ТОП просматриваемых книг сайта:
Beleuchtung in Innenräumen - Human Centric Integrative Lighting. Tran Quoc Khanh
Читать онлайн.Название Beleuchtung in Innenräumen - Human Centric Integrative Lighting
Год выпуска 0
isbn 9783527831548
Автор произведения Tran Quoc Khanh
Жанр Физика
Издательство John Wiley & Sons Limited
Vor Kurzem erfuhren die Wissenschaftler/-innen der Neurobiologie und der Lichttechnik, dass die melatoninhaltigen ipRGC sowohl für die Helligkeitswahrnehmung als auch für die Wachheit und Hormonregulation mitzuständig sind. Der Begriff image forming (IF) im Gegensatz zu nonimage forming (NIF) bezieht sich auf die Abbildung von Gegenständen auf die Netzhaut und somit auf die Wahrnehmung von Kontrasten (Hell-Dunkel-Unterschied oder Strukturunterschied). Die ipRGC ermöglichen dabei keine örtlichen und zeitlichen Kontraste (engl. nonimage forming, NIF). Im Jahr 2019 gelang es [17], die Wirkungen und Beteiligungen von melatoninhaltigen Zellen bei niedrigen örtlichen Frequenzen bis 0,8 cpd (engl. cycle per degree, Periode pro Grad Sichtwinkel) und bis zu einer zeitlichen Frequenz bis 0,45 Hz bei einem Michelson-Kontrast von größer als 14 % nachzuweisen.
3.3.2 Verarbeitungszentren und Übertragungsbahnen für nicht visuelle Lichtwirkungen
Für die nicht visuellen Lichtwirkungen stellen die ipRGC mit ihren intrinsischen Signalbildungen in den melatoninhaltigen Pigmenten sowie mit den von den LMS-Zapfen und Stäbchen zu ipRGC eingekoppelten Signalen die Anfangsstationen dar (s. Abb. 3.10).
Die ipRGC-Signale werden zum visuellen Kortex V1 übertragen und tragen zum visuellen Sehverhalten bei (s. [18], s. Abb. 3.9). Für die nicht visuellen Lichtwirkungen (Abb. 3.10) werden die ipRGC-Signale sowohl zum Schrittmacher, dem SCN, als auch zu weiteren Verarbeitungszentren im Gehirn übertragen und sind für viele physiologische und psychologische Wirkungen (z. B. Wachheit, Emotionen, Lernen, Hormonbildung) mitverantwortlich.
Der SCN (Abb. 3.10) ist eine Struktureinheit im Hypothalamus und ist etwa 0,25 mm3 pro Nukleus groß [29, 30]. Er ist der Taktgeber für den zirkadianen Biorhythmus, dessen Oszillationsfähigkeit durch zwei miteinander verbundene molekulare Regelungsschleifen ermöglicht wird. Die Zeitgeberfunktion und die Synchronisation mit der Umwelt sind mit dem SCN auf der Eingangsseite durch die ankommenden ipRGC-Signale und durch die Signale von anderen Körpereinheiten möglich. Hinzu kommen noch – auf der Ausgangsseite – die Signale zu den anderen Verarbeitungszentren im Gehirn, die Informationen über den Zeitpunkt und Phasenlage enthalten (Abb. 3.11).
Abb. 3.10 Verarbeitungszentren und Ubertragungsbahnen für nicht visuelle Lichtwirkungen. Quelle: TU Darmstadt.
Abb. 3.11 Verarbeitungszentren und Ubertragungsbahnen des ipRGC-Signals mit dem SCN im Fokus. Quelle: TU Darmstadt.
Die Informationen von der Umwelt, die sog. photic-Informationen, gehen von den ipRGC aus und werden im retinohypothalamischen Trakt direkt zum SCN übertragen (s. Abb. 3.11). Der Signalaustausch vom SCN mit der Netzhaut kann auch indirekt über das sog. intergeniculate leaflet (IGL) im Thalamus über den sog. geniculohypothalamischen Trakt (GHT) erfolgen. Die Signale auf den beiden Bahnen RHT und GHT enthalten somit die Information über die Lichtintensität und die spektrale Zusammensetzung des einfallenden Umgebungslichts. Die Kommunikation zwischen SCN und RN (Raphe-Nuklei), eine körpereigene, sog. nonphotic communication, findet über den sog. raphe-hypothalamischen Trakt statt, der Informationen über die Phase des zirkadianen Rhythmus enthält und die Vigilanz des Körpers regelt. Der RN selbst steuert die Generation des Hormons Serotonin, ein Gewebshormon und Neurotransmitter, das sich auf das Blutsystem, Magen-Darm-System, Herz-Kreislauf-System auswirkt. Die wichtigsten Funktionen des Serotonins ist die Beeinflussung der Perzeption, der Sensorik, der Schmerzverarbeitung, des Schlafs und der Temperaturregulierung.
Zwischen dem SCN und der Zirbeldrüse (engl. pineal gland) gibt es ebenfalls eine Kommunikationsschleife. Die Funktion der Zirbeldrüse ist, das Hormon Melatonin in nächtlichen Stunden zu generieren. Das Hormon dockt an den Blutgefäßen im Gehirn und an den Zellen des Immunsystems an und signalisiert dem Körper bei Dunkelheit, dass die Zeit zum Ausruhen kommt. Die Konsequenzen davon sind die Reduzierung des körperlichen Energieverbrauchs, wobei der Blutdruck auch gesenkt wird. Das Hormon senkt die Körperkerntemperatur und beeinflusst das Immunsystem maßgeblich.
Durch die Synchronisation des Schrittmachers SCN mit dem Hell-Dunkel-Rhythmus des natürlichen Lichts werden verschiedene physiologische Körperfunktionen in einer zirkadianen Periodizität getaktet. In der Abb. 3.12. sind die zirkadianen Rhythmen der beiden Hormonarten Melatonin und Cortisol und der Körperkerntemperatur über zwei Tage dargestellt.
Abb. 3.12 Zirkadiane Rhythmen von den beiden Hormonarten Melatonin und Cortisol und der Korperkerntemperatur uber zwei Tage (nach [20]). Reproduziert mit Genehmigung der Autor/- innen.
Der Hormonspiegel von Melatonin am Tag ist gering (s. Abb. 3.12) und beträgt etwa ein Drittel bis ein Zwölftel des Melatoninspiegels in den nächtlichen Stunden. Der Melato ninspiegel beginnt etwa ab 20 Uhr abends (lokale Zeit) anzusteigen. Ohne Lichtwirkung erreicht die Melatoninkonzentration um 3–4 Uhr morgens das Maximum. Der Spiegel von Cortisol erreicht das absolute Maximum am frühen Morgen zwischen etwa 6:30 und 8 Uhr. Die Körperkerntemperatur durchläuft ihr Minimum um etwa 4:30 Uhr morgens.
Der Signalweg von ipRGC zum SCN und über den SCN zu den Gehirnzentren im Hypothalamus trägt wie oben beschrieben zur Hormonsteuerung und zur Steuerung von vegetativen Funktionen bei. Die Auswirkungen von Licht auf diese vegetativen Funktionen können noch Tage bis Wochen nach der Beendigung der Lichtexpositionen anhalten. Die direkten Wirkungen von ipRGC zu den anderen Verarbeitungszentren ohne den SCN als Zwischenstation enden schnell nach dem Abschluss derAugenbelichtung. Zu denweiteren Lichtwirkungen gehören Effekte wie Lernen, Kognition, Wachheit, Stimmung und Emotion, wobei sich diese fünf Effekte untereinander beeinflussen. Die Frage, wie Licht mit seiner Intensität, seines Spektrums und seiner zeitlicher Eigenschaft in den einzelnen Gehirnregionen und im Verbund der Regionen diese fünf o. g. Effekte steuert, wird in den folgenden Ausführungen beantwortet.
3.3.2.1 Lichtwirkungen auf Stimmung und Lernen
In 2018 wurden in [21] Forschungsergebnisse vorgestellt, wonach die unterschiedlichen Unterpopulationen von ipRGC mit unterschiedlichen Proteinen bzw. unterschiedlichen Transkriptionsfaktoren Urheber für die Signale sind, die auf die verschiedenen Bahnen zum SCN und zum Thalamus Wirkungen auf das Lernen und die Stimmung ausüben (s. Abb. 3.13).
Die ipRGC mit dem Transkriptionsfaktor Brn3b(−) senden die Signale zum SCN, die bei der Einkopplung im Hippokampus das Lernen beeinflussen (s. Abb. 3.13). Dieser Prozess beeinfluss den Schrittmacherprozess im SCN nicht. Die ipRGC mit dem Transkriptionsfaktor Brn3b(+) senden die Signale zum Thalamus und speziell zum Perihabenula Nucleus (PHb), die dort auf die Stimmung einwirken.