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und -erkenntnissen in Bezug auf „die Fremdsprachenlehrerin“/„den Fremdsprachenlehrer“ (Kapitel 3). Wenn auch die beiden Kapitel zur schulpädagogischen und fremdsprachendidaktischen Lehrerprofessionsforschung nacheinander aufgeführt werden, da das Format einer Publikation es auf textlicher Ebene nicht anders erlaubt, muss man sich diese beiden Kapitel gleichsam als parallel nebeneinander gestellt denken, die einen Zugriff auf das Konstrukt „Fremdsprachenlehrerprofessionalität“ ermöglichen, zu dem das danach folgende Kapitel zum Vorbereitungsdienst (Kapitel 4) eine systemische Rahmung einzieht und diese dann im Kapitel zur Fremdsprachenlehrerprofessionalisierung im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst1 gegenstandstheoretisch zusammenfasst und in den konkreten Forschungsfragen münden lässt (Kapitel 5).

      Abb. 1:

      Struktur der Theoriekapitel.

      Es geht mir also zunächst darum, die jeweilige Spezifität schulpädagogischer und fremdsprachendidaktischer Professionsforschung heraus- und diese den Erkenntnissen und Strukturen zum Vorbereitungsdienst gegenüberzustellen, in denen diese Professionalität bzw. Professionalisierung greift. Motiviert von den geringen Erkenntnissen zu Lehrerbildner*innen fokussiert das Forschungsprojekt dann auf die Rekonstruktion von Handlungspraxis2 der fremdsprachendidaktisch Ausbildenden im Vorbereitungsdienst und die von ihnen angelegte Ausbildungsdidaktik. Ausgehend von Bourdieus Habituskonzept (vgl. Bourdieu 1987/2006) und der praxeologischen Wissenssoziologie von Bohnsack (2014/2017) wird in Kapitel 5 hergeleitet, inwiefern die Rekonstruktion von Handlungspraxis der Ausbilderinnen und Ausbilder Einblicke in den fremdsprachendidaktisch orientierten Vorbereitungsdienst bieten kann. Hiermit einher geht die Formulierung von vier Forschungsfragen, die Ausbildungspraxis und Ausbildungsdidaktik greifbar machen und im weiteren Verlauf beantwortet werden sollen. Die dahinterstehende Methodologie und das methodische Vorgehen mitsamt Datenerhebung sowie Analyse mittels Dokumentarischer Methode (vgl. Bohnsack 2014a) wird auch unter Berücksichtigung forschungsethischer Aspekte in Kapitel 6 diskutiert. Die insgesamt elf Ausbildungskräfte wurden mittels narrativ-episodischer Interviews in berufsbiographischer Hinsicht sowie zu Situationen aus ihrer Tätigkeit als Lehrerbildner*innen befragt.

      Ich möchte zeigen – und das kann hier als ein nicht unerwartbares Kernergebnis bereits vorweggenommen werden –, dass die Themen und Bedürfnisse, die von der Disziplin in Theorie und Empirie relevant gesetzt werden (Kapitel 2-4), nicht in dem Maße zum Gegenstand von Ausbildungspraxis gemacht werden, wie es gemeinhin gefordert wird. Der Grund hierfür ist allerdings nicht auf Seiten des Personals zu suchen, d.h. ihnen kann kein Vorwurf gemacht werden, dass das Potential an Professionalisierungsprozessen nicht voll ausgeschöpft werden kann: Die Lehrerbildner*innen, aber ebenso die Referendarinnen und Referendare, finden sich im Vorbereitungsdienst in einem System wieder, das kaum Möglichkeiten eröffnet, die schulpädagogisch und fremdsprachendidaktisch relevant gestellten Bedingungen für erfolgreiche Professionalisierungsprozesse herzustellen. Dies wird zwar aus der theoretischen Herleitung mittels der Kapitel 3 und 4 in Ansätzen erkennbar, besonders deutlich allerdings in der Darstellung von drei Fällen von Ausbilderinnen und Ausbildern (Kapitel 7), in deren Rekonstruktion sichtbar wird, wie didaktisch und methodisch Lehrer*innenbildung in der zweiten Phase umgesetzt wird (oder eben nicht). Die Ergebnisdarstellung teilt sich dementsprechend in zwei Oberkapitel auf: Zunächst werden die drei kontrastiven Fälle dargestellt (Kapitel 7), die in sich aufgeschlossen werden und im späteren Vergleich das Kontinuum an Ausbildungspraxis aufspannen sollen. Die drei Fälle zeigen je spezifische Themen und Orientierungsrahmen, welche sich im Vergleich auch mit den weiteren Fällen ergeben und validieren lassen. Um dies zu festigen, erfolgt in einem zweiten Schritt der Ergebnisdarstellung in Kapitel 8 eine komparative Betrachtung aller untersuchten Fälle – im jeweiligen Rückgriff auf die ausführlichen Fallrekonstruktionen in Kapitel 7 – entlang bestimmter Themen, die für die Rekonstruktion habitueller Ausbildungspraxis durch die Analyse mittels der Dokumentarischen Methode relevant wird. Kapitel 9 untersucht in einem stärker explorativen Ansatz durch die Ausbildungspraxis relevant gesetzte ausbildungsdidaktische Konzepte und ihre jeweilige, teils hoch-kontextspezifische Aushandlung mittels einzelner, aus den Daten heuristisch abgeleiteter Beispiele.

      Die Zusammenfassung der Ergebnisse, unter erneutem Rückgriff auf die vorliegende Theorie und Empirie, erfolgt in Kapitel 10 aufgeteilt nach Ausbildungspraxis und -didaktik. Außerdem wird hier näherungsweise der Versuch unternommen, einen Habitus von Lehrerbildner*innen im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst zu umreißen. Näherungsweise aus dem Grund – auch das kann hier vorweggenommen werden –, dass die Rekonstruktion von Orientierungsrahmen im Sample methodisch nicht leicht war: Die Tatsache, dass Ausbildungskräfte – und das mag Teil ihres Habitus sein – einen höchst reflexiven Sprechmodus offenbaren, sich als Teil ihrer Tätigkeitsbeschreibung ständig ebenso mit Reflexionen von angehenden Lehrkräften auseinandersetzen müssen, verhinderte an vielen Stellen das Erreichen langer, in sich geschlossener Narrationen, die für eine sichere Habitusrekonstruktion nötig gewesen wären. Dennoch liefern die Beschreibungen und Argumentationen der Ausbildungskräfte, insbesondere in ihrer jeweiligen Auseinandersetzung und Interaktion mit dem Vorbereitungsdienst sowie formalen Vorgaben und den LiV interessante Aspekte, die zur Habitusrekonstruktion hinleiten können.

      Im Anschluss an die Ergebnisdiskussion wird der Forschungsprozess insgesamt reflektiert (Kapitel 11). Hier geht es mir zum einen um eine begründete Rekapitulation der ganzen Untersuchung, die sich mit der Vorbereitung und der Erstellung dieses Manuskripts über fünf Jahre erstreckt hat, zum anderen müssen mit der entsprechenden Distanz ebenfalls zum Gegenstand sowie den Forschungssubjekten und Analysen kritische Aspekte beleuchtet bzw. mögliche Alternativen auch für Anschluss- oder ähnlich gelagerte Projekte formuliert werden. Vor diesem Hintergrund sollen abschließend Implikationen sowohl für Professionsforschung wie auch Lehrerbildung an sich gegeben werden (Kapitel 12). Die vorher diskutierten Ergebnisse könnten einerseits Rückschlüsse für die Gestaltung der zweiten Phase und der Qualifikation des Personals, andererseits Folgen für die erste und sogenannte „dritte“ Phase der Fortbildungen haben – ebenso in fremdsprachendidaktischer wie fächerübergreifender Hinsicht, obwohl der Fokus hier auf der fremdsprachendidaktischen Lehrerbildung verbleiben soll.

      2 Schulpädagogische Lehrerprofessionsforschung

      Diskussionen um Lehrerprofessionalität und -professionalisierung beginnen in einschlägigen Einführungswerken und wissenschaftlichen Publikationen nicht selten mit einer Annäherung an den Begriff der Profession, der schnell, gleichsam kurzschlussartig, die Charakteristika einer Profession im soziologischen Sinn aufmacht und dann im Vergleich des akademischen Feldes bemerkt, dass sich der Lehrer*innenberuf gar nicht so einfach mit den klassischen Zugängen zum Professionsbegriff, exemplarisch bemessen an den Disziplinen Jura und Medizin, vergleichen lässt.1 Im Anschluss erfolgt dann häufig die Diskussion darüber, inwiefern überhaupt von Lehrerprofessionalität, oder eher: „Semi-Professionalität“, gesprochen werden kann oder ob diese sich im Gegenteil nicht sogar stärker emanzipieren, ob dem Lehrerberuf eine Professionalisierungsbedürftigkeit oder ganz besondere -fähigkeit unterstellt werden müsse (vgl. zusammenfassend Lundgreen 2011; auch Tenorth 2006). Obwohl ich nun hier mit ebenjenem Einstieg genauso verfahren bin, wie ich es kritisch anklingen lassen wollte, möchte ich es sogleich hierbei belassen.2 Im Wesentlichen wurden die Diskussionen darüber, ob denn der Lehrberuf eine Profession sei, von einem professionstheoretischen Zugang abgelöst, der „für begrenzte Bereiche notwendige Kompetenzen der Professionellen zu bestimmen und Wege zu deren Erwerb zu skizzieren“ (Hericks/Keller-Schneider/Bonnet 2019: 598) versucht. Denn: Parallel geht mit der Anerkennung der Existenz von Lehrerprofessionsforschung einher, dass hiermit eine in besonderem Maße herausgestellte Tätigkeit verbunden ist, die komplexe Anforderungen bearbeitet und gleichzeitig vieler Ressourcen bedarf, die es daher auch wert ist, er- und beforscht zu werden, da Professionsforschung dann zu einer Entwicklung der Profession und ihrer Professionellen führen kann, ja im Grunde genommen sogar muss. Zuvorderst muss allerdings eine Differenzierung getroffen werden zwischen den Begrifflichkeiten Profession, Professionalität sowie Professionalisierung – jeweils unmittelbar bezogen auf die Spezifik des Berufs

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