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      La Jouissance, par Mr de Belle fils. Air: On compteroit les diamants, où [sic], Non, non Doris. 165. (Quand on est près d’une beauté [1 v]). Anonym, o. O. , o. J., AN 1386. F Pn. Signatur Bnf: VM 7- 4886 (5).

      Quand on est près d’une beauté

      Et que l’on parle de tendresse.

      On respire la volupté.

      On se croit déjà dans l’ivresse.

      Veut-on lui prendre un doux baiser,

      Elle fait une résistance.

      Mais malgré tout

      Il faut oser en espérant la jouissance.

      Der erotische Inhalt und die Explosion der Sinneseindrücke wird durch die Trias Text, Melodie, Interpretation (durch die Rezipienten) für die Damen als Lernerinnen erlebbar und greifbar durch Synästhesien wie „respire[r] la volupté“, die einen liebestrunkenen, orgasmusartigen Zustand auslösen: „On se croit déjà dans l’ivresse“, „Il faut oser en espérant la jouissance.“

      Die Melodie ist tänzerisch im Zweihalbe-Takt notiert. Durch den Wechsel von Viertel-, Achtel- und Sechzehntelnoten wird die tänzerische Bewegung nachgeahmt. Das „Sich-Zieren“ der Dame („Veut-on lui prendre un doux baiser, / Elle fait une résistance“) wird plastisch erfahrbar durch einen Vorschlag auf der Silbe -sis- in sistance. Mehrere Lerntypen werden hierbei angesprochen: Der tänzerische Rhythmus favorisiert ein bewegtes, kinästhetisches Lernen mit Schwung und die synästhetischen Elemente begünstigen eine für die Lernenden individuell erlebbare Lernerfahrung mit allen Sinnen. Das Kontrafakturverfahren ermöglicht, dass die (lernenden) Damen sofort (eventuell im Chor) mitsingen bzw. mittanzen und parallel, gewissermaßen en passant, nebenbei die grammatische Regel erkennen und anwenden. Dieses beiläufige Lernen, ohne bewusstes Einprägen, das offensichtlich nicht mit Anstrengung verbunden ist und ungeplant, unbewusst und unabsichtlich abläuft, wird als inzidentelles Lernen106 bezeichnet.

      Die Melodie von „On compteroit les diamans“ wird auch wieder aufgenommen im Kontrafakturverfahren, diesmal anhand der Vermittlung „De l’Adjectif“ im Vélocifère grammatical107 von „Mlle Stéphanie de WARCHOUF, âgée de quinze ans“, die auf dem Titelblatt vorgestellt wird als „élève de M. GALIMARD.“108

      De l’Adjectif. Air: On compteroit les diamans.

      L’ADJECTIF est la qualité,

      Qu’au nom SUBSTANTIF on ajoute;

      Mais offre une difficulté:

      Prononcé seul, il laisse un doute.

       Beau, bon, méchant, rouge, petit,

      Adroit, prudent, constant et tendre;

      Sans quelque SUBSTANTIF ….. l’esprit

      Ne peut pas aisément comprendre.109

      Im Gegensatz zu Barthélémy und Simonnin gibt es bei Warchouf keinen Kommentar in Prosa. Das gesamte Werk, also die grammatische Erklärung und deren Illustration anhand von Beispielen sind in Versen verfasst.110 Julien Tell kommentiert diesen Aufbau in seinem Werk Les Grammairiens français depuis l’origine de la grammaire en France durchaus wohlwollend: „Il y a un couplet, sur un air différént, pour chaque règle de la grammaire. Je crois que cette idée pourrait être mise en pratique.“111

      Das Werk ist so konzipiert, dass es komplett gesungen werden kann. Statt einer Zueignung wendet sich Warchouf in den gesungenen Versen sofort in einer Introduction direkt in Liedform an ihr Publikum.

      Si j’avais les graces, le style,

      De fabricans du Vaudeville,

      Je pourrais, à très-peu de frais,

      Faire cinq ou six cents couplets. (Bis.)112

      Au lieu de mon VÉLOCIFÈRE,

      Je ferais un Dictionnaire,

      Avec lequel un ignorant,

      Au moins s’instruirait en chantant. (Bis.)113

      Der Titel Vélocifère grammatical zeigt, dass die Grammatik ein Hilfsinstrument sein soll, eine Art Laufrad, das eine Dynamik entwickelt und mit dem man (in der Sprache) vorankommt. Als Gebrauchsgrammatik ist das Werk benutzerfreundlich und in seiner Form direkt auf die Bedürfnisse der Demoiselles als jugendliche Lernerinnen abgestimmt:

      J’ai du trop leste Vaudeville

      Maîtrisé le ton et le style,

      Pour qu’il fût à la fois plaisant,

      Instructif et divertissant. (Bis.)

      Prenez donc mon VÉLOCIFÈRE

      Comme un ouvrage élémentaire,

      Où j’ai traité chaque sujet,

      Sans m’éloigner de mon objet. (Bis.)114

      Die Grammatik soll unterhalten und ein freudvolles Lernen ermöglichen. In ihrer Abgrenzung zu den „anderen“, „klassisch-deduktiven“ Grammatiken stellt Warchoufs Werk damit eine Neuerung dar, denn das Variieren des Methodenrepertoires wirkt nicht nur unterhaltend, sondern auch stark motivierend im Sinne der variatio delectat. Warchouf kritisiert aber Simonnins Ansatz des vaudeville grivois und seiner jargonreichen Galanterie, wobei sie darauf verweist, dass es sich bei ihrem Vélocifère um ein ernstzunehmendes Werk handelt:

      Le maître de Caroline,

      Sous prétexte de leçon,

      De l’amour qui le domine

      Toujours parle le jargon.

      Cette tournure insipide

      Nuit à ses jolis couplets:

      Aux miens, la raison préside;

      C’est elle qui les a faits.115

      Jede Grammatikeinheit endet mit einem speziellen Liedgenre, Tanz, Reigen, um das Gelernte zu festigen, und wendet sich direkt an die Demoiselles, wie der Abschluss der Introduction zeigt:

      AIR: Chantez, dansez, amusez-vous

      Belles, chantez, instruisez-vous

      Sur les règles de la Grammaire;

      Et vous verrez qu’il est bien doux

      De les suivre en VÉLOCIFÈRE.

       On retient plus facilement

      Ce qu’on apprend en s’amusant.116

      Es ist erstaunlich, dass Stéfanie Warchouf, „âgée de quinze ans“, zu diesen reifen und komplexen didaktischen Reflexionen in der Lage war. Die Erklärung dafür gibt Julien Tell in einer Fußnote: „Le véritable auteur est nommé Galimar [sic], imprimeur, qui demeurait faubourg St-Martin, n° 83.“117 Galimard hatte 1803, also drei Jahre vor dem Vélocifère grammatical (An XII), das Werk Le Rudiment des Dames veröffentlicht. Galimard wird als Autor angegeben und verspricht bereits im Titelzusatz: „Pour apprendre en trois mois la Langue française et l’Orthographe, par principes raisonnées: Cet ouvrage, qui convient parfaitement aux personnes dont les premières études ont été négligées […]“.118

      Hierbei

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