zu von Glucksen durchsetzt war.

      Charlotte hielt ihre Brüste mit den Händen nach oben und massierte sie. Wie schön, wenn das jetzt seine Hände wären, dachte sie, aber die eine lag untätig an seiner Seite, die andere unter seinem Nacken, als Kopfstütze.

      Schließlich fühlte sie sich ausgefüllt. Sie drückte sich vorsichtig noch etwas tiefer.

      Inzwischen hatte sie bei der langsamen Bewegung jedes Raumgefühl verloren. Ob er in ihr steckte oder sie in ihm, war unklar. Was seins war, war auch ihres, was ihres war, wurde seins. Er war die samtene Haut, die ihn umhüllte und wärmte.

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