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flog in Indonesien ein ganzer Berg in die Luft. Der Berg hieß Tambora und lag auf der Insel Sumbawa. Es war einer der größten Vulkanausbrüche auf der Welt. Es ging soviel Rauch und Asche in die Luft, dass sich die Sonne verdunkelte und die Erde sich abkühlte. Der Frühling blieb aus und es starben viele Menschen: am Vulkanausbruch selbst, bei den Überschwemmungen, aber auch weil in der Folge davon Hungersnöte auf der ganzen Welt ausbrachen.

      Der junge Mann hatte jetzt gesprochen, ohne zu stocken.

      Stauber wiegte immer noch skeptisch seinen Kopf.

      Aha. Man lernt nie aus. Aber, haben Sie auch etwas Lustiges in Ihrem Büchlein?

      Der junge Mann schaute etwas schuldbewusst in die Runde.

      Nein, nicht wirklich. Ich muss mich, ähm … entschuldigen. Es gibt Sachen mit mehr, äh … Gefühl, aber lustig? Nein.

      Tanner beugte sich vor.

      Ich würde sehr gerne noch ein Beispiel hören.

      Der junge Mann blätterte in seinem Büchlein. Dann hatte er es gefunden.

      Er blickte zu Tanner.

      Es ist aber ziemlich lang.

      Tanner lehnte sich zurück.

      Wir haben Zeit. Bitte.

      Auch Stauber zeigte mit einer Geste großzügig seine Bereitschaft an.

      Es ist eigentlich ein Lied. Es heißt: Da unten im Tale. Ich habe vergessen, wer es geschrieben hat.

      Der junge Mann holte tief Luft.

      Da unten im Tale, läuft’s Wasser so trüb. Und ich kann dir’s nit sagen, I hab’ di so lieb.

      Er machte eine kleine Pause.

      Sprichst allweil von Lieb’, sprichst allweil von Treu’. Und a bissele Falschheit is au wohl dabei.

      Hier stockte der junge Mann ein wenig.

      Und wenn i dir’s zehnmal sag’, dass i dir lieb, und du willst nit verstehen, muss i halt weitergehen.

      Er blickte auf.

      Jetzt kommt der letzte Vers.

      Er holte noch einmal tief Luft.

      Für die Zeit, wo du g’liebt mi hast, dank i dir schön, und i wünsch, dass dir’s anderswo besser mag gehen.

      Er starrte weiter auf das Blatt, obwohl der Text offenkundig zu Ende war, dann blickte er zu Tanner. Tränen liefen ihm über seine Wangen. Er wischte sie weg und lächelte.

      Das ist schön, oder?

      Tanner seufzte.

      Ja, das ist schön.

      Stauber äußerte sich nicht und war mit seiner Zigarre beschäftigt. Dann erhob er sich.

      So. Ich muss weiter. Die Herren entschuldigen mich. Herzlichen Dank für den beeindruckenden Vortrag, junger Mann. Ich wünsche Ihnen viel Glück in Ihrem neuen Lebensabschnitt. Bodmer, die Rechnung!

      Er wandte sich an den jungen Mann und drohte spielerisch mit dem Finger.

      Und – bleiben Sie sauber.

      Dann holte er eine Geschäftskarte aus seinem Portemonnaie.

      Hier meine Karte, falls sie eine Arbeit suchen. Ich habe ein Bauunternehmen.

      Der junge Mann erhob sich überrascht.

      Vielen Dank für das Angebot. Das ist sehr, äh … großmütig.

      Stauber zog umständlich seinen Mantel an. Er blickte lächelnd zu Tanner.

      Am Schluss kriegt man ja noch das heulende Elend.

      Bodmer brachte auf einem kleinen Tablett die Rechnung. Der Geschäftsmann legte eine Note darauf.

      Es ist dann recht so.

      Er lachte in die Runde.

      Nur nicht knausern, sage ich immer, nur nicht knausern.

      Bodmer bedankte sich.

      So. Meine Herren. Ich wünsche noch einen schönen Abend.

      Stauber verließ mit Bodmer den Raum in Richtung Schankstube.

      Wussten Sie, Bodmer, dass Ihr Gast direkt aus dem Gefängnis kommt? Ich würde Ihnen anraten, schließen Sie Ihre …

      Der Rest seiner Worte ging im allgemeinen Stimmengewirr unter, und gleich darauf schnitt die Verbindungstür zur Schankstube alle Geräusche wieder ab.

      Tanner blickte zum jungen Mann.

      Machen Sie sich nichts draus. Sie haben ja gesehen …

      Sie haben recht. Er ist sehr gefangen, äh … in seinen, mh … Sie verstehen, was ich meine, oder?

      Ja, klar.

      Beide schwiegen eine Weile.

      Was hat man Ihnen denn in Spanien vorgeworfen? Sie müssen die Frage natürlich nicht beantworten.

      Doch, doch. Das erzähle ich Ihnen gerne. Man hat bei der Einreise in meinem Gepäck für ungefähr zweihunderttausend Franken Drogen gefunden. Kokain. Das wars dann. Eine kurze, äh … Verhandlung am Gericht und ab in den Knast nach Salamanca.

      Tanner pfiff durch die Zähne.

      Und Sie haben natürlich keine Ahnung, wer Ihnen das Paket in Ihr Gepäck geschmuggelt haben könnte?

      Der junge Mann blätterte eine Weile gedankenverloren in seinem Büchlein. Hatte er die Frage nicht verstanden? Plötzlich stand er auf und machte wieder diese kleine Verbeugung, die Tanner schon kannte.

      Ich bedanke mich sehr für, äh die Suppe und die, ähm … ich meine, das Verständnis und die, äh … Anteilnahme, die ich bei Ihnen verspürt habe. Sie müssen mich jetzt entschuldigen, aber es wird Zeit für mich.

      Er bückte sich, nahm seinen Koffer auf und ging quer durch den Raum. Kurz vor der Tür hielt er nochmals an, drehte sich aber nicht um.

      Doch. Ich weiß, wer mir das angetan hat.

      Er nickte noch zweimal mit seinem Kopf, wie zur Bestätigung, und dann ging er stumm durch die Tür.

      ZWEI

      Am anderen Morgen rief Bodmer an. Tanner schaute auf die Uhr. Es war kurz vor sechs. Draußen war es noch dunkel.

      Es tut mir leid, dass ich so früh anrufe, aber die Sache ist mir nicht geheuer.

      Tanner rieb sich die Augen.

      Aha. Welche Sache denn?

      Ja, eben … mit diesem Jean D’Arcy.

      Wer soll denn das sein, Bodmer? Ach, so! Ist das der junge Mann, Ihr Gast?

      Ganz genau. Kannten Sie seinen Namen nicht? Sie haben ihn doch zu mir geschickt, oder irre ich mich da?

      Nein, ich kannte seinen Namen nicht. Ich habe ihn gestern Morgen am Bahnhof getroffen, das heißt, wir sind aus demselben Zug ausgestiegen. Er hatte mich nach einer Unterkunft gefragt.

      Ach so.

      Soll ich die Leute in Zukunft zur Konkurrenz schicken?

      Bodmer lachte.

      Nein, nein. So habe ich das nicht gemeint.

      Tanner öffnete mit einer Hand ein Fenster und ließ die kalte Morgenluft herein.

      Also, Bodmer, was ist Ihnen denn nicht geheuer?

      Ja, wie soll ich sagen? Erstens haben wir in der Nacht merkwürdige Geräusche gehört, dann habe ich um halb sechs an seine Tür geklopft, und er antwortet nicht.

      Was meinen Sie mit merkwürdigen Geräuschen? Und warum haben Sie denn um Gottes willen so früh an seine Tür geklopft?

      Es klang irgendwie, als habe er die Möbel rumgeschoben.

      Aha.

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