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Die Herbst-Apparatur. Hans Pancherz
Читать онлайн.Название Die Herbst-Apparatur
Год выпуска 0
isbn 9783868676136
Автор произведения Hans Pancherz
Жанр Медицина
Издательство Bookwire
Patientenfall 2
Ein 12 Jahre altes Mädchen mit einem Distalbiss (Angle-Klasse II:1) wurde erfolgreich mit einer gegossenen Schienen-Herbst-Apparatur, gefolgt von einer MB-Apparatur im Ober- und Unterkiefer, behandelt (Abb. 2). Während der Herbst-Behandlung wurde der Unterkiefer in zwei Schritten zu einem frontalen Kreuzbiss (Klasse III) vorverlagert. Ein Positioner wurde 6 Monate zur Retention nach der Herbst-MB-Therapie verwendet. Bei der Nachuntersuchung 3 Jahre nach der Herbst-MB-Behandlung, war das Ergebnis stabil.
Abb. 2 Ein 12 Jahre altes Mädchen, das erfolgreich mit einer gegossenen Schienen-Herbst-Apparatur und schrittweisem Bite Jumping bis zum frontalen Kreuzbiss behandelt wurde. a) Vor der Behandlung. b) Start der Herbst-Behandlung (zu beachten ist der erste Bite-Jumping-Schritt bis zum inzisalen Kopfbiss). c) Nach 5-monatiger Herbst-Behandlung (zu beachten ist die Reaktivierung der Teleskope durch Austausch der Führungsrohre zu längeren Varianten; der Unterkiefer ist bis zum frontalen Kreuzbiss vorverlagert). d) Nach 7-monatiger Herbst-Behandlung und Entfernung der Apparatur (zu beachten ist der frontale Kreuzbiss). e) Nach 1-monatiger MB-Behandlung, nach der Herbst-Behandlungsphase (zu beachten ist das frontale Rezidiv zu einem normalen Overjet). f) Nach Abschluss der Herbst-MB-Behandlung. g) 3 Jahre nach der Herbst-MB-Behandlung (zu beachten ist das stabile Behandlungsergebnis).
Patientenfall 3
Ein 18 Jahre alter männlicher Erwachsener mit einem Distalbiss (Angle-Klasse II:2) wurde erfolgreich mit einer gegossenen Schienen-Herbst-Apparatur, gefolgt von einer MB-Apparatur im Ober- und Unterkiefer, behandelt (Abb. 3). Vor der Herbst-Phase wurden die Oberkiefer-Inzisivi mit einer MB-Apparatur prokliniert, um eine Vorverlagerung des Unterkiefers zu ermöglichen. Während der Herbst-Behandlung wurde der Unterkiefer in zwei Schritten zu einem frontalen Kreuzbiss (Klasse III), vorverlagert. Eine 2-jährige Retention nach der Herbst-MB-Behandlung erfolgte mit einem Plattengerät im Oberkiefer und einem geklebten lingualen Eckzahn-zu-Eckzahn-Retainer im Unterkiefer. Bei der Nachuntersuchung 3 Jahre nach der Herbst-MB-Behandlung, war das Ergebnis stabil.
Abb. 3 Ein 18 Jahre alter männlicher Erwachsener, der erfolgreich mit einer gegossenen Schienen-Herbst-Apparatur und schrittweisem Bite Jumping bis zum frontalen Kreuzbiss behandelt wurde. a) Vor der Behandlung, nach der Proklination der oberen Inzisivi. b) Start der Herbst-Behandlung (zu beachten ist der erste Bite-Jumping-Schritt bis zum inzisalen Kopfbiss). c) Nach 2,5-monatiger Herbst-Behandlung (zu beachten ist die Reaktivierung der Teleskope mit einer Vorverlagerung des Unterkiefers bis zum frontalen Kreuzbiss). d) Nach 9-monatiger Herbst-Behandlung und Entfernung der Apparatur (zu beachten ist der frontale Kreuzbiss). e) Nach 1-monatiger MB-Behandlung, nach der Herbst-Behandlungsphase (zu beachten ist das frontale Rezidiv zu einem normalen Overjet). f) Nach Abschluss der Herbst-MB-Behandlung. g) 3 Jahre nach der Herbst-MB-Behandlung (zu beachten ist das stabile Behandlungsergebnis).
Diskussion
Die Methode der schrittweisen Vorverlagerung des Unterkiefers bis zum frontalen Kreuzbiss ist ein zuverlässiges klinisches Verfahren bei der Herbst-Behandlung des Distalbisses von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Die Methode ist komplikationsarm und wird von den Patienten in allen Altersgruppen gut akzeptiert.
Die klinische Überlegung zu den Vorteilen dieses Bite-Jumping-Verfahrens beruht auf der Erkenntnis, dass bei einer üblichen Herbst-Behandlung unabhängig von dem Ausmaß der Unterkiefervorverlagerung eine Proklination der unteren Frontzähne nicht zu vermeiden ist und dass nach der Behandlung die Frontzahnstellung zu rezidivieren neigt5. Das sollte bedeuten, dass auch bei einer Unterkiefer-Vorverlagerung bis zu einem frontalen Kreuzbiss eine Proklination der unteren Inzisivi stattfindet, aber dass das darauffolgende Rezidiv der Frontzahnneigung zu einem normalen Überbiss (Overjet) führt. Diese Klasse-III-Überbehandlung könnte somit letztendlich eine stabilere Okklusion sowie eine verkürzte Retentionszeit bedeuten.
Ein weiterer Vorteil des Klasse-III-Bite-Jumpings ist, dass die Patienten mit den Zähnen in einer frontalen Kreuzbissrelation nicht knirschen können. Somit wird eine Überbelastung des Teleskop-Mechanismus und ein damit verbundener Geräteschaden vermieden.
Speziell günstig ist das Klasse-III-Bite-Jumping-Verfahren bei Patienten mit einer vollen Distalokklusion im Bereich der Seitenzähne und einem moderat vergrößerten Overjet (weniger als 6 mm). Hier ist ein großes Jumping (in einem Schritt) bis zum frontalen Kreuzbiss vorteilhaft, um eine große Wirkung auf die Okklusion und das Unterkieferwachstum zu erreichen2,3,4.
Dagegen werden die Kiefergelenke bei einer vollen Distalokklusion in Kombination mit einem sehr großen Overjet (mehr als 10 mm) eine Klasse-III-Unterkiefervorverlagerung in einem Schritt nicht erlauben, da die maximale Bewegungsfreiheit des Unterkiefers nach vorne nur bei ca. 7 mm liegt. Somit ist hier ein Jumping in wenigstens drei Schritten notwendig:
•Im ersten Schritt ca. 4 bis 5 mm,
•im zweiten Schritt bis zum inzisalen Kopfbiss und
•im dritten Schritt bis zum inzisalen Kreuzbiss.
Auch wenn die klinischen Ergebnisse des extremen Bite Jumpings sehr zufriedenstellend sind, liegen bis heute keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema vor. Interessant zu untersuchen wären folgende Fragestellungen:
•Wie beeinflusst das Verfahren die Position und das Parodontium der unteren Frontzähne?
•Wie wirkt sich das Verfahren auf das Wachstum und die Funktion der Kiefergelenke aus?
Literatur
1.Pancherz, H. Treatment of Class II malocclusions by jumping the bite with the Herbst appliance. Am J Orthod 1979;76: 423–442.
2.Pancherz, H. The mechanism of Class II correction in Herbst appliance treatment. Am J Orthod 1982;82:104–113.
3.Du, X; Hägg, U, Rabie, ABM. Effects of Headgear Herbst and mandibular step-by-step advancement vs conventional Herbst appliance