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      Sokrates: Und sehr schön, o Euthyphron, scheinst du mir dies (13) erklärt zu haben. Nur noch ein Weniges fehlt mir, die Behandlung nämlich verstehe ich noch nicht recht, was für eine du meinst: denn gewiß meinst du nicht, wie man von einer Behandlung anderer Dinge redet, eine solche auch der Götter. Denn wir reden so auch sonst. So zum Beispiel sagen wir, nicht Jedermann wisse Pferde zu behandeln, sondern nur der Reuter. Nicht wahr?

      Euthyphron: Allerdings.

      Sokrates: Nämlich die Reitkunst ist die Behandlung der Pferde.

      Euthyphron: Ja.

      Sokrates: Auch Hunde weiß nicht jeder zu behandeln, sondern der Jäger.

      Euthyphron: So ist es.

      Sokrates: Zur Jägerei nämlich gehört auch die Behandlung der Hunde.

      Euthyphron: Ja.

      Sokrates: Und die Viehzucht ist die der Ochsen.

      Euthyphron: Allerdings.

      Sokrates: Und die Frömmigkeit und Gottesfurcht, o Euthyphron, die der Götter. Meinst du so?

      Euthyphron: So meine ich es.

      Sokrates: Bezweckt aber nicht alle Behandlung ein und dasselbige, sie gereicht nämlich irgendwie zum Besten und zum Vorteil dessen, was man behandelt, wie du wohl siehst, daß die Pferde, von der Reitkunst behandelt und bedient, vorteilen und besser werden. Oder denkst du nicht?

      Euthyphron: Ich wohl.

      Sokrates: Eben so die Hunde von der Jägerei, die Ochsen von der Rindviehzucht und alles andere gleichermaßen. Oder meinst du, die Behandlung gereiche zum Schaden des Behandelten?

      Euthyphron: Ich nicht, beim Zeus.

      Sokrates: Sondern zum Nutzen?

      Euthyphron: Wie anders?

      Sokrates: Ist also auch die Frömmigkeit, da sie die Behandlung der Götter ist, ein Vorteil für die Götter, und macht die Götter besser? Und würdest du das gelten lassen, daß wenn du etwas frommes verrichtest, du dadurch einen der Götter besser machst?

      Euthyphron: Beim Zeus, ich nicht!

      Sokrates: Auch ich, o Euthyphron, glaube nicht, daß du dies meinst; weit gefehlt! Sondern eben deshalb fragte ich vorher was für eine Behandlung der Götter du wohl meintest, weil ich nicht glaubte, daß du eine solche meintest.

      Euthyphron: Und das ganze richtig, o Sokrates, denn ich meine auch nicht eine solche.

      Sokrates: Gut. Aber was doch für eine Behandlung der Götter wäre denn die Frömmigkeit?

      Euthyphron: Von der Art, o Sokrates, wie man auch sagen kann, daß die Knechte ihre Herren behandeln und bedienen.

      Sokrates: Ich verstehe; ein Dienst, wie es scheint, soll sie den Göttern sein?

      Euthyphron: Allerdings.

      Sokrates: Kannst du mir nun wohl sagen, die Dienstleistung an Ärzte, zu welches Werkes Hervorbringung ist sie wohl behülflich? Zur Hervorbringung der Gesundheit glaubst du doch?

      Euthyphron: Gewiß.

      Sokrates: Und die Dienstleistung an Schiffbauer, zu welches Werkes Hervorbringung ist die behilflich?

      Euthyphron: Offenbar, o Sokrates, zu der des Schiffes.

      Sokrates: Und die an Baumeister zu der des Hauses?

      Euthyphron: Ja.

      Sokrates: So sage denn, o Bester, die Dienstleistung an Götter, zu welches Werkes Hervorbringung mag die behülflich sein? Denn gewiß weißt du es doch, da du behauptest, unter allen Menschen am besten dich auf göttliche Dinge zu verstehen.

      Euthyphron: Woran ich auch ganz recht habe, o Sokrates.

      Sokrates: So sage denn beim Zeus, welches ist doch jenes vortreffliche Werk, das die Götter hervorbringen, und uns dabei als Diener gebrauchen?

      Euthyphron: Sehr viele und schöne gibt es dergleichen, o Sokrates.

      Sokrates: Auch so die Heerführer, Freund. Dennoch aber kannst (14) du mir sehr leicht das Wesentliche davon sagen, daß sie nämlich im Kriege den Sieg hervorbringen. Oder nicht?

      Euthyphron: Allerdings.

      Sokrates: Eben so auch Vieles und Schönes die Landbauer. Dennoch aber ist das Wesentliche davon die Hervorbringung der Nahrung aus der Erde.

      Euthyphron: So ist es.

      Sokrates: Was also von dem vielen Schönen, so die Götter hervorbringen? was ist das Wesentliche ihrer Hervorbringung?

      Euthyphron: Auch vorher schon, o Sokrates, sagte ich dir, es wäre ein zu großes Geschäft, dies alles, wie es sich verhält zu lernen. Soviel sage ich dir indes kurz und gut, daß wenn Jemand versteht, betend und opfernd den Göttern angenehmes zu reden und zu tun, das ist fromm, und das errettet die Häuser der Einzelnen, und das gemeine Wohl der Staaten. Das Gegenteil aber des ihnen angenehmen ist das ruchlose, wodurch auch alles umgestürzt und zerstört wird.

      Sokrates: Gewiß weit kürzer, o Euthyphron, konntest du mir, wenn du nur wolltest den Inhalt dessen sagen, wonach ich dich fragte. Daß du aber nicht Lust hast, es mich zu lehren, das ist nun offenbar. Denn auch jetzt, da du eben daran wärest bist du umgewendet, da ich, wenn du dies beantwortet hättest, jetzt vielleicht schon von dir gelernt hätte was Frömmigkeit ist. Jetzt aber, denn der Fragende muß doch dem Befragten folgen, wohin ihn dieser führt, was sagst du wiederum was das Fromme sei und die Frömmigkeit? Nicht eine Wissenschaft des Betens und Opferns?

      Euthyphron: Das sage ich.

      Sokrates: Heißt nun nicht opfern den Göttern etwas schenken, und beten die Götter um etwas bitten?

      Euthyphron: Allerdings, Sokrates.

      Sokrates: Die Wissenschaft also von Geschenk und Bitte an die Götter wäre die Frömmigkeit nach dieser Erklärung.

      Euthyphron: Sehr schön, o Sokrates, hast du verstanden, was ich meinte.

      Sokrates: Ich trage eben große Lust, o Freund, zu deiner Weisheit, und richte alle Gedanken darauf, so daß nichts zur Erde fallen soll, was du sagen wirst. Aber sage mir, was für eine Dienstleistung an die Götter ist dies nun? Man bittet sie, sagst du, und gibt ihnen?

      Euthyphron: Das sage ich.

      Sokrates: Würde nun nicht das rechte Bitten das sein, wenn wir sie um dasjenige bäten, was wir von ihnen bedürfen?

      Euthyphron: Welches sonst?

      Sokrates: Und das rechte Geben wiederum, ihnen das, was sie von uns bedürfen, zum Gegengeschenk zu machen? Denn das wäre doch kein kunstmäßiges Schenken, jemanden etwas zu geben, dessen er gar nicht bedarf.

      Euthyphron: Ganz richtig, Sokrates.

      Sokrates: So wäre also, o Euthyphron, die Frömmigkeit eine Kunst des Handels zwischen Menschen und Göttern?

      Euthyphron: Auch das sei sie, wenn es dir lieber ist, sie so zu nennen.

      Sokrates: Mir ist es wahrlich

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