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Meteorologie. Hans Häckel
Читать онлайн.Название Meteorologie
Год выпуска 0
isbn 9783846355046
Автор произведения Hans Häckel
Жанр Математика
Издательство Bookwire
Abb. 2.3 Zum Zusammenspiel von Dampfdruck und Sättigungsdampfdruck (Einzelheiten siehe Text).
Daraus ergibt sich eine wichtige Konsequenz: Der Dampfdruck in der Luft kann nicht über den Sättigungsdampfdruck bei der herrschenden Lufttemperatur steigen. Täte er das, so würde die Kondensation überwiegen und so der überschüssige Wasserdampf verflüssigt. Dass der Kondensationsprozess noch an weitere Voraussetzungen gebunden ist, braucht uns im Augenblick noch nicht zu interessieren.
Verdunstung kann nur stattfinden, so lehrt uns Fall (A), solange der Sättigungsdampfdruck (E) höher als der Dampfdruck (e) ist. Die Differenz (E – e) wird als Sättigungsdefizit bezeichnet. Sie spielt bei der Berechnung der Verdunstung eine herausragende Rolle und wird uns deshalb im betreffenden Abschnitt noch beschäftigen.
Steigt der Sättigungsdampfdruck über den gesamten auflastenden Luftdruck, so geht das geordnete Verdunsten in ungeordnetes Sieden über. Auf Meeresniveau ist das bei 100 °C der Fall – so wurde ja der 100 °C-Fixpunkt definiert. Auf dem Gipfel der Zugspitze in 2960 m Höhe beträgt der Luftdruck im Mittel etwa 700 mbar. Dort siedet das Wasser bereits bei 89 °C. Auf dem 8848 m hohen Mt. Everest ist der Siedepunkt bei einem mittleren Luftdruck von rund 320 mbar sogar schon bei 71 °C erreicht.
Das Phänomen Dampfdruck gibt es natürlich nicht nur beim Wasser. Jede Flüssigkeit hat ihren Dampfdruck. Allerdings sind die Druckniveaus bei verschiedenen Stoffen sehr unterschiedlich. Generell kann man sagen – und das ergibt sich zwangsläufig aus der oben vorgestellten, bildhaften Deutung: Je stärker eine Flüssigkeit zur Verdunstung neigt, desto höher ist ihr Dampfdruck.
In einem verschlossenen, teilweise oder ganz mit Flüssigkeit gefüllten Behälter wird sich also immer ein Druck einstellen, der dem Sättigungsdampfdruck der Flüssigkeit bei der herrschenden Temperatur entspricht.
Wir kennen diesen Effekt vom Reservebenzinkanister, der sich im Auto an heißen Tagen wie ein Ballon aufblähen kann. Wir sehen jetzt auch, dass es keinen Sinn hat, den Kanister kurz zu öffnen, um den „Überdruck abzulassen“. Solange sich die Temperatur des Benzins nicht ändert, wird sich nach dem Verschließen der alte Druck sofort wieder einstellen (Fall (C)).
Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass sich der Dampfdruck zum Sättigungsdampfdruck letztlich genauso verhält wie die spezifische Feuchte zur Sättigungsfeuchte. Aus diesem Verhältnis hatten wir die relative Feuchte abgeleitet.
Und in der Tat stellt auch der Quotient: Dampfdruck (e)/Sättigungsdampfdruck (E) nichts anderes als die relative Feuchte (RF) dar, also
Streng genommen wird die relative Feuchte sogar nach dieser und nicht nach der vorhin vorgestellten Gleichung definiert.
Wenn sie hier über die spezifische Feuchte und die Sättigungsfeuchte eingeführt wurde, so geschah das in der Absicht, die nicht trivialen Vorgänge so anschaulich wie möglich zu erklären. Die zahlenmäßigen Unterschiede sind ohnehin so klein, dass sie für praktische Zwecke vernachlässigbar bleiben.
Schließlich kann man noch ein letztes wichtiges Feuchtemaß definieren: das Sättigungsdefizit. Dieses gibt an, um wie viele Millibar der Dampfdruck erhöht werden muss, um Sättigung zu erreichen, errechnet sich also zu (E – e). Das Sättigungsdefizit spielt bei der Berechnung der Verdunstung eine wichtige Rolle.
Kehren wir noch einmal zurück zum Dampfdruck: Bisher sind wir stillschweigend davon ausgegangen, dass wir eine ebene Wasserfläche vor uns haben. Das ist nicht immer und überall der Fall. Man braucht nur etwa an die Verhältnisse in einer Wolke oder im Nebel zu denken. Dort haben wir es mit einer Vielzahl kugelförmiger Tröpfchen zu tun. An ihnen greift die Oberflächenspannung an. Diese aber will nichts anderes als die Oberfläche und damit das Volumen verkleinern. Dadurch wird das Bestreben der Wassermoleküle, das Tröpfchen zu verlassen, erheblich vergrößert. Die Folge ist ein gegenüber einer ebenen Wasserfläche erhöhter Sättigungsdampfdruck. Je kleiner das Tröpfchen ist, desto ausgeprägter ist der Effekt. Während bei Tropfenradien bis herunter zu 1 µm noch kaum eine Erhöhung zu beobachten ist, steigt er bei 0,1 µm um 1,2 %, bei 0,01 µm um 12 % und erreicht bei 0,001 µm mehr als das Doppelte des Wertes über einer ebenen Wasseroberfläche.
Die Erhöhung des Sättigungsdampfdruckes über Wolken- und Nebeltröpfchen erklärt sich aus der Oberflächenspannung, die gerade beim Wasser besonders groß ist. Sie versucht die Oberfläche der Tröpfchen zu verkleinern und verhält sich damit ähnlich wie die Gummihaut eines aufgeblasenen Luftballons. Durch dieses Bestreben entsteht im Innern der Tröpfchen ein Druck, der – wie der Sättigungsdampfdruck – versucht, Wassermoleküle durch die Oberfläche hindurch nach außen zu drücken.
Aus Nachbarwissenschaften
Der Sättigungsdampfdruck E über der konvexen Oberfläche eines Tropfens ist größer, der über einer konkaven Oberfläche – wie wir sie z. B. in Kapillaren finden – ist konsequenter Weise kleiner als über einer (gleich warmen) ebenen Wasseroberfläche. Betrachten wir Abbildung 2.3 (B) unter diesem Gesichtspunkt, so wird schnell klar, dass es in Kapillaren schon bei deutlich trockenerer Luft (kleinerer Dampfdruck e) zur Wasserdampf-Kondensation kommt als über einer ebenen Wasseroberfläche. „Lapilli“ ist ein körniges, sehr poröses vulkanisches Bodenmaterial. In seinen Poren bilden sich Kapillaren, die die Kondensation schon bei relativ geringer Luftfeuchte ermöglichen. Sie werden so zu sehr potenten Wasserspeichern für den Landbau. Insbesondere auf den Kanarischen Inseln ist daher Landwirtschaft und Gartenbau auf Lapilli-Feldern sehr verbreitet.
Aber auch eine Erniedrigung des Sättigungsdampfdruckes ist möglich. Etwa dann, wenn im Wasser Salze gelöst sind, die die Wassermoleküle hygroskopisch an sich zu binden versuchen. Man muss sich das so vorstellen, dass sich die Teilchen der gelösten Substanz mit einer Hülle aus Wassermolekülen umgeben und diese fest an sich ziehen. Das hat eine wichtige Konsequenz: Sinkt die Temperatur einer Lösung unter 0 °C, so verhindern diese Bindungskräfte zunächst, dass die Wasserteilchen in einen Eiskristall eingebaut werden können, sodass die Lösung erst mehr oder weniger weit unter 0 °C gefrieren kann. Der Gefrierpunkt sinkt umso tiefer, je konzentrierter die Lösung ist.
Auch über Eis ist der Dampfdruck niedriger als über flüssigem Wasser gleicher Temperatur, sogenanntem „unterkühltem Wasser“. Im Eiskristall sind die Wassermoleküle viel stärker aneinander gekettet als im flüssigen Wasser. Überwiegend besteht die Molekularbewegung in einem Kristall nur aus regelmäßigen Schwingungen um den Kristallgitterpunkt. Ein Entkommen aus der Kristallstruktur ist also wesentlich schwieriger als das Verlassen der flüssigen Phase. Der Sättigungsdampfdruck über Eis ist deshalb bis zu 0,3 mbar geringer als über flüssigem Wasser gleicher Temperatur. Tabelle 2.2 enthält den Sättigungsdampfdruck über einer ebenen Wasser- und einer Eisoberfläche.
Aus dem Alltag
Unsere Erfahrungen aus dem täglichen Leben zeigen, dass jede feuchte Oberfläche früher oder später abtrocknet. Man denke nur etwa an mit Tinte beschriebenes oder mit Wasserfarben bemaltes Papier, an die Wäsche auf der Leine oder eine Regenpfütze. Der südöstlich von Wien an der Ungarisch-Österreichischen Grenze gelegene weniger als 2 Meter tiefe Neusiedler See ist in den Jahren zwischen 1864 und 1870 total ausgetrocknet (zum Glück hat er sich dann wieder neu gebildet, sonst wäre ein einzigartiges Naturdenkmal verloren gewesen).