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interessant: Die einzelnen Fachdidaktiken stehen gewissermaßen unter einem Legitimationsdruck, Konzeptualisierungen einer eigenen fachdidaktisch ausgeschärften Professionsforschung vorzulegen – sowohl mit explorativen Vorhaben, die die fachdidaktische (Unterrichts-)Praxis zu beschreiben versuchen, als auch die Entwicklung von Empfehlungen, Kompetenzen und Standards, die die Profession „Fachlehrer*in“ in ihrer Spezifik beschreib- und damit mittelfristig professionalisierbar machen.

      Bei der Forschung zur Lehrerbildung geht es damit nicht selten um bestimmte Strukturen in den lehrerbildenden Phasen, die in den deutschen Systemen prägend sind, seien sie im Hochschulbereich oder im Referendariat verankert, im Berufseinstieg oder im Fortbildungsbereich. Jedoch: „Weitgehend ungeklärt ist, was Studium und Referendariat im Einzelnen leisten und wo deren Grenzen liegen.“ (Cramer 2012: 59) Auffällig ist, dass insbesondere zum Referendariat, welches – auch durch oben medial wirksame Dokumentarfilme, aber ebenso in Erzählungen und durch Hörensagen Dritter – mitunter als „Horror“ von den Betroffenen charakterisiert wird, kaum Forschung vorliegt (vgl. Kapitel 4). Erst zuletzt wurde in einer der wenigen größeren Untersuchungen der Eintritt der Studienabsolvent*innen in den Vorbereitungsdienst gar mit einer Parabel von Kafka umschrieben, dessen Maxime ungefähr gedeutet werden muss wie: „Passe Dich möglichst schnell an die geforderten Erwartungen an!“ (Munderloh 2018: 9) Der Vorbereitungsdienst wird daher – auch von Seiten der Forschung – als Sozialisations- oder (stärker negativ konnotiert) als (nötiger) Anpassungsprozess charakterisiert, dem zwar ein starkes und weiterhin wachsendes Interesse an Lehrerprofessionalisierung generell gegenübersteht – nur über die Effekte des Vorbereitungsdienstes als vermeintlich prägendster Phase weiß man im Grunde genommen weiterhin kaum etwas. Und trotzdem finden sich Strukturen des Referendariats in fast allen deutschen Bundesländern als sogenannter zweiter Phase der Lehrerbildung wieder.

      Der Begriff „Lehrerbildung“ ist dabei nicht unproblematisch: Primär die erste Phase vereinnahmt diesen Begriff für sich, spricht sich in einer akademischen Orientierung gegen den Begriff der „Lehrerausbildung“ aus, wohingegen der Diskurs der zweiten Phase primär vom Ausbildungsbegriff geprägt ist: Personen, die „Professionalisierenden“, übernehmen hier ganz explizit die Verantwortung für Ausbildung und Professionalisierung über einen längeren Zeitraum. Mit den „auszubildenden“ Lehrkräften geschieht aktiv etwas, ein Prozess, der im Hochschulbereich aufgrund der Vielzahl von zu absolvierenden Lehrveranstaltungen noch vergleichsweise diffus, latent eigengesteuert und vereinzelt bleibt. Damit verlangt man von Lehramtsstudierenden ein hohes Maß an Autonomie und Selbstlernen, während im Vorbereitungsdienst dies von Lehrerbildner*innen stärker gesteuert zu sein scheint. Ist Professionalisierung im Studium damit (trotz Bologna) ein selbstgesteuertes Lernen, das sich im Vorbereitungsdienst qua Struktur in ein instruktionsgesteuertes verwandelt? Welche Bedeutung kommt dann den Ausbilderinnen und Ausbildern zu, die für die inhaltliche Ausgestaltung, Beratung und Bewertung der angehenden Lehrkräfte2 maßgeblich verantwortlich zeichnen? Wie gehen sie selbst mit den Anforderungen und formalen Vorgaben um, die an sie gestellt werden? Woran orientieren sie sich?

      1.1 Erkenntnisinteresse und Relevanz des Forschungsvorhabens

      Laut einer Definition der Europäischen Kommission (2013) sind der Gruppe der Lehrerbildner*innen all die Personen zuzurechnen, die formelle oder informelle Lerngelegenheiten für angehende Lehrkräfte bzw. Lehrerinnen und Lehrer in Ausbildung schaffen (vgl. auch Snoek/Swennen/van der Klink 2011). Ein Ausbilder, der Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer1 im Vorbereitungsdienst, der zweiten Phase in der deutschen Lehrerbildung, über 21 Monate begleitet und betreut, sagt im Interview mit mir zu seinem Aufgabenbereich und seinen Referendar*innen:

      Also, es/ es/ es GIBT manchmal Referendare, wo man, al/, nicht oft, aber manchmal habe ich welche gehabt, wo ich dann gesagt habe, hier (..) möchte ich eigentlich meinen Sohn nicht als Schüler drin sitzen sehen. Ähm. In der Regel, weil FACHLICH, aber was noch viel schlimmer ist, wenn/ wenn ähm, wenn die menschliche Seite nicht stimmt. Wenn die Beziehungsebene nicht da ist. Aber das ist durchaus eher SELTEN. [Bastian Schmidt, Zeilen 291-297]

      Dieses – zugegebenermaßen nicht unproblematische – Beispiel, zeigt, worum es in dieser Arbeit gehen soll. Ausbildungskräfte im Vorbereitungsdienst beurteilen ihre angehenden Lehrkräfte hinsichtlich bestimmter Kompetenzen oder Wissensbestände, durchaus jedoch ebenfalls auf Ebenen von Persönlichkeits- und Beziehungsstrukturen. Ungewiss ist, an welchen Stellen diese Beurteilungsmaßstäbe und Orientierungen wirksam werden – ein Sachverhalt, der vielen Referendarinnen und Referendaren große Schwierigkeiten im Zuge ihres Vorbereitungsdienstes bereitet (s. Kapitel 4). Interessant ist daher, wie Ausbilderinnen und Ausbilder ihre Tätigkeit wahrnehmen, intervenieren, in bestimmte Richtungen beraten – und zwar als vom System bestellte Ausbilderinnen und Ausbilder für Fremdsprachen, um die es hier gehen soll, die möglicherweise kaum dazu kommen, fremdsprachendidaktische Akzente zu setzen, da andere Schwerpunkte seitens der Referendarinnen und Referendare relevant gesetzt werden. Indem wir mehr über das Handeln der Ausbildungskräfte erfahren, besteht die Chance, einen Einblick in Strukturen und Inhalte des Vorbereitungsdienstes aus einer anderen Perspektive zu gewinnen. Wo sich Forschung zu Referendarinnen und Referendaren primär auf Belastungsfaktoren, zuletzt verstärkt ebenso auf Kompetenzentwicklung und Professionalisierung bezieht (s. Kapitel 4), steht die Vermutung im Raum, dass Ausbilderinnen und Ausbilder sowohl für die Belastung wie auch die Professionalisierung der LiV verantwortlich sein könnten. Und obwohl man mit solchen Kausalzusammenhängen natürlich vorsichtig sein muss, sollte man dieser These zumindest näherungsweise nachgehen und überhaupt mehr darüber erfahren wollen zur Frage – und das soll das hier schlicht zusammengefasste Erkenntnisinteresse dieser Arbeit sein:

       Was machen Lehrerbildnerinnen und Lehrerbildner im Vorbereitungsdienst angehender Fremdsprachenlehrkräfte?

      Die fachliche Eingrenzung ist dabei nicht irrelevant: Die Andeutung oben, dass mittlerweile zahlreiche Fächer unter einem gewissen Druck stehen, professionstheoretische Erkenntnisse zu liefern, hat sich aufgrund größerer empirischer Untersuchungen zunächst in der deutschen Mathematikdidaktik (vgl. Kunter et al. 2011) sowie in Deutsch und Englisch (vgl. Blömeke et al. 2011) prominent niedergeschlagen. Weitere fachspezifische Konzeptualisierungen, insbesondere von fachdidaktischem Professionswissen (vgl. Krauss et al. 2017) folgten. Auch in der Fremdsprachendidaktik lässt sich in den vergangenen 15 Jahren ein starkes Anwachsen an theoretischer wie empirischer Forschung beobachten, die Fremdsprachenlehrerprofessionalität und -professionalisierung beschreib- respektive förderbar machen möchte (vgl. Kapitel 3). Dies ist damit von besonderer Bedeutung für diese Arbeit, denn zum einen interessiert mich – in einer zunächst theoretischen Perspektive – die komparative und in sich ergänzende, sich manchmal nur auf den ersten Blick ausschließende, Betrachtung dominierender Strömungen professionstheoretischer Ansätze in der Schulpädagogik im Vergleich zu Ansätzen fachdidaktischer Professionsforschung in der Fremdsprachendidaktik. Dies macht es daher nötig, die einschlägigsten Strömungen, Konzepte und Ansätze in den nächsten Kapiteln darzustellen und damit potentiell vergleichbar zu machen, selbst wenn sie im späteren Verlauf gegenstandsbezogen und methodisch-methodologisch für das Forschungsvorhaben möglicherweise eher in den Hintergrund treten.2

      Wenn in der vorliegenden Studie explorativ auf das Handeln von Ausbildungskräften im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst fokussiert wird, ist dies demnach immer vor der theoretischen Folie von schulpädagogischer wie auch fremdsprachendidaktischer Professionsforschung zu sehen. Die vorzustellenden Erkenntnisse sollen in empirischer wie theoretischer Hinsicht Anregungen zur Weiterentwicklung in beiden Feldern bieten. Schließlich können die beforschten Untersuchungssubjekte als Gestaltende von Fremdsprachenlehrerbildung gesehen werden in einer Phase, zu der sowohl in schulpädagogischer wie fremdsprachendidaktischer Hinsicht noch kaum Erkenntnisse vorliegen.

      1.2 Aufbau der Arbeit

      Der Komplexität der Fragestellung und des Untersuchungsgegenstandes ist es geschuldet, dass nach dieser Einleitung und dem kurzen Problemaufriss (Kapitel 1) auf mehreren Ebenen Eingrenzungen vorgenommen werden müssen. Diese erfolgen zunächst hinsichtlich der professionstheoretischen Ansätze, zum einen in schulpädagogischer Hinsicht und den damit verbundenen, aktuell dominierenden Bestimmungsansätzen

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