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Person und Religion. Ciril Rütsche
Читать онлайн.Название Person und Religion
Год выпуска 0
isbn 9783772000256
Автор произведения Ciril Rütsche
Жанр Документальная литература
Серия Tübinger Studien zur Theologie und Philosophie
Издательство Bookwire
Das Höchste, wozu der MenschMensch gelangen kann, ist das Erstaunen, und wenn das UrphänomenUrphänomen ihn in Erstaunen setzt, so sei er zufrieden; ein Höheres kann es ihm nicht gewähren, und ein Weiteres soll er nicht dahinter suchen; hier ist die Grenze. Aber den Menschen ist der Anblick eines Urphänomens gewöhnlich nicht genug, sie denken, es müsse noch weiter gehen, und sie sind den Kindern ähnlich, die, wenn sie in einen Spiegel geguckt, ihn sogleich umwenden, um zu sehen, was auf der anderen Seite ist.2
HusserlHusserlEdmund hatte aber auch noch andere bedeutende Vorläufer. So den Prager Philosophen Bernard BolzanoBolzanoBernard3 (1781–1848), dessen logischer Objektivismus einen grossen Einfluss auf Husserls Logische Untersuchungen ausgeübt hat, und vor allem den bereits erwähnten Franz BrentanoBrentanoFranz.4 Noch vor HusserlHusserlEdmund entwickelte auch Max SchelerSchelerMax in seiner 1899 erschienenen Habilitationsschrift Die transzendentale und die psychologische MethodeMethode. Eine grundsätzliche Erörterung zur philosophischen Methodik ganz ähnliche Gedanken.5 Mit ihm kommt auch Alexander PfänderPfänderAlexander (1870–1941) mit seiner 1900 erstmals erschienenen PhänomenologiePhänomenologie des Wollens. Motive und MotivationMotivation als gleichzeitiger Mitbegründer der Phänomenologie in Betracht. Nicht zu verschweigen ist auch der Einfluss von Adolf ReinachReinachAdolf (1883–1917), der, obzwar zu der Zeit Husserls Schüler, als eigentlicher Begründer des phänomenologischen Objektivismus angesehen werden muss.6 ReinachReinachAdolf hatte einen grossen Einfluss auf die jüngeren Phänomenologen, zu denen neben Alexandre KoiréKoiréAlexandre (1892–1964) und Edith SteinSteinEdith (1891–1942) u.a. auch Dietrich von HildebrandHildebrandDietrich von gehörte.
Nach der Publikation von Husserls IdeenIdeen zu einer reinen PhänomenologiePhänomenologie und phänomenologischen Philosophie im Jahre 1913 nahmen verschiedene Phänomenologen allerdings eine kritische Haltung zu Husserls neuen Theorien und seiner Wende zum transzendentalen IdealismusTranszendentaler Idealismus ein. Eine Gruppe von Phänomenologen blieb Husserls Frühwerk und seinen Logischen Untersuchungen verbunden. Nachdem diese Richtung einst als Kreis der Göttinger und Münchener Phänomenologen bezeichnet wurde,7 hatte Josef SeifertSeifertJosef den Terminus Realistische PhänomenologieRealistische Phänomenologie eingeführt, um die historischen Bezeichnungen, die irreführend sein können, und die esoterischen Bezeichnungen Chreontologie und chreontische Philosophie8 mit einem sachlich angemesseneren Ausdruck zu überholen.9 Der phänomenologische Realismus ist nicht eine Philosophie, deren Gegenstände sich aus einer Setzung oder KonstruktionKonstruktion ergeben. Sie versteht die WirklichkeitWirklichkeit vielmehr so, dass ihre Gegenstände sich in ihrer eigenen objektiven NaturNatur und ihrer eigenen idealen oder realen ExistenzExistenz zu erkennen geben. Auch will sie keine neue Schulrichtung sein, sondern auf der „ewigen Philosophie“ (philosophia perennis) aufbauen, wie sie bei PlatonPlaton, AristotelesAristoteles, AugustinusAugustinus, AnselmAnselmvon Canterbury von Canterbury, Thomas von AquinThomas von Aquin, René DescartesDescartesRené und bei vielen anderen grundgelegt wurde.10
6.2 Husserls Beiträge zur Beantwortung der „Kardinalfrage der ErkenntnistheorieErkenntnistheorie, die ObjektivitätObjektivität der ErkenntnisErkenntnis betreffend“1
Wenn im Folgenden das WesenWesen und die MethodeMethode der Realistischen PhänomenologiePhänomenologie herauszuarbeiten gesucht wird, dann geschieht dies durch einen kritischen Vergleich mit gewissen Husserlschen Thesen.2 Was die nachmaligen Realistischen Phänomenologen unter Husserls Studenten an seinem Frühwerk begeisterte, war sein konsequenter Objektivismus. Die MaximeMaxime, die ihn in Logische Untersuchungen leitete, lautete: „Wir wollen auf die ‚Sachen selbst‘ zurückgehen“3. Mit dieser Maxime stellte HusserlHusserlEdmund sich entschieden gegen alle subjektivistischen Reduktionismen und alle konstruktiven Tendenzen, welche häufig im IrrtumIrrtum enden.4
Gegen den RelativismusRelativismus in der FormForm des AnthropologismusAnthropologismus, demnach für die Spezies MenschMensch nur das wahr ist, „was nach ihrer Konstitution, nach ihren Denkgesetzen als wahr zu gelten habe“, stellt er die Widersinnigkeit der „Rede von einer WahrheitWahrheit für den oder jenen“.5 „Denn es liegt in ihrem Sinne, dass derselbe Urteilsinhalt (SatzSatz) für den Einen, nämlich für ein SubjektSubjekt der Spezies homo, wahr, für einen Anderen, nämlich für ein Subjekt einer anders konstituierten Spezies, falsch sein kann.“6 Derselbe Wortinhalt kann aber nicht beides zugleich sein, nämlich wahr und falsch. „Die Wahrheit relativistisch auf die Konstitution einer Spezies gründen, […] ist aber widersinnig.“7 Denn wenn die Wahrheit ihre alleinige Quelle in der allgemeinen menschlichen Konstitution hätte, so bestünde keine Wahrheit, wenn keine solche Konstitution bestünde. Die Widersinnigkeit zeigt sich auch an der Behauptung, dass keine Wahrheit besteht, „denn der Satz ‚es besteht keine Wahrheit‘ ist dem Sinne nach gleichwertig mit dem Satze „es besteht die Wahrheit, dass keine Wahrheit besteht‘“8. „Was wahr ist, ist absolut, ist ‚an sich‘ wahr; die Wahrheit ist identisch Eine, ob sie Menschen oder Unmenschen, Engel oder Götter urteilend erfassen.“9
Die WahrheitWahrheit wird im WissenWissen besessen. Doch „nicht jedes richtige UrteilUrteil, jede mit der Wahrheit übereinstimmende Setzung oder Verwerfung eines Sachverhalts ist ein Wissen vom Sein oder Nichtsein dieses Sachverhalts“10. Die Wahrheit hat ein Kennzeichen: die EvidenzEvidenz. Die „lichtvolle GewissheitGewissheit, dass ist, war wir anerkannt, oder nicht ist, was wir verworfen haben“11. „Evidenz ist […] nichts anderes als das ‚Erlebnis‘ der Wahrheit“12, d.h. der „Idee, deren Einzelfall im evidenten Urteil aktuelles Erlebnis ist“13. Ja, die Evidenz ist ein „unmittelbares Innewerden der Wahrheit selbst“14, auf der „jede echte und speziell jede wissenschaftliche ErkenntnisErkenntnis“15 beruht. „Wissen im engsten Sinne des Wortes ist Evidenz davon, dass ein gewisser SachverhaltSachverhalt besteht oder nicht besteht“16. Auch wird die echte und rechte WissenschaftWissenschaft nicht erfunden, „sondern sie liegt in den Sachen, wo wir sie einfach vorfinden, entdecken“17. Diese Einsichten sind grundlegend für den phänomenologischen Realismus.
HusserlHusserlEdmund war gegen den PsychologismusPsychologismus angetreten und hat ihn überwunden, indem er nachgewiesen hat, dass die WahrheitWahrheit von Sätzen wie „2 + 3 = 5“ sich nicht nach dem tatsächlichen Denken einer Psyche richtet, sondern das tatsächliche Denken jeder Psyche sich nach ihr zu richten hat. In diesem Sinne ist der Schluss auf eine notwendige Folge „nicht ein empirisch-psychologischer Zusammenhang von Urteilserlebnissen, sondern ein ideales Verhältnis von möglichen Aussagebedeutungen, von Sätzen“18. Was im Denken verbunden wird, sind „Begriffe und Sätze mit ihren gegenständlichen Beziehungen“, wobei den „subjektiven Gedankenverknüpfungen“ eine objektive Bedeutungseinheit entspricht.19 Was hier Bedeutung heisst, befasst „durchaus nur ideale EinheitenEinheitenchaotische, zufällige, morphische“20. „Die Idealität der Wahrheit macht aber ihre ObjektivitätObjektivität aus.“21 Diese objektiven Bedeutungseinheiten der Begriffe und Wahrheiten werden nicht gemacht, „als handelte es sich um Zufälligkeiten eines oder des allgemein menschlichen Geistes“, vielmehr werden sie eingesehen und entdeckt.22
„Wo also im Zusammenhang mit dem prägnanten Terminus denken das Wörtchen können auftritt, ist nicht subjektive NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive, d.i. subjektive Unfähigkeit des Sich-nicht-anders-vorstellen-könnens, sondern objektiv-ideale NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive des Nicht-anders-sein-könnens gemeint.“23 Diese objektive NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive kommt im BewusstseinBewusstsein zur Gegebenheit als apodiktische EvidenzEvidenz.24 Ausdrücklich merkt HusserlHusserlEdmund an, dass die NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive in einem Stehen in gesetzlichem Zusammenhang liegt. „Was das Anderssein verwehrt, ist eben das Gesetz, das sagt, es ist nicht bloss hier und jetzt so, sondern überhaupt, in gesetzlicher Allgemeinheit. An dieser Stelle weist er auch auf den grundlegenden Unterschied hin zwischen der apriorischen WesensnotwendigkeitWesensnotwendigkeit und der empirischen NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive.25 Empirische NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive ist jedoch keine Wesensnotwendigkeit, und „‚NaturgesetzeNaturgesetze‘, Gesetze im Sinne der