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      Dieses Kriterium geht davon aus, dass qualitative NPn keine Existenz von Referenten präsupponieren. Deswegen kann zu ihnen keine anaphorische Verbindung hergestellt werden. Die NP ein Arzt in 4b dient nicht dazu, einen neuen Referenten in den Diskurs einzuführen, sondern dazu, einen schon in den Diskurs eingeführten Referenten (sein Vater) näher zu bestimmen. Bei der Anwendung dieses Kriteriums sind zwei Aspekte besonders zu beachten: Erstens soll festgestellt werden, ob zwischen zwei NPn tatsächlich Koreferenz besteht:

      Lambrecht (1994) betrachtet die NP Arzt im Antwortsatz als referentiell, wofür er zwei Argumente anführt: Zum einen ist die NP „an anaphoric topic expression“, zum anderen kann die NP durch das Demonstrativpronomen das ersetzt werden. Dagegen ist kritisch einzuwenden, dass direkte Anaphorik nicht auf Formidentität, sondern auf Referenzidentität beruht. Bei 5 geht es darum, ob „er“ die Eigenschaft „als Arzt tätig sein“ besitzt. Mit der NP Arzt wird kein neuer Referent in den Diskurs eingeführt. Außerdem werden referentielle NPn im Deutschen je nach Genus pronominalisiert. Um auf eine maskuline NP im Singular Bezug zu nehmen, sollte das Pronomen der verwendet werden, nicht aber das neutrale das. Im Gegensatz dazu können artikelose NPn und Adjektive, die als Prädikativ fungieren, nur durch neutrale Pronomen (es/das/dies) ersetzt werden. Zweitens stellt die anaphorische Zugänglichkeit eine hinreichende, jedoch keine notwendige Bedingung für Referenzidentität dar: NPn, die anaphorisch aufgreifbar sind, sind referentiell. Umgekehrt gilt aber nicht: NPn, die referentiell sind, sind nicht immer anaphorisch zugänglich. Beispielsweise kann eine nicht-spezifische NP nicht mit einem Pronomen wieder aufgenommen werden, außer wenn das Pronomen in einem modalen Kontext steht (s. Abschnitt 2.2).

      Kriterium 2: Belebte, nicht-referentielle NPn lassen sich nur mit was erfragen, belebte referentielle NPn dagegen mit wer/wen (Kuno 1971, Leys 1973):

      Dieses Kriterium kann nur dann herangezogen werden, wenn die betreffende NP erfragbar ist. Viele nicht-referentielle NPn sind aber nicht allein erfragbar, weil sie Teil eines komplexen Prädikats ist.

      Kriterium 3: Nicht-referentielle NPn können keine Attribute zu sich nehmen (Leys 1973, Bausewein 1990, Bosch 2010):

      Aber es scheint doch Ausnahmen zu geben, etwa NPn, die als Prädikativ fungieren:

      Obwohl die NP ein Arzt in 8a keinen Referenten hat, kann sie durch Adjektive und Relativsätze erweitert werden. Dann denotiert die gesamte NP eine komplexe Eigenschaft.

      Kriterium 4: Der Numerus von qualitativen NPn kann nicht verändert werden (Du Bois 1980, Bausewein 1990:63):

      Qualitative NPn denotieren Eigenschaften und können deswegen nicht gezählt werden (9a, b). Aber wenn sie als Prädikativ fungieren, müssen sie in der Regel in Numerus mit zusammenhängenden NPn kongruieren (9c).

      Kriterium 5: Nicht-referentielle NPn sind nicht sensibel gegenüber Vorerwähnung (von Du Bois als „nonresponsiveness to prior mention“ bezeichnet).

      Damit wird implizit unterstellt, dass referentielle NPn bei der zweiten Erwähnung als definit markiert werden sollten: „The forester and the mile, which would ordinarily be expected after prior mentions, are not appropriate in these examples.“ (Du Bois 1980:211). Diese Aussage hilft jedoch nicht bei der Unterscheidung, weil referentielle NPn gegenüber Vorerwähnung auch nicht sensibel sein können:

      Die NP ein Auto ist zweimal vorgekommen und beim zweiten Vorkommen nicht als definit markiert. Der Grund besteht darin, dass die beiden NPn nicht referenzidentisch sind. Ob eine NP als definit markiert wird, hängt nicht davon ab, ob die NP (die Form) schon vorgekommen ist, sondern davon, ob der betreffende Referent vorerwähnt ist.

      Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es kein brauchbares Kriterium gibt, um nicht-referentielle NPn von referentiellen eindeutig zu unterscheiden. Aber je mehr Kriterien eine NP erfüllt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie qualitätsbezogen ist. Mit einer referentiellen NP wird entweder ein neuer Referent in den Diskurs eingeführt oder auf einen bereits eingeführten Referenten Bezug genommen. Dagegen denotieren qualitative NPn Eigenschaften und dienen dazu, einen anderen Referenten näher zu bestimmen.

      2.1.2 Nicht-referentielle NPn im Deutschen

      In diesem Abschnitt werden NPn im Deutschen, die in der Literatur als nicht-referentiell bezeichnet werden, anhand der oben angeführten Kriterien überprüft. Nach näherer Betrachtung ist festzustellen, dass prädikative NPn (in Form von bloßen NPn und NPn mit indefinitem Artikel), inkorporierte Objekte, NPn in Funktionsverbgefügen und in idiomatischen Wendungen sowie die sogenannten schwachen Definita die Haupttypen von nicht-referentiellen NPn im Deutschen darstellen.1

      2.1.2.1 Prädikative NPn

      Prädikative NPn treten in Kombination mit Kopula- oder kopulaähnlichen Verben auf. Prädikative, die mit Verben wie sein, werden, heißen, bleiben, gelten als usw. zusammen vorkommen, beziehen sich auf die entsprechenden Subjekte und werden als Subjektsprädikative bezeichnet. Demgegenüber beziehen sich Prädikative, die bei Verben des Benennens, Bezeichnens und Einschätzens auftreten (nennen, heißen, schimpfen, taufen; halten, erklären für; bezeichnen, betrachten, einschätzen, bewerten als usw.), auf die jeweiligen Akkusativobjekte und werden Objektsprädikative genannt (Bausewein 1990:250).

      Auch NPn nach als oder wie, die nicht valenzabhängig sind und frei hinzutreten, werden in dieser Arbeit als Prädikative angesehen:1

      Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle prädikativen NPn qualitätsbezogen sind, z.B. Eigennamen sowie NPn mit definiten Determinativen:

      Sätze wie 15a und b werden oft als äquative Kopulasätze bezeichnet. Äquative Kopulasätze charakterisieren sich dadurch, dass die Subjekt- und die Prädikativ-NP gegenseitig austauschbar sind. Die Funktion solcher Sätze besteht darin, die Referenten der beiden NPn miteinander zu identifizieren (J. Lyons 1977:185).

      Wie Prädikative können Appositionen referentiell oder qualitativ sein. Während Appositionen in 16a und b eine Eigenschaft des Bezugsnomens repräsentieren, sind die in 16c und d referenzidentisch mit dem Bezugsnomen.

      2.1.2.2 Inkorporierte Objekte

      Mit Inkorporation wird ein Wortbildungsprozess bezeichnet, bei dem Akkusativobjekts-NPn oder NPn mit instrumentaler und lokaler Bedeutung zusammen mit dem Verb ein neues Verb bilden (Bausewein 1990:65).1

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