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haben sie erst in einer Äußerung, z.B. el jefe necesita unas vacaciones.

      II. Aus dem zur Referenztheorie Gesagten ergibt sich schon deutlich die repräsentationistische Position: Die Bedeutung eines Ausdrucks ist nicht seine Referenz, sondern sein Konzept. So lässt sich erklären, dass mi padre übersetzbar ist (sein Konzept ist konstant) und die Sätze (1) und (2) nicht gleichbedeutend sind: Die betreffenden Ausdrücke haben zwar den gleichen Referenten, ihnen liegt aber nicht das gleiche Konzept zugrunde, sie haben das gleiche Referenzpotential (Extension, d.h. die damit bezeichenbaren Referenten), nicht aber die gleiche Intension (Sinn, Bedeutungskomponenten).

      Die Ideationstheorie ist der Ausgangspunkt strukturalistischer Bedeutungsbeschreibung, die trotz mancher Kritiken (s.u.) einen wesentlichen Beitrag zur semantischen Forschung geleistet hat und der wir deshalb besonderes Augenmerk schenken müssen. Die Referenztheorie darf man jedoch auch nicht einfach beiseite lassen, da Referenz sehr wohl für die Bedeutung konstitutiv sein kann: Man denke nur an die Deiktika (Personal- und Demonstrativpronomen, temporale und lokale Adverbien), die eine referentielle, d.h. nur in Bezug auf die Äußerungssituation fixierbare Bedeutung haben, oder auch an die in Kapitel 3.3.2 beschriebenen N + N-Komposita, deren Bedeutung sich u.U. auch erst durch die spezifische Referenz ergibt.

      Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch repräsentationistische Positionen ihre Schwächen haben. Zum einen ist der (mentale) Status des Konzepts unklar: Handelt es sich wirklich um ein Bild? Lassen sich Konzepte unabhängig nachweisen? Zum anderen ist zu vielen Wörtern einfach kein Konzept oder Bild denkbar, sodass sich etwa die Bedeutung von Funktionswörtern oder Abstrakta letztlich nur aus ihrem konventionalisierten Gebrauch ableiten lässt (zur Kritik an repräsentationistischen Bedeutungstheorien cf. Keller 1995).

      4.3 Strukturalistische Bedeutungsbeschreibung (“strukturelle Semantik”, “Lexematik”)

      Der im Wesentlichen in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entstandenen “strukturellen Semantik”, die auf den Forschungen von Persönlichkeiten wie E. Coseriu, H. Geckeler, A.J. Greimas, G. Hilty, B. Pottier, P. Schifko1 u.a. beruht, liegt das Saussure’sche Postulat zugrunde, dass in der Sprache (als langue) nichts von sich aus gegeben ist, sondern alles als Produkt von Oppositionen angesehen werden müsse.

      Diese Überzeugung kam erstmals in der Phonologie zum Tragen; gemäß der “Prager Schule” (insbesondere N.S. Trubetzkoy) erhält ein Phonem seinen Wert dadurch, dass es in direkter Opposition zu anderen Phonemen steht, von denen es sich in mindestens einer Eigenschaft unterscheidet: So ist beispielsweise im Spanischen das Phonem /b/ durch das Merkmal [+ stimmhaft] vom Phonem /p/, durch die Merkmale [– nasal] und [+ plosiv] vom Phonem /m/ geschieden. Die zitierten Beispiele unterscheiden sich natürlich noch durch andere Merkmale, die allerdings nicht distinktiv sind, also den funktionalen Wert des jeweiligen Phonems nicht mitbestimmen.

      Implizit ist mit diesen Beispielen ein weiteres strukturalistisches Grundprinzip angesprochen: die Zerlegbarkeit in kleinere Einheiten bzw. die Kombinierbarkeit kleinerer zu größeren Einheiten.

      Diese Prinzipien werden nun konsequent vom lautlichen auf den lexikalischen Bereich übertragen; so wie Phoneme durch ein Bündel von distinktiven Merkmalen bestimmt sind, wird die Bedeutung eines Lexems als die Summe seiner semantischen Merkmale (auch: Seme) verstanden. Man spricht deshalb von Merkmalssemantik (auch: Merkmalanalyse, Semanalyse).

      Die Idee, die Bedeutung über Merkmale oder Komponenten zu definieren, ist nicht wirklich neu, sondern letztlich nur eine Formalisierung der Prinzipien aristotelischer Logik. Die Begriffsdefinition, wie sie seit Aristoteles betrieben wird – ein Begriff wird dadurch definiert, dass man ihn in seine nächsthöhere Klasse einreiht (genus proximum) und die Merkmale angibt, die ihn von seinen “Nachbarn” unterscheiden (differentia specifica) –, ist uns aus Wörterbüchern vertraut, da viele Definitionen so formuliert sind.2 Auch bei alltäglichen metasprachlichen Aktivitäten, wie dem Differenzieren von Synonymen, wird unbewusst mit semantischen Merkmalen operiert. Dieses Vorgehen wird vielfach auch als das Prinzip der hinreichenden und notwendigen Bedingungen bezeichnet: Um in eine Kategorie eingereiht zu werden, muss ein Begriff alle genannten Bedingungen erfüllen – sie sind für diese Kategorisierung notwendig –, und der Umstand, dass ein Begriff die relevanten Bedingungen erfüllt, führt automatisch zur Eingliederung in die Kategorie – die Bedingungen sind hinreichend.

      Im Unterschied zu den Merkmalen der Phonologie, die mit Mitteln der akustischen Phonetik direkt physikalisch beschreibbar sind, ist der Status der semantischen Merkmale diffuser; ob sie neben ihrer offensichtlichen kognitiven Realität auch eine neuro-physiologische haben, ist unklar (cf. Lüdi 1985, 68 u. 88f.).

      Die relevanten Oppositionen für das Aufdecken der Merkmale sind paradigmatisch und syntagmatisch: Lexeme stehen in Opposition zu anderen, u.U. bedeutungsähnlichen Lexemen; analog zu Minimalpaaranalysen können aus solchen Vergleichen die distinktiven semantischen Merkmale ermittelt werden. Bei der syntagmatischen Methode erfolgt die Bestimmung der semantischen Merkmale über die Distribution, d.h. die verschiedenen Kontexte, in denen das betreffende Lexem vorkommt.

      Die paradigmatische Methode lässt sich anhand des schon klassischen Beispiels der “Sitzgelegenheiten” gut darstellen; ursprünglich wurde dieser Komplex von B. Pottier für das Französische analysiert. K. Baldinger (1970, 79) hat es analog für das Spanische durchexerziert. Zufällig decken sich hier die spanischen und die französischen Strukturen weitestgehend:

s1 s2 s3 s4 s5 s6
chaise/silla + + + + +
fauteuil/butaca + + + + + +
tabouret/taburete + + + +
canapé/canapé + + + + +
pouf/posón (vulg.) + + +

      “s” steht für die verschiedenen semantischen Merkmale (Seme):

      s1 = con respaldo

      s2 = sobre pie (= elevado sobre el suelo)

      s3 = para una persona

      s4 = para sentarse

      s5 = con brazos

      s6 = con material rígido

      Die Summe der jeweiligen Seme des Lexems bezeichnet man als sein Semem. Auffallend ist, dass alle Lexeme die Seme 2 und 4 gemeinsam haben und sich jedes von den anderen in mindestens einem Sem unterscheidet. Für die Seme 2 und 4 existiert ein eigenes Lexem, das man als Archilexem bezeichnet (frz. siège, sp. asiento). Ein solches muss aber nicht

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